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SCHACH-SPHINX/05662: Von der Pupille weggestohlen (SB)


Das Auge wurde früher gern als ein Symbol der Übellaunigkeit genommen. Vergiftete Blicke sagt man oder zornschimmerndes Auge. Die Sprache steckt voller Beispiele hierfür. An den Augen lassen sich eben mehr als nur Wünsche ablesen. Blicke verfolgen, wohin sie eilen, wo sie Furcht zeigen, Freude verbergen, dies alles gehört zum Handwerk eines Schachers ebenso wie die Täuscherei. Emanuel Lasker war solch ein Augendieb. Er stahl die Gedanken von der Pupille weg. Das hatte er in den Schachcafé gelernt, wo die Kunst umfassender praktiziert wird. Für den beobachtenden, plump bewertenden Kritiker sah es dann so aus, als würde hier ein niederes Schach, eben das Kaffeehausschach, gespielt. Und auch die Psychologie liefert in diesen Belangen nur ein klägliches Instrumentarium. Man sagt ja auch, hinter die Dinge sehen, nicht sich "dahinterdenken". Sich in den anderen hineinfühlen, ist nur Spurensuchen, nicht tätiges Erfassen. Im Turnierschach ist diese Kunst des Lesens durch die Zeitvorgaben weitgehend verkümmert. Dort wird zum größten Teil tatsächlich nur noch auf dem Brett gespielt. Das Blindspiel ist dann die fortgeführte Verarmung entvisualisierten Vorgehens. Eine intellektuelle Leistung unwidersprochen, aber eben nur im Abstraktionsbereich. Das Wirkliche, Unmittelbare erreicht es nicht. Dazu sind Gedächtnis- und Gedankenleistungen auch gar nicht imstande. Was also lernt man imSchach: das Zählen! Und jede Zahl ist durch den Vergleich wirklichkeitsgebrochen, zurückgeworfen auf die Schablone von richtig und falsch und getarnt durch den Anspruch der Wissenschaftlichkeit. Im heutigen Rätsel heißt es wieder rechnen und kombinieren. Denn ohne es zu End' gebracht, was quer- und danebenliegt, siegt niemand nur mit Denkerkraft! Also, Wanderer, was mußte Uwe Bönsch tun, um den schwarzen König ans Aufgeben zu erinnern?



SCHACH-SPHINX/05662: Von der Pupille weggestohlen (SB)

Bönsch - Csom
Israel 1993

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Das Springerschach auf c7 hatte Meister Petronic mit seinem letzten Zug 1...Sf6-d5 in der Tat höchst wirkungsvoll unterbunden. Daß er sich damit freilich ein eigenes Grab geschaufelt hatte, bewies ihm sein Kontrahent Barsov: 2.Sb5-d6+! Dd8xd6 3.De5xd6 e7xd6 4.Lf1-b5+ Lb7-c6 5.Lb5xc6# Ein hübsches Zweiläufermatt!


Erstveröffentlichung am 06. Dezember 2002

18. November 2015


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