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MELDUNG/1681: Prestigegewinn und klingende Münze (SB)



Danny Garcia knapper Punktsieger über Lamont Peterson

Danny Garcia ist amtierender Weltmeister der Verbände WBA und WBC im Halbweltergewicht, Lamont Peterson IBF-Champion im selben Limit. Dennoch standen bei ihrem mit Spannung erwarteten Aufeinandertreffen vor 12.300 Zuschauern im New Yorker Barclays Center die Gürtel nicht auf dem Spiel, da sich die Kontrahenten auf eine Gewichtsgrenze von 143 US-Pfund (64,86 kg) geeinigt hatten, die bereits im Weltergewicht (ab 63,5 kg) liegt. Die IBF hatte angekündigt, daß sie Peterson im Falle einer Niederlage den Titel aberkennen würde. Garcia bestritt bereits seinen zweiten Kampf in Folge in einem vereinbarten höheren Limit und wird aller Voraussicht nach endgültig ins Weltergewicht aufsteigen, schon um dem talentierten, aber wenig bekannten Pflichtherausforderer Viktor Postol aus dem Weg zu gehen. Der Ukrainer trat im Vorprogramm an und blieb auch in seinem 27. Profikampf ungeschlagen.

Wenngleich daher die Frage, wer gegenwärtig der beste Akteur im Halbweltergewicht sei, genaugenommen unbeantwortet blieb, stellten die Kontrahenten ihr Können doch in einem unterhaltsamen Duell unter Beweis. Für beide Boxer ging es nicht zuletzt darum, sich im Rahmen des Formats "Premier Boxing Champions" beim Sender NBC einem breiteren Publikum zu empfehlen. Der 27jährige Danny Garcia aus Philadelphia dominierte die erste Hälfte des Kampfs, indem er seinem vier Jahre älteren Gegner beharrlich nachsetzte und ihn insbesondere mit Jabs zum Körper und seiner rechten Schlaghand traktierte. Peterson verlegte sich jedoch auf eine solide Deckung und wich behende aus, so daß viele Schläge des Kontrahenten ihr Ziel verfehlten.

Zunehmend frustriert blieb Garcia in der vierten Runde zwischendurch stehen und zuckte die Achseln, als frage er sich demonstrativ, ob Peterson überhaupt mit ihm kämpfen oder fortgesetzt weglaufen wolle. Dieser setzte jedoch konsequent seine Taktik um, den Gegner mit dem Jab auf Distanz zu halten, nur gelegentlich heftiger zu schlagen und ansonsten geschickt auszuweichen. So konnte es nicht ausbleiben, daß Garcia einen wachsenden Vorsprung herausarbeitete, zumal er gegen Ende des fünften Durchgangs mit der Rechten durchkam, die den Kopf des Gegners zurückschnellen ließ. In der folgenden Runde erhöhte er den Druck und schlug zunehmend Kombinationen, während Peterson nach wie vor auf Einzeltreffer setzte.

Das letzte Viertel des Kampf sorgte schließlich doch noch für die erhoffte Dramatik, da Peterson endlich den Schlagabtausch suchte. Wenngleich Garcia mitzuhalten versuchte, geriet er doch zusehends in Bedrängnis und mußte zahlreiche schwere Treffer einstecken. Sieht man von der zehnten Runde ab, war Peterson nun nicht mehr zu bremsen und lädierte das Gesicht seines Gegners, der ihm schließlich im letzten Durchgang in einem furiosen Finale noch einmal Paroli bot. Die Statistik von CompuBox attestierte Garcia die Mehrzahl der Schläge und Treffer, was auch die Punktrichter so sahen, die zweimal 115:113 zu seinen Gunsten sowie 114:114 notiert hatten. Damit blieb Danny Gracia in 30 Kämpfen ungeschlagen, während für Lamont Peterson 33 Erfolge, drei Niederlagen sowie ein Unentschieden zu Buche stehen. Der in Philadelphia beheimatete Sieger erhielt eine Börse von 1,5 Millionen Dollar, während sein Gegner aus Washington D.C. mit 1,2 Millionen bedacht wurde.

Garcia, dessen Gesicht schwer gezeichnet war, sprach anschließend von einem regelrechten Krieg, der den Erwartungen der Fans voll und ganz entsprochen habe. Auch Petersons Auftritt sei bemerkenswert gewesen, da er nicht von seiner Taktik abgewichen sei und sich sehr viel bewegt habe. Wenngleich ein knappes Ergebnis dem Kampfverlauf gerecht werde, habe er selbst doch genug getan, um den Sieg davonzutragen. Der Trainer und Vater des Siegers, Angel Garcia, machte geltend, daß Peterson sehr häufig gelaufen sei und seine Kräfte offensichtlich für die letzten Runden geschont habe. Danny sei gegen Ende zwar häufig getroffen worden, habe dabei jedoch bemerkenswerte Nehmerqualitäten unter Beweis gestellt.

Lamont Peterson war sichtlich enttäuscht, enthielt sich jedoch jeglicher Beschwerden über die Wertung. Er habe gut gekämpft und sei sehr wenig getroffen worden. Ungeachtet der Niederlage fühle er sich gut und bereit, den vor ihm liegenden steinigen Weg zu bewältigen. Sein Trainer und väterlicher Freund Barry Hunter kritisierte das Urteil und lobte seinen Schützling für dessen hervorragende Umsetzung der vereinbarten Vorgehensweise, die jedoch von den Punktrichtern nicht honoriert worden sei. [1]

Wäre Petersons taktische Rechnung aufgegangen, hätte man ihm sicher einen souveränen Auftritt attestiert. Angesichts seines knappen Scheiterns kreidete man ihm jedoch an, er habe zu spät auf die Offensive gesetzt und damit den sicheren Sieg in den Anfangsrunden verspielt. Die Kommentatoren spalteten sich in zwei deutlich voneinander abgesetzte Lager, da die Sympathien für den jeweiligen Boxer zum Tragen kamen. Einige lobten Garcia für einen offensiv geführten Kampf, in dem er auch gegen Ende trotz der Oberhand seines Gegners nie aufgesteckt habe, während Peterson sehr lange davongelaufen sei. Dessen Anhängerschaft war hingegen der Überzeugung, er habe Garcia exzellent ausmanövriert und hätte ihn mit Sicherheit auf die Bretter geschickt, wäre er nur etwas früher energisch zur Sache gegangen. Zudem habe Ringrichter Harvey Dock die zahlreichen Tiefschläge Garcias nie geahndet, der im Falle eines Punktabzugs kaum gewonnen hätte. [2]

Was die Zukunft der beiden Boxer betrifft, die sich aller Voraussicht nach im Weltergewicht abspielen wird, hat Danny Garcia natürlich auf absehbare Zeit die besseren Karten. Er hatte sich seit geraumer Zeit wegen seiner Wahl relativ schwacher Gegner wachsende Kritik eingehandelt, die nun fürs erste zum Schweigen gebracht sein dürfte. Nun erinnert man sich wieder daran, daß er in der Vergangenheit so namhafte Kontrahenten wie Lucas Matthysse, Zab Judah, Amir Khan und Erik Morales besiegt hat. Andererseits war offensichtlich, daß Garcia dabei häufig sein Gewichtsvorteil zustatten kam, den er im Weltergewicht einbüßen würde. Gegen Floyd Mayweather oder Manny Pacquiao hätte er derzeit ohnehin keine Chance, und eine ganze Reihe weiterer namhafter Akteure wie Kell Brook, Marcos Maidana oder Keith Thurman könnten die Grenzen seiner boxerischen Möglichkeiten wesentlich deutlicher aufzeigen, als es Peterson möglich war.


Fußnoten:

[1] http://espn.go.com/boxing/story/_/id/12672054/danny-garcia-defeats-lamont-peterson-majority-decision-non-title-fight

[2] http://www.boxingnews24.com/2015/04/lee-quillin-fight-to-12-round-draw/#more-190600

13. April 2015


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