Schattenblick → INFOPOOL → SCHACH UND SPIELE → SCHACH


SCHACH-SPHINX/06161: Wider die positionelle Gepflogenheit (SB)


Mit Alexander Aljechin teilte er den stechenden Blick, mit Michail Tschigorin machte ihn sein großes Kombinationsgeschick verwandt, mit Bobby Fischer hatte er dessen kämpferisches Naturell gemein, so vereinigte Michail Tal, der zwar nur für ein Jahr Weltmeister war, doch ein ungeheures Potential in sich. Es war nicht der Umstand seiner Siege so faszinierend an ihm, sondern die Art und Weise wie er siegte. Sein Spiel war stets zugespitzt wie ein alles durchtrennender Pfeil. Hundert Jahre waren nötig gewesen, um die positionelle Schachschule zu schaffen. Meister wie Wilhelm Steinitz, Emanuel Lasker und José Capablanca hatten daran gearbeitet, dem romantischen Angriffsschach den Wind aus den Segeln zu nehmen, und plötzlich kam ein junger "Unruhestifter" aus Riga und stellte alle Errungenschaft dieser drei Weltmeister auf den Kopf. Statt mit minuziösem Filigran Vorteile zusammenzuhäufen, diese dann zu festigen, zu bündeln und in eine Richtung zu schicken, hauchte Tal den Figuren die wunderlichsten Kombinationen ein. Es war, als ob Paul Morphy und Adolf Anderssen wieder zum Leben erweckt worden wären, und so, als hätte es nie eine positionelle Epoche gegeben, knüpfte er nahtlos an die alte Sturm-und- Drang-Zeit an, ja veredelte diese mit einer solchen Brillanz an Stichhaltigkeit, daß man ihm zu Recht den Namen 'der Zauberer' gab. Er selbst sagte über das Königliche Spiel: "Schach spiegelt das Wesen des Menschen wider, seine Besonderheiten. Ich glaube, daß eine Maschine niemals die individuellen Charakterzüge und den Kampf der Ideen demonstrieren kann. Um im Schach Erfolg zu erringen, muß man es sehr lieben und Talent mitbringen. Gute Schachspieler werden geboren, berühmte werden geformt." Im heutigen Rätsel der Sphinx ließ der junge Tal gegen die Caro-Kann-Verteidigung seines Kontrahenten Füster die Funken fliegen, bis sie Feuer fingen. Zunächst mußte Tal allerdings seine Stellung optimal verstärken. Wie gelang ihm dies, Wanderer?



SCHACH-SPHINX/06161: Wider die positionelle Gepflogenheit (SB)

Tal - Füster
Portoroz 1958

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Die kühne Erfindungsgabe Tschigorins ließ ihn nach 1.Dc2-e2 das brettentflammende Damenopfer 1...Le4xf3! finden. Steinitz war überspielt, und so konnte der russische Meister nach 2.De2-e6+ Kg8-h7 3.Lb2xd4 Lf3xh1 4.De6-h3 Se7-f5 5.Ld4-e5 Ta8-e8 6.Le3-f4 Sf5-d4 7.Dh3- d3+ Lh1-e4 8.Dd3xd4 Tf8xf4 9.f2-f3 - 9.Dd4xa7 Tf4-g4 10.f2-f3 Le4-d3+ 11.Kf1-f2 Tg4-g5 nebst 12...Lb4-c5 - 9... Te8-f8 10.Dd4xa7 c6-c5 11.Da7-e7 Sa5-c6! 12.a2-a3 Tf4xf3+! 13.Sg1xf3 Tf8xf3+ 14.Kf1-g1 Lb4- d2! den Sieg davontragen gegen den damaligen Weltmeister.


Erstveröffentlichung am 13. April 2004

5. April 2017


Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang