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MELDUNG/1732: Superstar nur dem Munde nach (SB)



Adrien Broner unterliegt im Prestigekampf gegen Shawn Porter

Adrien Broner hat den Prestigekampf gegen Shawn Porter in Las Vegas klar nach Punkten verloren (115:111, 118:108, 114:112). Weit davon entfernt, sich als potentieller Nachfolger Floyd Mayweathers in Szene zu setzen, gab der Superstar von eigenen Gnaden eine enttäuschende Vorstellung. Während für ihn nun 30 gewonnene und zwei verlorene Auftritte zu Buche stehen, verbesserte Porter seine Bilanz auf 26 Siege, eine Niederlage sowie ein Unentschieden. Großspurig wie eh und je erklärte Broner hinterher, ein wahrer Champion stecke solche Rückschläge einfach weg und scheuten auch danach keinen Gegner.

Broner hatte zuvor drei Kämpfe in Folge gewonnen, wodurch seine Niederlage gegen den Argentinier Marcos Maidana allmählich in Vergessenheit geraten war. Das hatte allerdings zwei Jahre gedauert, so daß sich nun die Frage stellt, wie lange er diesmal brauchen wird, um sich in der Wahrnehmung der Zuschauer wieder ganz nach vorn zu bringen. Sein ständiges Klammern gegen Shawn Porter brachte ihm jedenfalls harsche Kritik ein, zumal er kein Mittel gegen den beständigen Druck des Kontrahenten zu finden schien. Wenngleich er den Gegner des öfteren durch Festhalten an der Entfaltung hinderte, gereichte ihm das nicht zum Vorteil. In der elften Runde zog ihm der erfahrene Ringrichter Tony Weeks einen Punkt dafür ab, womit die Entscheidung so gut wie gefallen war. Davon abgesehen leistete sich Broner diverse andere Regelwidrigkeiten, so daß er von Glück reden konnte, dafür nicht häufiger bestraft zu werden.

Maßgeblich für den Sieg Shawn Porters war dessen wesentlich höhere Schlagfrequenz, die in der Statistik deutlich zutage trat. Während der frühere IBF-Weltmeister im Weltergewicht im Durchschnitt auf 49 Schläge pro Runde kam, brachte es Broner lediglich auf 25. [1] Dieser unternahm wie schon bei seiner Niederlage gegen Marcos Maidana im Jahr 2013 einfach viel zu wenig, um das Blatt zu wenden. Daß es seinem Trainer Mike Stafford nicht gelungen ist, dieses Manko zu beheben, ruft Zweifel an der Effizienz des Gespanns auf den Plan. Wer wie Broner im Weltergewicht in die Weltspitze vorstoßen will, kann sich es sich nicht wie früher in niedrigeren Gewichtsklassen leisten, auf einen Volltreffer zu vertrauen. Offensichtlich hat seine Schlagwirkung beim Aufstieg in höhere Limits gelitten, ohne daß er andere Qualitäten entwickelt hätte, die diesen Mangel kompensieren könnten.

Möglicherweise fehlt es Broner schlichtweg an Durchhaltevermögen im Kampf gegen erstklassige Halbwelter- und Weltergewichtler, die ihre Gegner ohne weiteres mit bis zu 75 Schlägen pro Runde traktieren. Der Versuch, sich wie Floyd Mayweather zu einem überragenden Konterboxer zu entwickeln, ist nicht aufgegangen. Erst im zwölften Durchgang griff Broner rückhaltlos an und machte dabei eine wesentliche bessere Figur als in den elf vorangegangenen Runden. Könnte er einen ganzen Kampf auf diese Weise bestreiten, wäre er ein furchteinflößenden Gegner.

Daß er trotz seines Talents auf ein Nebengleis zu steuern droht, dürfte nicht zuletzt damit zusammenhängen, daß die Möglichkeiten seines Teams, auf ihn Einfluß zu nehmen, offenbar begrenzt sind. Wie sein großes Vorbild Floyd Mayweather möchte auch Adrien Broner stets die erste Geige spielen und bei jeglichen Auftritten in der Öffentlichkeit den Ton angeben. Während Mayweather jedoch im Ring einlösen kann, was er angekündigt hat, muß Adrien Broner spätestens seit der jüngsten Niederlage gegen Shawn Porter fürchten, sich mit den gefährlichsten Akteuren des Weltergewichts zu messen. Wenngleich das Sportpublikum auch diesen Rückschlag früher oder später vergessen wird, steht doch immer deutlicher die Frage im Raum, ob sich dieser zweifellos talentierte Boxer nicht selbst erheblich größer geredet hat, als er tatsächlich ist.


Fußnote:

[1] http://www.boxingnews24.com/2015/06/broner-averaged-only-26-punches-thrown-per-round-against-porter/#more-195182

23. Juni 2015


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