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SCHACH-SPHINX/04445: Rudimente des eigenen Schmerzes (SB)


Es hat etwas Kurioses: Da sitzen bei einem Interzonenturnier die Anwärter auf den Schachthron zusammen und spielen unter sich den Herausforderer aus und nebenan im Zuschauerraum kommentieren ehemalige Weltmeister die Partien nach allen Regeln der Beredtsamkeit. Dann heißt es, nein, dies Schlagen sei nicht gut, es untergräbt die Verteidigungskraft der Stellung auf den weißen Felder. Oder: Ein vernünftiger Zug, der die Auswahl der Züge des Gegners reduziert. Ihre Kritik kennt weder Gnade noch den Anflug eines Bedauerns. Man gewinnt schließlich mehr und mehr den Eindruck, als ginge es hier wesentlich gar nicht um die gespielten Partie, sondern um etwas, das jenseits des Geschehens auf einem viel größeren, bedeutenderen Brett ausgetragen wird. Lob und Schelte kommen aus dem Mund, aber das Hintergründige, der tiefere Zweck der Worte bleibt für den Laien verborgen. Was da kommentiert und beredet, anekdotenreich gewürzt oder angeschwärzt wird, sind die eigenen Vorlieben und Sichtweisen, und gerade darin offenbaren sie sich in ihrer unverfälschesten Form als Selbstsucht und rechthaberischer Eigendünkel. Die Runde der ehemaligen Weltmeister bejammert in ausuferndem Schmerz, gewichtig vorgetragen, nur die eigene Verbannung hinter das Partiegeschehen. Was hätte das Rednergespann wohl zum heutigen Rätsel der Sphinx gesagt, wo Barbara Hund mit Weiß nunmehr nach 1.Dd1-f3! Dd5xa2 auf eine gewitzte Weise gewann und damit Deutsche Damenmeisterin wurde, Wanderer?



SCHACH-SPHINX/04445: Rudimente des eigenen Schmerzes (SB)

B. Hund - Hartog
Köln 1982

Auflösung letztes Sphinx-Rätsel:
Der Feuerteufel Michail Tal steckte nach 1.e4-e5! b6-b5 mit 2.e5xf6!! b5xa4 3.f6xg7 Th8-g8 4.Ld3-f5!! das Brett in Flammen. Nun verbot sich die Damenflucht, wohin auch immer, wegen 5.Tf1-e1+ und 4...De6xf5 scheiterte an 5.Sc4-d6+, so daß sich Meister Hecht nach 4...Sg6xh4 5.Lf5xe6 Lb7-a6 6.Sc4-d6+ Ke8-e7 7.Le6-c4! Tg8xg7 8.g2-g3 Ke7xd6 9.Lc4xa6 Sh4-f5 10.Ta1-b1! in hoffnungsloser Lage befand und nach einer langen Agonie von 22 Zügen schließlich aufgab.


Erstveröffentlichung am 26. November 2000

18. Juli 2012