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MELDUNG/1091: Im Schatten Klitschkos treiben Karrieren Blüten (SB)




David Haye sagt Kampf gegen Manuel Charr verletzungsbedingt ab

Wenngleich der Kölner Schwergewichtler Manuel Charr am 8. September 2012 seine erste Niederlage bezog, war dies doch der bedeutendste Kampf seiner bisherigen Karriere und ein Türöffner für weitere attraktive Auftritte. Charr mußte sich in der Moskauer Olympiahalle dem amtierenden WBC-Weltmeister Vitali Klitschko durch technischen K.o in der vierten Runde geschlagen geben, da der Ringrichter wegen einer stark blutenden Rißwunde am rechten Auge des Herausforderers auf Abbruch entschied. Der Referee hatte den Ringarzt zu Rate gezogen, der die Verletzung gründlich untersuchte und daraufhin empfahl, den Kampf zu beenden. Der Kölner protestierte heftig gegen diese regelkonforme wie auch vernünftige Entscheidung und erklärte, man habe ihn um die Chance gebracht, Klitschko in die Enge zu treiben und zu besiegen. Zuvor war er zwar drei Runden lang beherzt auf den Champion losmarschiert, hatte dabei aber wesentlich mehr Treffer kassiert, als er austeilen konnte, und bereits einmal Bekanntschaft mit dem Ringboden gemacht.

Da sich der 28jährige Kölner mit seiner mutigen Kampfesweise trotz der Niederlage gut verkauft hatte, bescherte ihm dieser Auftritt eine beträchtliche Popularität, die er als Boxer und Promoter zu nutzen gedachte. Ein ums andere Mal vertrat er die Auffassung, daß ihn Vitali Klitschko nicht wirklich besiegt habe und sich deshalb zur Revanche stellen müsse. Kurz vor Weihnachten trat Charr dann in doppelter Funktion in Erscheinung: Auf einer von ihm organisierten Veranstaltung mit mehreren Kämpfen stieg er selbst in den Ring und machte mit Konstantin Airich kurzen Prozeß, der sich bereits in der ersten Runde geschlagen geben mußte. Damit verbesserte der Gastgeber seine Profibilanz auf 23 Siege und eine Niederlage, wobei er im Nebenlauf die marginalen Titel des Mittelmeer- und Baltikumchampions beim WBC einsammeln konnte.

Nach diesem Intermezzo wurde Manuel Charr an Nummer acht der WBC-Rangliste geführt, nur zwei Plätze hinter David Haye, auf den er sich nun mit seinen öffentlichen Stellungnahmen konzentrierte. Da ein sofortiger Rückkampf mit Klitschko ausgeschlossen war, forderte er ein Duell mit dem Briten, dessen Sieger dann gegen den Ukrainer antreten sollte. Was läge näher als dieses Kräftemessen jener beiden Schwergewichtler, die den WBC-Weltmeister schon mehrfach vergeblich zum Kampf gefordert hätten, setzte Charr eine Idee in die Welt, die erstaunlicherweise Früchte tragen sollte. Als David Haye einen Gegner für seinen am 29. Juni geplanten Auftritt suchte, fiel seine Wahl auf den Kölner, der damit wie erhofft ins Rampenlicht zurückkehrt.

Der letzte Auftritt des Briten liegt schon geraume Zeit zurück. Im Juli 2012 besiegte er seinen zum Intimfeind hochstilisierten Landsmann Dereck Chisora durch technischen K.o. in der fünften Runde, so daß für ihn nun 26 gewonnene und zwei verlorene Kämpfe zu Buche stehen. Daß er bei seinen Siegen nur zweimal über die volle Distanz gehen mußte, zeugt von einer ausgeprägten Neigung und Fähigkeit, seinem Beinamen "Hayemaker" alle Ehre zu machen und die Gegner mit gewaltigen Schwingern zu fällen. Manuel Charr ist also gewarnt, kündigt aber seinerseits einen K.o.-Sieg an, mit dem er seinen Anspruch unterstreichen will, Vitali Klitschko ein zweites Mal herauszufordern. Die Zeit drängt, da der Ukrainer seinen Titel gegen den offiziellen Herausforderer Bermane Stiverne aus Kanada verteidigen will, der sich in einem Ausscheidungskampf des WBC gegen den US-Amerikaner Chris Arreola durchgesetzt hat. Ob der Champion nach diesem Kampf noch einmal in den Ring zurückkehrt oder sich fortan ausschließlich der Politik im ukrainischen Parlament widmet, ist ungewiß.

Wie Charr erklärt, werde er Haye auf die Bretter schicken, um seine Revanche mit Klitschko zu bekommen. Vitali wolle weder gegen ihn, noch David kämpfen. Falls der Ukrainer aber ein echter Champion sei, werde er den Kampf interessiert verfolgen und sich dem Sieger stellen: "Wir beide wollen ihn und haben uns das Recht verdient, eine Chance zu bekommen." Der WBC-Weltmeister habe stets behauptet, er wolle Haye zum Schweigen bringen. Doch obgleich ihn der Brite seit drei Jahren immer wieder herausgefordert habe, sei es nie zu diesem Kampf gekommen. "Ich werde nicht zulassen, daß Vitali dasselbe mit mir macht", zieht Manuel Charr für die Ohren der Medien alle Register, solange sich die Tür zu Klitschko noch nicht endgültig geschlossen hat. [1]

Inzwischen hat David Haye jedoch den Kampf gegen Manuel Charr am 29. Juni in Manchester abgesagt. Eigenen Angaben zufolge verletzte sich der Brite im Training an der linken Hand. Wie es in einer Pressemitteilung heißt, habe er sich schon häufiger Verletzungen zugezogen und sie in den Kampf mitgenommen. Diese mache es ihm jedoch unmöglich, sich rechtzeitig davon zu erholen. Er müsse jetzt eine Pause von mindestens vier Wochen einlegen. Zugleich entschuldigte sich der Brite bei Charr und allen Fans, die bereits Eintrittskarten gekauft haben. Der Kölner zeigte sich betrübt über die Absage und verlieh seiner Hoffnung Ausdruck, daß man ein neues Datum finden könne. [2]

Fußnoten:

[1] http://www.boxen.de/news/charr-kuendigt-knockout-gegen-haye-an-26517

[2] http://www.sport.de/medien/boxen/2e87e-16f36b-532a-20/duell-der-klitschko-opfer-faellt-aus.html

15. Mai 2013