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SCHACH-SPHINX/05474: Denkschematisierter Zivilist (SB)


Schach ist ein intelligentes Spiel, ohne Frage - was aber ist in Dreiteufelsnamen 'Intelligenz'? Daß sich ein bestimmter Quotient ermitteln läßt, wenn man im Gestus der Nachäfferei dort ein Kreuzchen hinmacht, wo es nach Meinung des "Versuchsleiters" hingehört, mag wohl stimmen, allein es wird damit ja nichts anderes gemessen, als die Geschwindigkeit, mit der sich ein Proband einem bestimmten Lösungsschema anpaßt. Daß diese Ergebnisse nichts besagen müssen, liegt selbst bei oberflächlicher Kritik auf der Hand. Gut möglich, daß ein Mensch, der aufgrund seiner schwerfälligen Bewegung etwas länger braucht, um ein Kreuzchen zu machen, ungleich "intelligenter" ist, als sein Quotient ihn zuletzt ausweist. Jemand, der die dumpfsinnige Fragerei innerlich boykottiert, kann sogar auf den IQ eines wiederkäuenden Hornviehs kommen, in seiner Freizeit aber Winkelverhältnisse beim Ankopplungsmanöver zweier Raumfähren exakt berechnen. Der psychologische Versuch, Intelligenz durch Testreihen eruieren zu wollen, läßt zwar auf die eine oder andere Art etwas über das Zustandekommen des Ergebnisses sagen, Schlußfolgerungen über das, was im Landläufigen ganz allgemein als intelligent bezeichnet wird, lassen sich damit allerdings nicht ziehen. Wer Anpassungsroboter sucht, greift natürlich auf die IQ-Tests zurück, weil es ihm weniger um Denkarbeit als vielmehr um die Verwertung denkschematisierter Zivilisten geht. Mit derselben Fliegenklatsche fängt man Schachspieler. Das klingt gehässig, ist es jedoch nicht, sondern betont in einer gewissen Schärfe nur die Gepflogenheit, mit der auch in Schachkreisen Intelligenz definiert wird. Und das ist der springende Punkt: Intelligenz ist lernbar, aber nicht alles, was gelehrt wird, ist auch intelligent. Durchaus pointenstark, gewitzt, schlagkräftig und verknüpfungsgewandt war dagegen der "Schachprofessor" Ludwig Rellstab. Im heutigen Rätsel der Sphinx zeigte er mit den weißen Steinen, wie sich Intelligenz in Reinkultur äußert. In welcher Weise mußte dies Meister Ahues erfahren, Wanderer?



SCHACH-SPHINX/05474: Denkschematisierter Zivilist (SB)

Rellstab - Ahues
Berlin 1930

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Der amerikanische Meister und gebürtige Berliner Eduard Lasker fand gegen seinen englischen Kontrahenten eine recht hübsche Damenopfer- Mattkombination: 1.Dh5xh7+!! Kg8xh7 2.Se4xf6+ Kh7-h6 - 2...Kh7-h8 3.Se5-g6# - 3.Se5-g4+ Kh6-g5 - eine elende Königswanderung beginnt - 4.h2-h4+ Kg5-f4 5.g2-g3+ Kf4-f3 6.Ld3-e2+ Kf3-g2 7.Th1-h2+ Kg2-g1 8.Ke1-d2#


Erstveröffentlichung am 04. Juni 2002

14. Mai 2015


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