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MELDUNG/1712: Neues vom Fuchs und den Trauben (SB)



Wer hat Angst vor Dillian Whyte?

Der in vierzehn Auftritten ungeschlagene britische Schwergewichtler Dillian Whyte bekommt die Chance, um den nationalen Titel zu kämpfen. Die zuständige Boxkommission hat Tyson Fury angewiesen, den Gürtel im Sommer gegen diesen Herausforderer zu verteidigen. Natürlich wird der amtierende Champion keinesfalls darauf eingehen, da er einen Kampf gegen Wladimir Klitschko im Herbst erwartet und sich nicht von Whyte um einer marginalen Trophäe willen die Butter vom Brot nehmen lassen möchte.

Tyson Fury hatte den Titel des Britischen Meisters bei seinem Sieg über Dereck Chisora im letzten Jahr gewonnen und seither nicht verteidigt. Da Whyte eine beachtliche Schlagwirkung ins Feld führen kann und zu Amateurzeiten den jungen britischen Hoffnungsträger Anthony Joshua auf die Bretter geschickt hat, ist mit ihm nicht zu spaßen. Furys absehbarer Rückzieher brächte Joshuas Promoter Eddie Hearn in Zugzwang, seinen wertvollen Boxer wie angekündigt um den nationalen Titel kämpfen zu lassen. Allerdings hatte er zu diesem Zeitpunkt Dillian Whyte noch nicht im Visier, dem man aus dem Weg gehen wollte. Daher ist nicht auszuschließen, daß Joshua und Hearn ihre Pläne ändern.

Wenngleich der Verlauf der damaligen Begegnung im Amateurlager keinen automatischen Schluß auf das heutige Kräfteverhältnis zuläßt, hat Whyte doch bereits mehrfach gedroht, er werde Joshua ein zweites Debakel bereiten, sobald sich ihre Wege erneut kreuzen. Hearn hat seinen jungen Schwergewichtler seit dessen Profidebüt im Jahr 2013 mit Gegnern gefüttert, die entweder den Zenit ihres Könnens aus Altersgründen weit überschritten hatten oder bestenfalls durchschnittlich waren. Dillian Whyte wäre hingegen von ganz anderem Kaliber und drohte die Pläne zunichte zu machen, Anthony Joshua bedachtsam auf einen späteren Kampf um die Weltmeisterschaft zuzusteuern.

Ob der 25jährige Schwergewichtler alles für bare Münze nimmt, was Eddie Heran über sein außergewöhnliches Talent zum besten gibt, und sich selber bereits als künftigen Weltmeister sieht, sei dahingestellt. Whyte könnte ihn jedenfalls jäh auf den harten Boden der Tatsachen herunterholen, weshalb der britische Titel bald jenen Trauben in der Fabel gleichen dürfte, die dem Fuchs plötzlich zu sauer sind. [1]

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Jessie Vargas träumt von Manny Pacquiao

Jessie Vargas verteidigt den Titel der WBA im Halbweltergewicht am 27. Juni in Carson, Kalifornien, gegen Tim Bradley. Der 26jährige Champion ist in 26 Profikämpfen ungeschlagen, während für den Herausforderer, der früher Weltmeister in zwei Gewichtsklassen war, 31 Siege, eine Niederlage sowie ein Unentschieden zu Buche stehen. Für Vargas geht es in diesem Duell nicht nur darum, den Gürtel zu behalten, er möchte sich vielmehr mit einer überzeugenden Vorstellung für einen künftigen Kampf gegen Manny Pacquiao empfehlen.

Diese Perspektive ist insofern nicht ganz aus der Luft gegriffen, als Vargas, Bradley und Pacquiao alle bei Top Rank unter Vertrag stehen. Sollte sich Vargas Ende Juni durchsetzen und der Philippiner nach auskurierter Schulterverletzung seine Karriere wieder aufnehmen, könnte Promoter Bob Arum durchaus geneigt sein, Jessie Vargas und Manny Pacquiao zusammen in den Ring zu schicken. Der Philippiner hat in der Vergangenheit gegen Joshua Clottey, Tim Bradley, Brandon Rios und Chris Algieri gekämpft, die erst darüber populärer geworden sind. Daher könnte ihn Arum vermutlich auch dazu überreden, Vargas dieselbe Chance zu geben, der bislang keine sonderlich große Fangemeinde um sich geschart hat. Pacquiao würde in diesem Fall seinem Promoter einen großen Gefallen tun, da Top Rank unabhängig vom Ausgang des Kampfs hinterher besser dastünde als zuvor.

Wenngleich die mögliche Rückkehr Pacquiaos noch in weiter Ferne liegt, hofft Vargas, sich bei entsprechender Leistung gegen Bradley ins Gespräch und bei dem Philippiner in bleibende Erinnerung zu bringen. Indessen steht zu befürchten, daß Jesse Vargas selbst im Falle einer Niederlage zu einem Kampf gegen Manny Pacquiao kommen könnte, der für sich genommen viel Geld in die Kasse spülen kann. Top Rank gehen schlichtweg die Kandidaten aus, zumal Pacquiao bereits viermal gegen Juan Manuel Marquez und zweimal gegen Tim Bradley angetreten ist. Von Vargas abgesehen hat Arum im Grunde genommen nur noch Terence Crawford aufzubieten, so daß es keine Überraschung wäre, sollten beide im nächsten Jahr auf den Philippiner treffen. Absoluten Vorrang hätte für Pacquiao allerdings eine Revanche gegen Floyd Mayweather, der seine Karriere jedoch mit einem allerletzten Auftritt Mitte September beenden will. [2]


Fußnoten:

[1] http://www.boxingnews24.com/2015/05/dillian-whyte-to-fight-for-the-british-heavyweight-title/#more-193361

[2] http://www.boxingnews24.com/2015/05/jessie-vargas-hoping-a-win-over-tim-bradley-will-get-him-pacquiao-fight/#more-193357

20. Mai 2015


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