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BERICHT/076: 3. Würzburger Symposium Migrationsgesellschaft - Flucht, Illegalität, Integration (idw)


Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt - 03.11.2014

3. Würzburger Symposium Migrationsgesellschaft mit Vorträgen zu Flucht, Illegalität, Integration

An der FHWS wurden die juristischen wie religiösen Aspekte von Migranten sowie deren Integration beleuchtet



Mit der Vortragsreihe "Migrationsgesellschaft" lud die Fakultät Angewandte Sozialwissenschaften der Hochschule Würzburg-Schweinfurt (FHWS) zu vier Vorträgen ein mit juristischen und religiösen Aspekten von Migration im Rahmen ihres "3. Würzburger Symposiums Migrationsgesellschaft - Flucht. Illegalität. Integration."

Professorin Dr. Sibylle Wollenschläger begrüßte im Namen der Hochschulleitung die Teilnehmer und informierte diese darüber, dass die Hochschule beim Wissenschaftsministerium das Projekt Migration zur Förderung angemeldet habe: Man wolle die interkulturelle sowie internationale Kompetenz nicht nur ins Masterstudium einbringen, sondern darüber hinaus in Unternehmen, die ihre Mitarbeiter ins Ausland entsenden und/oder ausländische Mitarbeiter einstellen. Der emeritierte Professor Dr. Albrecht Weber, Universität Osnabrück, Präsident der Forschungsgesellschaft für das Weltflüchtlingsproblem (AWR), eröffnete das Symposium mit einem Hinweis auf die aktuelle Zeit der großen Flüchtlingsbewegungen weltweit.

Im ersten Vortrag ging Dr. Johannes Eichenhofer von der Universität Bielefeld ein auf juristische Aspekte der "Integration im deutschen Aufenthaltsrecht": Er zeigte historische Entwicklungen des Ausländergesetzes (1990), des Aufenthaltsgesetzes (2004) bzw. des Zuwanderergesetzes (2005) auf und die mit ihnen verbundenen Veränderungen der Sichtweise und des Umgangs mit Flüchtlingen sowie deren Integration. Ausländer seien nach dem Aufenthaltsgesetz dann integriert, wenn sie eine bestimmte Aufenthaltsdauer und -perspektiven aufwiesen, Kenntnisse der deutschen Sprache, der deutschen Rechtsordnung, Kultur und Geschichte nachweisen, wenn sie ihren eigenen Lebensunterhalt sichern könnten und sich straffrei verhielten. Das Land eröffne den Menschen eine "Einwanderungschance" bei gleichzeitiger "Integrationserwartung" in den Stufen der Zuwanderung, der Einwanderung sowie der abschließenden möglichen Einbürgerung.

Die wissenschaftliche Mitarbeiterin Katharina Heilmann stellte in ihrer Bachelorarbeit die Frage der Funktion von Religion als Brücke oder Blockade mit dem Thema "Integration durch Religion - Zur Rolle der Religion bzw. Religionszugehörigkeit im Integrationsprozess von Menschen mit Migrationshintergrund". Weltweit befänden sich 232 Millionen Menschen in Migration, 19 Prozent seien es in der Bundesrepublik. Die religiöse Pluralität in Deutschland habe sich gewandelt: Waren 1970 49 Prozent der Bevölkerung evangelisch, 44,6 Prozent katholisch und 6,4 Prozent konfessionslos oder gehörten einer weiteren Religion an, seien es im Jahr 2011 30,3 Prozent evangelische, 30,9 Prozent katholische sowie 38,8, Prozent konfessionslose oder Mitglieder weiterer Religionen. Religionen, definiert als Glaube an eine höhere Macht, das Ausüben von religiösen Riten und Traditionen, das Zusammensein in einer sozialen Gemeinschaft sowie die institutionelle Verankerung, könne identifikationsstiftend sein und einen positiven Einfluss erzielen auf das psychische Wohlbefinden von Flüchtlingen, gleichzeitig aber auch Konflikte auslösen durch das Einhalten religiöser Normen. Sie könnten die Menschen teilhaben lassen in der Aufnahmegesellschaft und ihnen neue Kontakte zu Menschen und heterogenen Mitgliedern ermöglichen.

Juristische Gesichtspunkte beleuchtete Dr. Angelos Gerontas (LL.B. (Athens), LL.M. Harvard, Heidelberg) in seinem Vortrag "Individualrechtsschutz gegen Maßnahmen von Frontex": Er stellte den Teilnehmern des Symposiums die europäische Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union vor, schilderte die Durchführung operativer Maßnahmen an den Außengrenzen der EU sowie dabei auftretende mögliche menschen- und flüchtlingsrechtliche Verletzungen, die Bedeutung des Einsatzplans für den Rechtsschutz, den Rechtsschutz gegen Handlungen von Beamten des Einsatzmitgliedsstaates sowie anderer Mitgliedsstaaten, den Rechtsschutz gegen Frontex selbst und schloss mit einem Rück- bzw. Ausblick.

Im vierten Vortrag stellte Dr. Christine Rausch mit ihren "Aspekten illegaler Migration im deutschen Ausländerrecht" vor allem den Bereich der medizinischen Versorgung und der Übermittlung von Daten vor. Rausch: Unrecht werde im Umgang mit Flüchtlingen deutlich geahndet, während deren Rechte eher zurückhaltend formuliert worden seien. Sei die Irregularität eines Migranten in Deutschland festgestellt, erfolge umgehend eine Übermittlung aller Daten sowie des Status' an alle staatlichen sowie sozialen Stellen. Einzige Ausnahme: Der § 87 AufenthG, der eine Übermittlungspflicht vorsehe, sehe allerdings zwischenzeitlich Ausnahmen für Schulen, Kindergärten und weitere Bildungs- und Erziehungseinrichtungen vor. Im Bereich der Gesundheitsversorgung werde den Migranten eine Primär- und Notfallversorgung gewährleistet - ein Vakuum gäbe es hingegen bei der Kostenerstattung dieser Leistungen durch die Krankenkassen. Migranten befänden sich oft in einem Dilemma der Registrierung als Nicht-Registrierte und würden sich selbst von der möglichen Inanspruchnahme von Recht ausschließen.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution292

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt,
Katja Klein M.A., 03.11.2014
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 5. November 2014