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SCHACH-SPHINX/04684: Gemeiner Seelenfang (SB)


Der Sinn der Schulmeisterei war immer schon, dem Zögling das Ebenbild der eigenen Herrlichkeit einzupflanzen. So wurde der Heranwachsende mit Dogmen gefüttert und mußte dafür den Verlust eigener Überzeugungen hinnehmen. Erst später, so das Credo der Seelenfängerei, durfte er sich der Prägung eines individuellen Stils befleißigen. Trotzdem hieß es, er sei ein Schüler von diesem oder jenem Lehrer gewesen. Ein Austritt aus dem Lehrgebäude wurde mit Verachtung gestraft. Den Lehrer dadurch zu kränken, daß an dessen Lehrmeinungen Kritik geübt wurde, glich einem Frevel. Mancher unter den Eleven beging dennoch den Verrat und mauserte sich zu einem kritischen Geist, der seine Lehrjahre zwar nicht verleugnete, wohl aber den eigenen Verstand gebrauchte und Irrtümer auch als solche bezeichnete. In den Lehrstuben der Observanz ist Anpassung mustergültig, alles andere steht im Ruch der Untreue. Man frage sich, ob der Konzipient von Grundsätzen es zuletzt verdient, vorbehaltlos als Säulenheiliger verehrt zu werden. Der Umgang mit der Biegsamkeit junger Menschen erfordert ein Fingerspitzengefühl, über das viele Lehrväter nie verfügt haben. Diese Worte sind an niemanden direkt adressiert, als Mahnung betreffen sie jedoch alle. Und damit kehren wir zum heutigen Rätsel der Sphinx zurück. Dr. Hermann Meyer aus Stadtprozelten war zeitlebens einer der fleißigsten Fernschachler Deutschlands gewesen. Als er 1982 verstarb hinterließ er der Nachwelt unter anderem folgende Partie, in der sein Kontrahent Unger zuletzt 1...Sd7-f6 gezogen hatte. Meyers nächster Zug beendete die Partie, Wanderer.



SCHACH-SPHINX/04684: Gemeiner Seelenfang (SB)

Meyer - Unger
Fernpartie 1981

Auflösung letztes Sphinx-Rätsel:
Die Schwäche des schwarzen e6-Bauern wurde Smyslow zum Verhängnis. Fischer zog nach 1...c6-c5 2.Sc4-b6! Sd7xb6 3.Ta6xb6 c5-c4 4.Sd3-c5 c4- c3 und Schwarz gab gleichzeitig auf.


Erstveröffentlichung am 11. Februar 2001

15. März 2013





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