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SCHACH-SPHINX/03340: Wahrheitsfreund und Forscher (SB)


Daß sich die russische Schachschule in der Erbschaft von Michail Tschigorin sieht, hat nicht nur ehrenden Charakter. De facto war er der erste russische Schachspieler, der seine reine Turniertätigkeit mit literarischen Ambitionen verband und das Schachspiel mit künstlerischen und wissenschaftlichen Parametern versah. Sein Fleiß war außerordentlich und wurde nur von seiner Liebe zum Schachspiel übertroffen. Ihn als Missionär zu bezeichnen, wäre ungerecht. Wilhelm Steinitz könnte diesen Namen viel eher für sich in Anspruch nehmen. Vielmehr war Tschigorin von seinem Wesen her ein Aufklärer, einer, der sich fragte, auf welchen Grundlagen sich das Schachspiel aufbaute und wie es zu entwickeln sei. Auch Steinitz mag in seinen frühen Jahren diese Fragestellung gehabt haben. Aber später entwickelte er sich zu sehr zum Dogmatiker. Diese Art von schachlichem Katholizismus wird man bei Tschigorin indes nicht finden. Dafür war er zu sehr Forscher, zu sehr Wahrheitsfreund. Im heutigen Rätsel der Sphinx gelang ihm mit ebendieser Aufrichtigkeit ein glänzender Sieg über seinen langjährigen Kontrahenten Steinitz auf internationaler Bühne. Nun denn, Wanderer, Tschigorin spielte mit den weißen Steinen und fand eine Kombination, die ebenso scharfsinning wie unternehmungslustig war.



SCHACH-SPHINX/03340: Wahrheitsfreund und Forscher (SB)

Tschigorin - Steinitz
Havanna 1892

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Vergleiche hinken immer, aber der Kombinationsstil der Georgierin erinnert in der Tat ein wenig an das amerikanische Schachgenie: 1.Df3- h3! Td5xe5 2.Dh3-h8+ Sf6-g8 3.Lg5xe7+ Kf8xe7 - 3...Dc7xe7? 4.Ld3-h7 - 4.Dh8xg8 Te5-g5 5.Dg8-h7 Le8-c6 6.Dh7-h4 f7-f6 7.Ld3-e4 Dc7-a5 8.f2-f4 Da5-c5+ 9.Kg1-h1 Tg5-h5 10.Dh4-g4 Ke7-f8 11.Le4xc6 Tc8xc6 12.Td1-d8+ Kf8-e7 13.Te1-d1 Th5-d5 14.Td1xd5 e6xd5 15.Dg4-d7#


Erstveröffentlichung am 09. Dezember 1999

04. Oktober 2010