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SCHACH-SPHINX/05015: Gleichklang der Seelen (SB)


Bei der 25. Schacholympiade in Luzern, die wie so häufig wieder einmal mit einem Doppelsieg der Frauen und Männer aus Rußland endete, hielt man eine Gedenkminute für den verstorbenen Vorsitzenden des Politbüros, Leonid Breschnjev, ab. Diese Geste noch zu Zeiten des Kalten Krieges überraschte nicht wenige unter den angereisten Schachmeistern aus aller Welt. Schließlich genoß der oberste Staatsmann der UdSSR nicht viel Sympathie. Ganz besonders bei dem Exilanten Viktor Kortschnoj nicht, der, seine ablehnende Haltung dokumentierend, einen Sacharov-Kopf auf dem Hemd trug. Die leicht knisternde Spannung hielt sich jedoch in Grenzen, denn der Kalte Krieg war am Auslaufen, stand kurz davor, zu einem anachronistischen Relikt überkommener Staatsfeindbilder erklärt zu werden. Überhaupt bekam das Schach in den folgenden Jahren immer mehr den freien Atem zurückgeschenkt, den es vor dem Zweiten Weltkrieg hatte. Die länderübergreifende Verbundenheit der Meister, unabhängig von politischer Couleur und Gesinnung, war ja gerade das Kennzeichen der frühen Turnierentwicklung gewesen. Dieser Gleichklang der Seelen war jahrzehntelang getrübt gewesen. Schachspieler waren seit jeher Kosmopoliten, Freigeister zwischen Moral, Religion und staatstragenden Gedanken. Im Grunde kamen sie damit den Ideal des Philosophen aus der griechischen Antike sehr nahe. So bleibt zu hoffen, daß der Zeittrend nicht wieder rückfällig wird. Die enorme politische Brisanz und Popularität, die das Schach in den Händen verfeindeter Politsysteme genoß, hatte offen gestanden immer schon etwas Morbides gehabt. So wie Kirche und Staat in modernen Verfassungen getrennt sind, so darf das Schach nie wieder ins Kalkül konkurrierender Weltmächte gerückt werden. Das heutige Rätsel der Sphinx stammt aus Berlin, und damit aus einer Stadt, die für die Befreiung aus der politischen Bevormundung eine wichtige Rolle gespielt hatte. Unser Schachfreund Gregor hatte mit seinem letzten Zug 1...De3xd3? einen giftigen Bauern verschluckt und sollte die Rechnung für diese Unbedachtheit prompt geliefert bekommen. Kannst du dir vorstellen, Wanderer, welchen Tribut Meister Gregor für seinen Irrtum zahlen mußte, denn so verlor er die Partie ans Remis?



SCHACH-SPHINX/05015: Gleichklang der Seelen (SB)

Tiemer - Gregor
Berlin 1980

Auflösung letztes Sphinx-Rätsel:
Meister Wetstein hatte zu Recht 1...Ta3-h3! gespielt, und er ließ sich den Sieg auch nicht vom Gegenzug 2.Tb1-b3 aus den Händen nehmen, weil er darauf die Entgegnung 2...Ta2-a1! besaß. Die Dame sollte vom Feld f4 abgelenkt werden: 3.Dc1xa1 Lb7xg2+! 4.Kh1xg2 Sg6-f4+ 5.Kg2-h1 und nun zwang 5...Th3xh2+! Weiß zur Aufgabe.


Erstveröffentlichung am 31. Mai 2001

09. Februar 2014





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