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MELDUNG/073: Prozessbeobachtung in Düsseldorf - Kritische Öffentlichkeit unerwünscht (Rote Hilfe)


Bundesvorstand Rote Hilfe e.V. - Pressemitteilung vom 10.02.2017

Kritische Öffentlichkeit unerwünscht

Schläge und Ordnungshaft für Prozessbeobachter*innen in Düsseldorf


Am letzten Donnerstag kam es vor dem Oberlandesgericht in Düsseldorf nach dem Plädoyer der Verteidigung zu tumultartigen Szenen, als Beamte auf die anwesenden Prozessbeobachter*innen losgingen. Angeklagt nach dem Gesinnungsparagrafen 129b (Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung) ist die Wuppertaler Aktivistin Latife Adigüzel, sie soll Mitglied der in der BRD verbotenen Revolutionären Volksbefreiungspartei-Front (DHKP-C) sein.

Rechtsanwalt Roland Meister plädierte auf Freispruch, da seiner Mandantin keine konkreten Straftaten bewiesen werden konnten. Die bloße Behauptung, der Verein Anatolische Föderation, deren Vorsitzende die Angeklagte von 2007 - 2013 gewesen war, sei eine Tarnorganisation der verbotenen linken Partei, reiche für eine Verurteilung nicht aus. Der Verein sei zudem eingetragen und völlig legal.
Die Generalstaatsanwaltschaft fordert drei Jahre und drei Monate Haft.

Latife Adigüzel beendete ihr anschließendes Statement mit der Bemerkung, dass diejenigen, die sie veruteilen würden, die eigentlichen Verbrecher seien.

Das Lächeln eines Prozessbesuchers muss den Vorsitzenden Richter Schreiber so verunsichert haben, dass er eine Störung des Prozessverlaufes wahrnahm und bis zum Prozessende Gewahrsam für den Schmunzler anordnete.

Als schließlich wie üblich bei politischen Prozessen auch noch Parolen für die Freilassung der politischen Gefangenen gerufen wurden, verloren die anwesenden Beamten offenbar die Fassung. Zwei Unterstützer*innen wurden festgenommen und erhielten drei Tage Ordnungshaft, ein dritter Aktivist musste nach seiner Fixierung auf dem Boden durch mehrere Beamte im Krankenhaus behandelt werden.

Es liegt die Vermutung nahe, dass durch derartige unverhältnismäßige Maßnahmen und drakonische Strafen eine kritische Öffentlichkeit erschwert oder verhindert werden soll.

Die Rote Hilfe e.V. verurteilt diesen Einschüchterungsversuch gegen die Prozessbeobachter*innen und fordert die sofortige Freilassung der Inhaftierten.

Darüber hinaus setzt sich die Rote Hilfe e.V. für die Freilassung aller politischen Gefangenen und die Abschaffung der Gesinnungsparagrafen 129a/b ein.

Heiko Lange für den Bundesvorstand der Roten Hilfe e.V.

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Quelle:
Pressemitteilung vom 10.02.2017
Bundesvorstand Rote Hilfe e.V.
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Telefon: 0551/770 80 08; Fax: 0551/770 80 09
E-Mail: bundesvorstand@rote-hilfe.de
Internet: www.rote-hilfe.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Februar 2017

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