Schattenblick →INFOPOOL →SCHACH UND SPIELE → SCHACH

SCHACH-SPHINX/04888: Geschichte eines Vorwurfs (SB)


In der Turniersprache taucht hin und wieder der seltsam-skurrile Begriff der 'alten Eröffnung' auf. Der diskreditierende Charakter ist offenbar. Schließlich gibt es nur sehr wenige Eröffnungssysteme, die von sich behaupten können, nicht mehr als zwei oder drei Jahrzehnte auf dem Buckel zu haben. Viele, und insbesondere die Hauptspielarten, stammen noch aus dem Mittelalter, wie zum Beispiel das Damengambit, die Spanische Partie oder die Sizilianische Verteidigung. Zwar wurden sie vorwiegend im 19. Jahrhundert generalüberholt und mit neuen strategischen Idee aufgepäppelt. Dennoch müßte man sie der bizarren Logik des Vorwurfs zufolge als alt bezeichnen. Die Verwendung des Wortes 'alte Eröffnung' zielt jedoch auf etwas anderes. Durch ihn soll ausgedrückt werden, daß diese Eröffnungen nicht mehr zeitgemäß sind und dem Gegner ein allzu leichtes Spiel geben, beispielsweise die Wiener Partie. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts wurde die Zugfolge 1.e2-e4 e7-e5 2.Sb1-c3 vom Wiener Meister Hamppe eingehend analysiert. Viele berühmte Meister errangen mit ihr glänzende Erfolge. Sie ist in einigen Abspielen mit dem Königsgambit verwandt. Von der Jahrhundertwende an kam sie allerdings wie auch das Königsgambit aus der Mode. Andere strategische Zielsetzungen beherrschten das Turnierleben. Nun sind Modeströmungen jedoch beileibe kein Meßgerät für den Wert einer Eröffnung, und die Bezeichnung 'alt' ist so ziemlich das dümmste Argument, das sich vorstellen läßt. Wie gut sich die Wiener Klinge führen läßt, bewies im heutigen Rätsel der Sphinx der norwegische Fernschachfreund Wibe, der seinen Kontrahent Minge bereits nach dem neunten Zug vor außerordentliche Probleme stellte und neun Züge später fulminant gewann. Also, Wanderer, Schwarz hatte zuletzt 8...h7-h6 gezogen.



SCHACH-SPHINX/04888: Geschichte eines Vorwurfs (SB)

Wibe - Minge
Fernpartie 1980

Auflösung letztes Sphinx-Rätsel:
Schelling aufs Schach und insbesondere auf die Partie Van den Berg- Donner angewendet, bedeutet folgendes: 1...Td8-d1+ 2.La6-f1 De7-d6! 3.Tg3-e3 Td1xf1+! 4.Kg1xf1 Lc6xg2+ und Weiß gab auf, da der Verlust der Dame nicht auszugleichen war.


Erstveröffentlichung am 20. April 2001

05. Oktober 2013





Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang