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MELDUNG/1634: Warum in die Ferne schweifen? (SB)



Felix Sturm zieht einen Kampf gegen Arthur Abraham vor

Felix Sturm hat wie erwartet die vom Verband IBF festgelegte Option ausgeschlagen, gegen den Ranglistenersten Hassan N'Dam um den vakanten Titel zu kämpfen. Da der zuvor amtierende Weltmeister Jermain Taylor aufgrund juristischer Probleme vorerst nicht mehr in den Ring zurückkehren kann, werden die Karten neu gemischt. Sturm, der früher Superchampion der WBA und IBF-Weltmeister im Mittelgewicht war, zieht es vor, ins Supermittelgewicht aufzusteigen und dort den seit Jahren geforderten Kampf gegen Arthur Abraham, der den Titel der WBO in seinem Besitz hat, auszutragen.

Zum einen konnte man davon ausgehen, daß der Kölner wenig geneigt war, sich mit einem gefährlichen Gegner wie Hassan N'Dam zu messen. Zum andern erwartet ihn im Duell mit Abraham, das hierzulande auf großes Publikumsinteresse stößt, eine höhere Börse als in einem Kampf um den IBF-Titel. Da in beiden Fällen die Chance winkt, wieder Weltmeister zu werden, bedurfte es keiner langen Bedenkzeit, eine Entscheidung zu fällen. Arthur Abraham hat drei Kämpfe gegen Robert Stieglitz bestritten und dabei den WBO-Titel gewonnen, verloren und sich wiederum gesichert. Sturm hat sich zuletzt unentschieden von Stieglitz getrennt, und alle vier Kämpfe ließen sich erfolgreich vermarkten. Was liegt also näher, als weiter auf dieser Erfolgsschiene zu fahren! [1]

Zudem kommt Sturm natürlich entgegen, daß er künftig während der Vorbereitung weniger Gewicht reduzieren muß, da er nicht mehr im Mittelgewicht antritt. Diese Zeit sei vorbei, deutet der Kölner denn auch an, daß er fortan nur noch im Supermittelgewicht auftreten will, wo seine beiden deutschen Rivalen zu Hause sind. Arthur Abraham kann auf diese Weise gefährlichen Kontrahenten wie Gilberto Ramirez aus dem Weg gehen, so daß auch ihm mit der deutsch-deutschen Option in mehrfacher Hinsicht gedient ist.

Zuvor muß sich Arthur Abraham jedoch am 21. Februar in der Berliner O2 World ein zweites Mal gegen Paul Smith durchsetzen. Der Titelverteidiger hat 41 Kämpfe zu seinen Gunsten entschieden, für den Briten werden 35 gewonnene Auftritte notiert, beide haben viermal verloren. Abraham hatte sich bei ihrem ersten Aufeinandertreffen verdient nach Punkten durchgesetzt, was man im britischen Lager jedoch ganz anders sah. Die Behauptung, der Champion sei vom Kampfgericht bevorteilt worden, wurde zwar von der Mehrzahl renommierter Experten nicht geteilt, ebnete aber einer umgehenden Revanche den Weg, die auch Abraham entgegenkommt. Er hält Smith für einen Gegner, den er schon einmal dominiert hat und diesmal vorzeitig auf die Bretter schicken kann.

Der Brite werde den Schlußgong nicht zu hören bekommen, kündigt der Berliner eine hieb- und stichfeste Entscheidung zu seinen Gunsten an. Paul Smith habe bei ihrer ersten Begegnung gut gekämpft, sich aber einem Besseren geschlagen geben müssen. Als Fernsehkommentator sei der Brite Weltklasse, als Boxer jedoch nicht auf seinem Level, so der Weltmeister. Er könne nicht nachvollziehen, warum die englischen Medien von einem manipulierten Urteil sprechen. Weder er selbst noch sein Promoter suche die Punktrichter aus. Diesmal werde er das Kampfgericht jedenfalls aus der Verantwortung entlassen und ohne Gnade für klare Verhältnisse sorgen.

Wie der 34jährige Berliner weiter ausführte, habe er seit Jahren von einem Kampf gegen Felix Sturm geträumt. Früher habe die Konkurrenz der Fernsehpartner dieses Duell verhindert, doch da das Team Sauerland inzwischen mit dem Sender Sat.1 zusammenarbeitet, der auch die Auftritte des Kölners überträgt, könne man den Traum endlich Wirklichkeit werden lassen. Es liege auf der Hand, daß er sich von Paul Smith keinen Strich durch diese Rechnung machen lasse. [2]

Hassan N'Dams Manager Gary Hyde bestätigte Sturms Rückzug von einem Kampf um den Gürtel der IBF und verlieh zugleich seinem Wunsch Ausdruck, der Verband möge rasch einen anderen Gegner benennen, so daß man zügig die Verhandlungen aufnehmen könne. An Nummer drei der IBF-Rangliste steht der Brite Billy Joe Saunders, der für eine Entschädigung in unbekannter Höhe sein Vorrecht als Pflichtherausforderer zurückgestellt hat, gegen den amtierenden WBO-Weltmeister Andy Lee anzutreten. Der Ire trifft statt dessen am 11. April auf seinen Vorgänger Peter Quillin, worauf sich Saunders mit dem Sieger messen wird. Sollte sich Lee gegen den US-Amerikaner durchsetzen, was allerdings nicht allzu wahrscheinlich ist, ließe sich ein Duell mit Saunders in England vor großer Kulisse veranstalten, das die Taschen beider Boxer ordentlich füllen würde.

Da N'Dam technisch versiert ist, sich ausgezeichnet bewegt und sehr schnell schlagen kann, würde er Saunders ohnehin vor große Probleme stellen. Deshalb ist so gut wie sicher, daß der Brite nicht als Kandidat der IBF in Frage kommt. Billy Joe Saunders dürfte vielmehr hoffen und beten, daß Andy Lee auch den favorisierten Quillin mit seinem berühmten rechten Haken von den Beinen holt, da er andernfalls kaum gewinnen kann.

Der an fünfter Stelle der Rangliste notierte Kanadier David Lemieux würde den Kampf vermutlich ebenfalls ausschlagen, da sein Wechsel des Promoters nicht so glatt wie erhofft über die Bühne gegangen ist. Er hat vor kurzem bei Golden Boy in Los Angeles unterschrieben, doch scheinen die Meinungen auseinanderzugehen, ob sein vorangegangenes Vertragsverhältnis mit der kanadischen Groupe Yvon Michel bereits restlos abgegolten ist. Für Hassan N'Dam ist das nur von Vorteil, da er 2012 im Kampf gegen Peter Quillin sechsmal zu Boden gehen mußte und Lemieux über eine ähnlich ausgeprägte Schlagwirkung verfügt.

Bliebe noch der 40 Jahre alte ehemalige Weltmeister Sam Soliman, der Sturm zweimal besiegt und ihm bei der Revanche den Gürtel der IBF abgenommen hat. Für seine erste Titelverteidigung suchte sich der Australier Jermain Taylor wegen des klangvollen Namens und einer stattlichen Börse aus. Leider zog sich Soliman in diesem Kampf eine schwere Knieverletzung zu, die seine Punktniederlage besiegelte. Sollte der Australier gesundheitlich wiederhergestellt sein, käme er als Kandidat in Frage, was ihm angesichts seines unglücklichen Titelverlusts nur zu wünschen wäre.


Fußnoten:

[1] http://www.boxingnews24.com/2015/02/sturm-turns-down-ndam-fight-soliman-could-be-next/#more-188045

[2] http://www.boxingnewsonline.net/arthur-abraham-i-will-show-paul-smith-no-mercy/

13. Februar 2015


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