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MELDUNG/371: Das hatte sich Holyfield anders vorgestellt (SB)



Gegen Sherman Williams knapp am Debakel vorbeigeschrammt

Mit dem geplanten Kampf gegen den Dänen Brian Nielsen am 5. März vor Augen gedachte Evander Holyfield, einen Aufgalopp mit Sherman "Tank" Williams als Generalprobe souverän über die Bühne zu bringen. Das Duell der Veteranen in White Sulphur Springs im US-Bundesstaat West Virginia nahm jedoch einen Verlauf, der für den 48jährigen früheren Weltmeister in ein Debakel zu münden drohte. Nachdem die Kontrahenten die erste Runde ruhig angegangen waren, ergriff Williams im zweiten Durchgang überraschend die Initiative und ging auf seinen Gegner los, der sich bei einem der stürmischen Angriffe eine Rißwunde über dem linken Auge zuzog.

In der folgenden Runde erhöhte der als Außenseiter gehandelte Williams sogar den Druck und verpaßte Holyfield mehrere Treffer, der kurz vor dem Pausengong sichtlich Wirkung zeigte. Daraufhin machte der Exweltmeister geltend, daß seine Sicht derart beeinträchtigt sei, daß er den Kampf nicht fortsetzen könne. Da der Kopfstoß, der die Verletzung herbeigeführt hatte, als unabsichtlich eingestuft worden war, wurde der Kampf nach dem Abbruch ohne Wertung verbucht. Dies entspricht den Regeln des marginalen Verbands World Boxing Federation (WBF), der Holyfield seit dessen Sieg über Francois Botha im April 2010 als Champion führt.

Wie Williams nach dem für ihn enttäuschenden Ende berichtete, habe er Holyfield in die Falle gelockt. Er sei nicht zurückgewichen, wie dies sein Gegner offenbar erwartet hatte, sondern habe ihn mit der Rechten voll getroffen. Seines Erachtens sei er auf dem Weg gewesen, durch technischen K.o. zu gewinnen. Nach diesem Ausgang müsse sich ihm Holyfield zur Revanche auf den Bahamas stellen.

Hingegen monierte Evander Holyfield, Williams habe immer wieder mit gesenktem Kopf angegriffen und ihm dadurch den Cut zugefügt. Darauf zu warten, daß sich die Verletzung verschlimmerte, wäre sinnlos gewesen, zumal er mit dem linken Auge nichts mehr sehen konnte. Welche Konsequenzen dies für den Kampf gegen Nielsen in Dänemark habe, wußte Holyfield nicht zu sagen. Für ihn stehen unverändert 43 Siege, zehn Niederlagen und zwei Unentschieden zu Buche, während Williams 34 Auftritte gewonnen, elf verloren und zwei unentschieden beendet hat.

Im Greenbrier-Hotelresort bestritt Kevin Johnson im Vorprogramm einen Kampf gegen Julius Long, den er klar nach Punkten gewann. Wie die Bilanzen der beiden Schwergewichtler zeigen, entspricht dieser Verlauf durchaus den Erwartungen. Während sich Johnson auf 24 Siege, eine Niederlage und ein Unentschieden verbesserte, hat der 2,16 m große Long nun je 15 Auftritte gewonnen und verloren.

Nur ein enttäuschendes Unentschieden sprang für Monte Barrett heraus, der mit dem krassen Außenseiter Charles Davis unerwartet große Mühe hatte. Barrett, der seine Karriere eigentlich schon für beendet erklärt hatte, nun aber in den Ring zurückgekehrt war, um sich für die erhoffte Revanche gegen den Neuseeländer David Tua zu rüsten, ist damit keinen Schritt weitergekommen. Er muß nach seiner schwachen Vorstellung fürchten, daß Tua entweder abwinkt oder ihn diesmal nicht wie bei ihrem ersten Aufeinandertreffen mit einem Unentschieden davonkommen läßt.

Lichtblick des Abends in West Virginia war wie erwartet der Mittelgewichtler Domonique Dolton, der die Wertschätzung seines Trainers Emanuel Steward bestätigte. Dolton besiegte den in 44 Kämpfen erprobten Venezolaner Marcos Primera klar nach Punkten und verbesserte die makellose Bilanz seiner jungen Profikarriere auf zehn Siege.

23. Januar 2011