Schattenblick →INFOPOOL →SCHACH UND SPIELE → SCHACH

SCHACH-SPHINX/04714: Opfer einer Einschüchterung (SB)


Als Garry Kasparow in New York gegen das amerikanische Computergehirn Deep Blue verlor, geisterte ein mitternächtliches Gespenst durch die Presse. Überall wurde der evolutionäre Abstieg des Menschen in die Bedeutungslosigkeit heraufbeschworen. Es hieß, der Mensch müsse den Computern nun auch auf dem Feld der Schachkunst den Vorrang lassen. Inzwischen ist es ruhig geworden um die vermeintliche Vorherrschaft der Bits und Bytes. Hätte man seinerzeit Experten nach der Güte der Partien befragt, der Rummel um Kasparows Niederlage wäre ein laues Medienwindchen gewesen. Sein indischer PCA-Kollege Viswanathan Anand erkannte früh das Dilemma, in das sich Kasparow selbst hineinmanövriert hatte: "Das grundsätzliche Problem, das über der ganzen Veranstaltung hing, war, daß Kasparow Stellungen provoziert, die der Rechner nicht mehr kapiert - Kasparow allerdings auch nicht." In der zweiten Partie, das weiß man heute, hätte Kasparow bei weniger Befangenheit statt aufzugeben leicht den Remisweg entdecken können. Doch da er vom Glauben an die Unbesiegbarkeit des Computers infiltriert war, Anand sagte dazu, daß Kasparow "in scheinbar eindeutigen Situationen dem Rechner blind vertraut", resignierte der Mann aus Baku. Die Systemüberantwortung hatte in New York gesiegt, die Reporter stifteten dann den Mythos dazu. Das heutige Rätsel der Sphinx will nicht zu diesem für die Schachkunst unattraktiven Ort, sondern in der Zeit nach Leningrad 1986 zurück, als Kasparow bei klarem Verstand seinem Kontrahenten Anatoli Karpow mit einer kleinen Kombination das Wasser abgrub. Also, Wanderer, was spielte Kasparow mit Weiß?



SCHACH-SPHINX/04714: Opfer einer Einschüchterung (SB)

Kasparow - Karpow
Leningrad 1986

Auflösung letztes Sphinx-Rätsel:
Der Nachziehende übersah ganz eklatant, daß er nach 1...Db2-b5? dank der hübschen Fesselung 2.Dd5-e4! aufgeben mußte, wie die Folgen 2...Te8-g8 3.Ta8xg8+ Kh8xg8 4.Dd5-e6+ Kg8-f8 5.Lg5-e7+ bzw. 2...Te8-f8 3.Ta8xf8+ Lg7xf8 4.Lg5-f6+ Lf8-g7 5.Dd5-a8+ oder 2...Te8-b8 3.Lg5-f4 beweisen.


Erstveröffentlichung am 21. Februar 2001

14. April 2013





Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang