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SCHACH-SPHINX/05726: An der falschen Krawatte gezogen (SB)


Garry Kasparows Buch "Politische Partie" sorgte nicht nur für peinlich berührte Gesichter unter der Funktionärs-Clique. Auch ansonsten sparte Kasparow mit Rundumschlägen nicht, was wiederum unter den Anhängern des amerikanischen Heroen Bobby Fischer Unmut und nicht geringe Verärgerung heraufbeschwor. Der PCA-Chef konnte es sich nicht versagen, an der US-Ikone herumzumäkeln und ihr den Schleier des Unantastbaren vom Gesicht zu ziehen, frei nach dem Motto: Auch ein Tabu hat seine schwachen Seiten. Kasparow schrieb in legerer Lesart: "Fischer ist heute nur noch als Gestalt der Schachgeschichte - oder besser der Schachmythologie - interessant. Er erwiese niemandem einen Gefallen, wenn er wieder auf der Bildfläche erschiene und sein legendäres Image zerstörte." Mag dahingestellt sein, ob Fischer mit dem heutigen Niveau mithalten könnte oder nicht. Jedenfalls hatte Kasparow sich mit dieser Ketzerei selbst den denkbar schlechtesten Dienst erwiesen, da er sich in eigener Gestalt des Neides überführte. Warum sonst sollte er es nötig gehabt haben, einen in der Versenkung verschwundenen Kollegen, den er nie zu Gesicht bekommen hatte, vom Sockel der Verehrung stoßen zu wollen? Auch ist die lange Abwesenheit von der Turnierpraxis längst kein Grund, an der Spieltüchtigkeit eines Meisters zu zweifeln. Einige Meister hatten sich in der Schachgeschichte für Jahrzehnte vom Turnierbetrieb verabschiedet, nur um dann wie ein Komet erneut den Sternen- bzw. Schachhimmel zu überstrahlen. Die Phalanx der Fischer-Fans würde auch dann nicht erschüttert sein, wenn ihr Idol im Schritt mit den heutigen Meistern ins Hintertreffen geraten sollte. Es ist, an die Adresse von Kasparow gesprochen, gar nicht wichtig, wie stark Fischer noch spielt, sondern wie stark und überzeugend er in der Vergangenheit gespielt hatte. Aber vielleicht fühlte sich auch nur die armenisch-russische Seele in Kasparow, der sich zwar sonst gern kosmopolitisch gibt, verletzt darüber, daß Fischer in seiner aktiven Schaffenszeit die russischen Großköpfe wie Karikaturen aus dem Feld geschlagen hatte. Zu Fischers Ehre diene auch das heutige Rätsel der Sphinx, wo der mit den weißen Steinen seinen Landsmann Benkö nach allen Regeln der Kunst niedermähte. Also, Wanderer auf Fischers Spuren: Wie legte dieser die schwarze Stellung lahm?



SCHACH-SPHINX/05726: An der falschen Krawatte gezogen (SB)

Fischer - Benkö
USA 1963

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
David Przepiorka fegte zunächst die schwarzen Königsflügelbauern beiseite mit 1.Lh3xf5! g6xf5 2.Dc2xf5 und knöpfte sich dann den schwarzen König vor: 2...Tb6-b8 3.Te1-e7 Tb8-f8 4.Te7xg7+! Kg8xg7 5.Lg5-h6+! Kg7xh6 6.Df5-g5#


Erstveröffentlichung am 08. Februar 2003

25. Januar 2016


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