Schattenblick → INFOPOOL → SCHACH UND SPIELE → SCHACH


SCHACH-SPHINX/07154: Zum Politikum mißbraucht (SB)


1972 war Schach noch in aller Munde. Als der Weltmeisterschaftskampf in Island zwischen Bobby Fischer und Boris Spasski tobte und auf dem Schachfeld noch ein politischer Stellvertreterkrieg zwischen den Großmächten Sowjetunion und USA ausgetragen wurde, da waren in den Zeitungen rund um die Welt ellenlange Artikel zu lesen. Selbst die kleinste Meinungsäußerung zwischen den beiden Kämpfenden war es wert, veröffentlicht zu werden, bildete einen Kristallisationspunkt für umfassende Stellungnahmen und Erörterungen. Nach Fischers Verschwinden von der Bühne Caissas geriet auch das Schach mehr oder weniger aufs Abstellgleis. Sicherlich, hin und wieder ergötzten sich die Reporter an den Bärbeißigkeiten zwischen Viktor Kortschnoj und Anatoli Karpow, spielte doch hier der sowjetische Exilant gegen den Vorzeigekommunisten, und auch in den Duellen zwischen Karpow und Garry Kasparow besaß das WM-Match noch den Hauch politischer Brisanz im Tauwind der großen gesellschaftlichen Veränderungen in der Sowjetunion. Inzwischen ist das Schach allerdings dieser popularistischen Dimension beraubt. Kaum ein Hahn krähte noch danach, was zwischen Karpow und Viswanathan Anand beim Match in Lausanne vorging. Und auch der Rebell aus Baku hat mit den Folgen medialer Nichtbeachtung zu kämpfen, nachdem sich die Wogen seines Streites gegen die Computerindustrie gelegt hatten. Es ist ruhig geworden um das Königliche Spiel. Als Politikum hat es die Sohlen abgetragen. Zur Reue besteht freilich kein Anlaß. Es waren die letzten dreißig Jahre gewiß nicht die schönsten in der Schachgeschichte. Um so mehr gibt es Grund zur Freude an den kleinen Dingen, die das Schachspiel auszeichnen wie im heutigen Rätsel der Sphinx, wo Schwarz mit seinem nächsten Zug 1...Th5xc5! die Vorentscheidung herbeiführte für seinen Sieg, denn der Turm durfte nicht geschlagen werden, Wanderer.



SCHACH-SPHINX/07154: Zum Politikum mißbraucht (SB)

Kutscheid - Eisenmann
Fernpartie 1980

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Schwarz ließ sich von der Maske gespielter Unschuld nicht täuschen und zog 1...Da5-a4!, worauf, da das Feld c4 nun gedeckt war, 2...Tb3xa3 mit Damengewinn drohte. Weiß blieb daher nichts anderes übrig, als mit seinem König Reißaus zu nehmen. Weit kam er jedoch nicht: 2.Kc1-d2 Se7- d5 3.Td1-c1 Da4-c4! 4.Da2-a1 - 4.Da2-c2 Sd5xc3 5.Kd2-e3 Sc3-d1+ 6.Ke3- d2 Dc4xd4+ 7.Kd2-e2 Tb3-e3+ 8.Ke2-f1 Dd4xf4+ 9.Kf1-g2 Df4-f3+ 10.Kg2- h2 Df3-h3+ 11.Kh2-g1 Te3xe1+ 12.Kg1-f2 Dh3-e3+ 13.Kf2-g2 Te1-g1+ 14.Kg2-h2 De3-g3# - 4...Sd5xf4 5.Kd2-e3 g6-g5 und Schwarz gab auf in Ermangelung vernünftiger Fortsetzungen. Gegen die Drohungen 6...Dc4- d3+ oder 6...Dc4-e2# gab es nichts mehr zu erfinden.


Erstveröffentlichung am 29. Dezember 2006

18. Januar 2020


Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang