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SCHACH-SPHINX/05594: Festung der Einsamkeit (SB)


Nichts täte das nachrückende Schachvolk lieber, als sich mit den eigenen Geistes Waffen gegen die namhafte Elite beispielsweise in einem Simultan zu messen. Gelegenheit dazu ist selten. Der Terminkalender des heutigen Berufsschachspielers quillt förmlich über. Lange Reisen quer durch die Welt kommen hinzu, und nebenher verlangt auch die Ehegattin ihr Recht, von den Kindern ganz zu schweigen. Schließlich sind auch Schachmeister in erster Linie bürgerliche Menschen mit allen dazugehörenden Pflichten und Notwendigkeiten. Die Vorstellung, ein Schachdenker hocke tagein, tagaus über dem Schachbrett und ergründe das unerschöpfliche Universum der Zugvarianten, gehört ins antiquierte Regal hinein. Heutzutage führen die wenigsten Meister ein Junggesellenleben. Der schachliche Hagestolz ist nicht mehr. Aber den vom Publikum gewünschten Meister zum Anfassen gibt es noch viel weniger. Kontaktscheu sind zwar manche unter den Meistern, doch der wesentliche Grund muß in etwas anderem gesucht werden. Die Hektik auf einem Turnier, dichtgedrängt läuft der Spielplan ab, verhindert weitgehend kommunikative Begegnungen. Bei aller Wortkargheit, die einige Schachmeister tatsächlich für sich gepachtet zu haben scheinen, gibt es unter dieser Schar durchaus erzählfreudige Naturen und Spaßvögel. Leider legen die Veranstalter wenig Wert auf die Pflege der Achse zwischen den Schachmeistern und dem interessierten Publikum. Offenbar herrscht hier immer noch die Meinung vor, die Meister seien vor dem Schachvolk abzuschotten. Dabei ist das Umgekehrte keine billige Forderung, es ist die Seele des Schachspiels, um die es geht. Was sich in der Geschichte der Schachkunst in die Clubs und Turniere verirrt hatte, muß den Menschen wieder zurückgegeben werden. Im heutigen Rätsel der Sphinx hätte Meister Lew Psachis das Remis am liebsten auch zurückgenommen. Mit den schwarzen Steinen war er in Irkutsk 1983 der Meinung gewesen, nicht mehr als eine Punkteteilung herausholen zu können. Weit gefehlt, bei der späteren häuslichen Analyse fand er etwas heraus, das ihn regelrecht wütend mit den Zähnen knirschen ließ. Also, Wanderer, was hatte er in der Turnier- und Zeitnothektik übersehen?



SCHACH-SPHINX/05594: Festung der Einsamkeit (SB)

Zeschkowski - Psachis
Irkutsk 1983

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
1...Lc6xg2 sah passabel aus, doch mit einem bitteren Auflachen mußte Meister Popestcu schließlich erkennen, daß sich zwischen dem Gedanken und der Wirklichkeit häufig die Illusion drängt. Nach 2.Td1xd6+! Kd7xd6 3.De3-e5+ Kd6-d7 4.Te1-d1+ Kd7-e8 - 4...Lg2-d5 5.Td1xd5+ Db7xd5+ 6.De5xd5+ Kd7-c7 7.Dd5-c6+ - 5.Se7-c8+ Lf8-e7 6.Sc8-d6+ Ke8-f8 7.f6xe7+ Kf8-g8 8.De5-g3# wurde aus der Täuschung ein handfestes Matt.


Erstveröffentlichung am 30. September 2002

11. September 2015


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