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MELDUNG/851: Fernsehvermarktung sticht Tradition aus (SB)




US-Boxkommission gibt Antrag auf Verlängerung der Pause statt

Keine Tradition des Sports ist in Stein gemeißelt, wenn die Maßgaben der Fernsehvermarktung an ihr rütteln. Das gilt selbst für die Pause zwischen den Runden beim Boxsport, für die seit eh und je eine Minute veranschlagt wird. Nun hat die Association of Boxing Commissions (ABC) in den USA dem Antrag des Senders NBC Sports stattgegeben, daß die Pause künftig auch 67 anstatt der üblichen 60 Sekunden dauern kann. NBC hatte den Antrag damit begründet, daß eine Minute nicht ausreiche, um zwei der üblicherweise 30 Sekunden langen Werbespots unterzubringen. Die zusätzlichen sieben Sekunden könnten dann zum Ausblenden oder für Zeitlupen verwendet werden.

Wie ABC-Geschäftsführer Tim Lueckenhoff erläuterte, werde sich an der Länge der Ruhepause für die Boxer durch diese erweiternde Option bei live übertragenen Kämpfen nichts ändern. Nach 50 Sekunden ertöne der Pfiff, bei 60 Sekunden müssen die Betreuer den Ring verlassen haben. Dann warten Ringrichter und Boxer auf das Zeichen des Fernsehproduzenten, daß die vereinbarte Zeit abgelaufen ist und der Kampf wieder aufgenommen werden kann.

Noch betrifft diese Regeländerung lediglich einen Bruchteil der in den USA übertragenen Kämpfe, nämlich vor allem jene von NBC. Der Sender hat einen exklusiven Vertrag mit der Promotionsfirma Main Events, an deren Spitze Kathy Duva steht und die unter anderem den in New Jersey lebenden polnischen Schwergewichtler Tomasz Adamek unter Vertrag hat. Hingegen hat die Entscheidung der ABC keinen Einfluß auf die führenden Bezahlsender HBO und Showtime, da diese zwischen den Runden keine Werbung schalten. Interessant könnte die neue Regelung jedoch für die deutschen Privatsender RTL und Sat.1 werden, die durch die verlängerte Pause ihre Werbeeinnahmen steigern könnten.

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Danny Green hat wenig Mühe mit Danny Santiago

Nach zwei Niederlagen, die ihn ein Ende seiner Karriere in Erwägung ziehen ließen, hat sich der Australier Danny Green mit einem Sieg zurückgemeldet. Der 39 Jahre alte frühere Weltmeister im Halbschwergewicht hatte kaum Probleme mit dem US-Amerikaner Danny Santiago und besiegte ihn durch technischen K.o. in der fünften Runde. Green verbesserte damit seine Bilanz auf 32 gewonnene und fünf verlorene Kämpfe, während für seinen Gegner nun 31 Siege, sechs Niederlagen sowie ein Unentschieden zu Buche stehen.

Nach beiderseits verhaltenem Auftakt gingen die Kontrahenten, die sich auf ein Limit von zehn Pfund über dem Halbschwergewicht geeinigt hatten, in der zweiten Runde schon etwas energischer zur Sache. In der dritten mußte Santiago nach einem Körpertreffer samt nachfolgendem Uppercut erstmals zu Boden gehen. Im nächsten Durchgang fand sich der US-Amerikaner noch zwei weitere Male auf den Brettern wieder und wäre beinahe ausgezählt worden. Von diesen Niederschlägen erholte sich Santiago nicht mehr, worauf er nach weiteren Treffern in der fünften Runde aus dem Kampf genommen wurde.

Wenngleich Santiago den Sieger bei seiner Gratulation ermutigte, die Boxhandschuhe noch nicht an den Nagel zu hängen, wird Danny Green sicher darüber nachdenken, wie weiter zu verfahren sei. Sollte er seine Karriere fortsetzen, dann wohl am günstigsten im Halbschwergewicht, wenngleich er seit fünf Jahren nicht mehr in dieser Gewichtsklasse gekämpft hat. Die vielbeschworene Revanche für die Niederlage gegen seinen australischen Landsmann Anthony Mundine erscheint hingegen unrealistisch, da dieser inzwischen im Halbmittel- und Mittelgewicht antritt.

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Robert Guerrero zeigt sich vor Selcuk Aydin gewarnt

In seiner Heimatstadt San José trifft Robert Guerrero, der früher Weltmeister in zwei Gewichtsklassen war, auf Selcuk Aydin aus dem Arena-Boxstall. Wenngleich der in 23 Kämpfen ungeschlagene Türke in den USA weitgehend unbekannt ist und daher bei den Buchmachern als Außenseiter gehandelt wird, hat er zwei Vorteile auf seiner Seite: Er ist für eine enorme Schlagwirkung bekannt und kämpft in seinem angestammten Weltergewicht um den Titel des WBC-Interimsweltmeisters. Guerreros letzter Auftritt liegt inzwischen 15 Monate zurück, einen für August 2011 geplanten Kampf gegen Marcos Maidana mußte er wegen einer Schulterverletzung absagen. Zudem hat der Kalifornier erst einmal über dem Leichtgewicht gekämpft und tritt nun sogar im Weltergewicht an.

Robert Guerrero führt zur Begründung dieses riskanten Vorhabens an, er habe im Leichtgewicht und Halbweltergewicht keine angemessenen Kämpfe bekommen. Nur wenige Boxer seien zu einem solchen Wagnis bereit, doch werde er seinen Worten auch Taten folgen lassen. Er habe Aydins frühere Auftritte sorgfältig studiert und sei sich bewußt, daß der Türke mit beiden Händen gefährlich schlage, sehr gute Nehmerqualitäten habe und unermüdlich kämpfe. Daß sich der bei den Golden Boy Promotions unter Vertrag stehende US-Amerikaner dennoch auf dieses Wagnis einläßt, dürfte nicht zuletzt darauf zurückzuführen sein, daß er zwar schon einige Male bei HBO und Showtime gekämpft, jedoch den entscheidenden Durchbruch noch nicht geschafft hat. Ein Sieg über Selcuk Aydin wäre fast schon der langersehnte große Wurf, da er als Interimsweltmeister im Weltergewicht beinahe auf Tuchfühlung mit den aktuellen Superstars des Boxgeschäfts wie Floyd Mayweather und Manny Pacquiao käme.

27. Juli 2012