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MELDUNG/558: Zirkel der Gewalt durchbrechen - Kindersoldaten in Ostafrika (idw)


Deutsche Gesellschaft für Psychologie (DGPs) - 29.11.2019

Zirkel der Gewalt durchbrechen - Kindersoldaten in Ostafrika

Deutscher Psychologie Preis 2019 geht an Prof. Dr. Thomas Elbert


Kriegsgräuel wie brutale Massaker und Vergewaltigungen gehören zu den Akten äußerster Gewalt, die immer wieder fassungslos machen. Oft sind die Täter noch Kinder oder als Kinder bereits zu Soldaten gemacht worden. Gewalterlebnisse und Traumatisierung führen zu Kreisläufen der Gewalt, die von Generation zu Generation weitergegeben werden. Dank Prof. Dr. Thomas Elbert verstehen wir heute besser, wie aus Opfern Täter werden. Elbert hat dafür sein Labor an der Universität Konstanz verlassen und insbesondere in ostafrikanischen Kriegsgebieten Opfer und Täter untersucht und behandelt. Im Fokus seiner Forschungsarbeit stehen psychotherapeutische Methoden, die den traumatisierten Menschen vor Ort helfen. Prof. Thomas Elbert hat dazu beigetragen, Zirkel exzessiver Aggression zu durchbrechen. Dafür erhält er den Deutschen Psychologie Preis 2019

Was führt dazu, dass Menschen in Kriegen und Bürgerkriegen hemmungslos morden? Wie tief verletzen solche extremen Gewalterfahrungen die Menschen, die sie überleben, und wie ist ihnen zu helfen? Wie lassen sich die Kreisläufe der Gewalt durchbrechen, in denen aus Opfern Täter werden? Mit den Antworten auf diese Fragen kann nicht nur Menschen psychotherapeutisch geholfen werden, schlimmste Gewalterfahrungen zu verarbeiten. In ihnen stecken auch gesellschaftspolitische Antworten auf die Frage, was Kriege und extreme Gewaltexzesse möglich macht.

Der Psychologe Prof. Dr. Thomas Elbert wird geehrt für seine einzigartige Forschung, in der er neuropsychologische Grundlagenwissenschaften mit der Entwicklung psychotherapeutischer Innovationen für den Einsatz in Kriegsgebieten verknüpft. Psychologische Forschung trägt wesentlich dazu bei, die Ursachen menschlicher Aggression und ihre Wirkungen auf die Entwicklung von Ängsten, Depressionen und posttraumatischen Belastungsstörungen zu verstehen. Auf der neurobiologischen Ebene haben Gewalterfahrungen nachhaltige Auswirkungen auf das Gedächtnis, weil im Gehirn synaptische Verbindungen geändert und neue Nervenzellen gebildet werden. Auch das Verhalten der Täter beruht auf angeborenen Verhaltensmustern, aber auch auf Erfahrung und Lernen. Diese können in Veränderungen der Hirnaktivität nachgewiesen werden und in chemischen Veränderungen des Erbgutes, die dazu führen können, dass aus Opfern auch in den nächsten Generationen noch neue Täter werden. Elbert hat an dieser Forschung einen wichtigen Anteil und aufbauend auf diesen Erkenntnissen psychotherapeutische Methoden zur Behandlung von traumatisierten Gewaltopfern in Konflikt- und Krisenregionen entwickelt.

Der Deutsche Psychologie Preis wird Prof. Dr. Thomas Elbert am 29. November 2019 in Berlin verliehen. Die Preisverleihung ist mit einem Fachsymposium "Psychologie kriegstraumatisierter Menschen: Ursachen, Folgen und innovative Therapieformen" verbunden. Die Deutsche Gesellschaft für Psychologie (DGPs), der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP), die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) und das Leibniz-Zentrum für Psychologische Information und Dokumentation (ZPID) würdigen mit diesem Preis herausragende Leistungen in der psychologischen Forschung, die sich durch hohe gesellschaftliche und praktische Bedeutung auszeichnen. Der Preis ist mit 10.000 Euro dotiert und wird alle zwei Jahre vergeben.


Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter: http://idw-online.de/de/institution599

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Deutsche Gesellschaft für Psychologie (DGPs), 29.11.2019
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Dezember 2019

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