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MELDUNG/1504: Handelsherr am Markt der Möglichkeiten (SB)




Mayweather schließt Kampf gegen Pacquiao nicht mehr aus

Floyd Mayweather vereint - was Seltenheitswert besitzt - sportliches Können und Geschäftstüchtigkeit auf höchstem Niveau. Er gilt derzeit als weltbester Boxer und einkommensstärkster Profisportler, was insofern wie ein Gegenentwurf zum Faustkämpfer anmutet, der die Taschen anderer füllt und auf seine alten Tage mit leeren Händen dasteht. Dabei ist Mayweathers Leben und Streben keinesfalls ein emanzipatorischer Entwurf, sondern vielmehr ein personifizierter Musterfall konkurrenzgetriebener kapitalistischer Verwertungslogik und ideologischer Verklärung des amerikanischen Aufstiegsmythos. Geht er daran, seinen nächsten Gegner auszuwählen, erinnert dies an eine neofeudale Zeremonie. Wenngleich zuletzt kein weißer Rauch aufsteigt, um zu verkünden, daß ein neuer Herausforderer gefunden sei, erinnert das Prozedere doch an einen Gunsterweis, der in absolutistischer Manier zu verkünden scheint: Das Maß aller Dinge bin ich!

Profan gesprochen ist Floyd Mayweather schwerreich, doch zugleich getrieben von einem janusköpfigen Anforderungszwang. Er muß einerseits jeden Gegner besiegen und sich andererseits mit den namhaftesten Kontrahenten messen, da sein hochdotierter Fernsehvertrag zur Refinanzierung Buchungsquoten in Rekordnähe verlangt. Der ideale Herausforderer muß folglich als so gefährlich eingeschätzt werden, daß Experten und Publikum seinen Sieg nicht ausschließen, und zugleich über eine riesige Fangemeinde in den USA verfügen, die tief in die Tasche greift, um ihrem Favoriten lautstark vor Ort oder symbolisch via Bezahlfernsehen den Rücken zu stärken.

Daß Marcos Maidana gleich zweimal hintereinander in den Genuß kam, von Mayweather besiegt und mit einer Riesenbörse entschädigt zu werden, war ungewöhnlich. Als der in Las Vegas ansässige Platzhirsch von seinem üblichen Muster abwich, lag das schlichtweg daran, daß der Argentinier die derzeit günstigste Kombination der beiden zuvor genannten Parameter repräsentierte. Maidana hatte sich Anfang Mai so gut in Szene gesetzt, daß die Diskussion nicht enden wollte, ob er nicht doch zu Unrecht verloren habe und sich im Falle einer Revanche durchsetzen werde. Zugleich mobilisierte er eine Heerschar hispanischer Zuschauer, die der bloße Gedanke, er könne den US-amerikanischen Superstar vom Sockel stürzen, in überschäumende Euphorie versetzte.

Wie gut Floyd Mayweather sein Handwerk versteht, zeigte sich nicht nur im Ring, wo er Marcos Maidana souveräner als im Frühjahr in die Schranken wies. Er ließ in einer anschließenden Stellungnahme die Bemerkung fallen, für seinen nächsten Auftritt Anfang Mai 2015 schließe er Manny Pacquiao als Gegner nicht aus [1]. Diese Äußerung schlug wie eine Bombe ein und wird zweifellos in den kommenden Wochen und Monaten dafür sorgen, daß der Name Mayweather in aller Munde bleibt. Wenngleich dieser Kampf ungefähr fünf Jahre zu spät käme, gliche er doch einer Entladung allzu lange aufgestauter Wünsche und unerfüllter Erwartungen, so daß man noch immer von einem Duell der Superlative sprechen könnte.

Mayweather hatte den Namen Pacquiao in jüngerer Zeit so gut wie gar nicht in den Mund genommen, weil er ungeachtet aller Allüren, Großmannssucht und unerfreulichen Neigungen außerhalb des Rings einer der professionellsten Akteure der Branche ist. Er konzentriert sich auf seinen nächsten Gegner und redet in dieser Phase kaum mehr als geschäftsnotwendig über künftige Herausforderer. Zudem konnte er nur der Beste werden und bleiben, weil er sich genügend Selbstkritik und Lernfähigkeit bewahrt hat, seine Kontrahenten nicht zu unterschätzen.

Bob Arum hatte einen Kampf zwischen Mayweather und Pacquiao vor allem deshalb wieder ins Gespräch gebracht, um den nächsten Auftritt des Philippiners in Macao zu bewerben, der dort am 22. November auf Chris Algieri trifft. Da schon Pacquiaos letzter Kampf in China eine enttäuschende Quote im US-amerikanischen Bezahlfernsehen ausgeworfen hatte, mußte der Promoter einen erneuten Einbruch befürchten. Das dürfte zumindest einer der Gründe gewesen, warum Arum das alte Thema aufwärmte. Auch der Philippiner selbst zeigte sich in der Folge offen dafür, am Ende doch noch mit seinem Erzrivalen in den Ring zu steigen.

Wenngleich Mayweather in seiner jüngsten Stellungnahme hinzufügte, daß ein Kampf gegen Pacquiao zu seinen Bedingungen stattfinden müßte, schließt das die Realisierung nicht von vornherein aus. Zumindest hat der Philippiner kürzlich erklärt, er habe kein Problem damit, diesbezügliche Zugeständnisse zu machen. Wer allerdings an dieser Stelle fragt, ob dieses Duell denn nun tatsächlich über die Bühne gehen wird oder nicht, hat das Prinzip des Geschäfts noch nicht recht verstanden. Floyd Mayweather ist nicht zuletzt deshalb ein Meister seines Fachs, weil er das Handeln mit Perspektiven erfolgreich betreibt und es dabei zu einer Vorreiterschaft gebracht hat.

Zwar trifft es zu, daß zu etwa 90 Prozent geredet und nur zu zehn Prozent geboxt wird, doch ginge man fehl, vermeintlich harte Fakten mit heißer Luft zu kontrastieren. Auf den einzelnen Boxer bezogen kommt es wie im Falle Mayweathers zu nicht mehr als zwei, bei anderen namhaften Akteuren vielleicht drei oder vier und nur in seltenen Ausnahmefällen mehr Kämpfen im Jahr. Um angesichts mehr oder minder großer Abstände zwischen den Auftritten die immer schnellebigere Aufmerksamkeit des volatilen Publikums zu binden, bedarf es daher mannigfaltiger Manöver, den konsumistischen Nerv auf die eine oder andere Weise zu treffen. Wenngleich der Kunde keinesfalls König ist, will er doch im Wechselspiel vermeintlicher Möglichkeiten fortlaufend gut unterhalten sein. Ob die Intimfeinde Arum und Mayweather nicht einmal im Traum daran denken, einander die Hand zu reichen, oder am Ende doch noch dem größtmöglichen Umsatz den Zuschlag geben und deswegen kooperieren, läßt sich auf Monate hinaus als offene Frage am besten verwerten.


Fußnote:

[1] http://www.boxingnews24.com/2014/09/mayweather-hopeful-of-pacquiao-showdown-in-may-2015/#more-181789

15. September 2014