Kaum eine Erinnerung konnte dem russischen Großmeister Michail Botwinnik so heftig die Farbe aus dem Gesicht treiben, wie wenn man ihm den Weltmeisterschaftskampf gegen seinen Herausforderer David Bronstein wieder ins Gedächtnis rief. Zwar konnte Botwinnik seinen Titel behalten, sein Stoßgebet zum Himmel war im letzten Augenblick noch erhört worden, und das will schon etwas besagen bei einen Atheisten, aber die Gedanken an jene schicksalsträchtige Partie, wo er einen ganzen Turm gewann und doch nur mit einem Remis aus dem Turniersaal ging, verfolgten ihn zeitlebens wie fluchbeladene Schatten. An sich war der Turmverlust schon etwas Unglaubliches. Nie zuvor und auch nicht hinterher war bei einem Duell auf weltmeisterschaftlichem Niveau ein derartiger Bock geschossen worden. Betrachten wir dazu die kritische Stellung im heutigen Rätsel der Sphinx. Botwinnik mit Weiß am Zuge konnte im ersten Augenblick sein Glück gar nicht fassen, so haarsträubend verkehrt schien es ihm zu sein, daß der kahlköpfige Meister aus Moskau einen solchen laienhaften Fehler beging. Es läßt sich denken, daß das schlußendliche Remis Botwinnik vorkommen mußte wie eine glatte Niederlage. Also, Wanderer, wie gewann Botwinnik einen Turm und hatte am Ende doch nichts davon?
Botwinnik - Bronstein
WM 1951
Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Meister Kopajew fackelte nicht lange und zog 1.g5-g6!, worauf 1...h7-
h6 erzwungen war. Der eigentliche Trumpf stach jedoch mit dem
Damenopfer 2.Dh5xh6+!! g7xh6 3.g6-g7+ Kh8-g8 4.g7xf8D+ Kg8xf8
5.Td7xd8+ und Schwarz gab auf. Der Rest ist Routine.
Erstveröffentlichung am 08. Juli 2003
25. Juni 2016
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