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MELDUNG/1742: Machtkampf um die Pfründe des Boxgeschäfts (SB)


Oscar de la Hoya und Bob Arum verklagen Al Haymon


Was wäre der professionelle Boxsport ohne die erbitterten Fehden und Intimfeindschaften einflußreicher Promoter! Die Animositäten zwischen Don King und Bob Arum sowie diversen anderen Rivalen sind Legende, Arum war mit Floyd Mayweather und Oscar de la Hoya verfeindet und ist es heute mit Al Haymon, wobei De la Hoya inzwischen das Kriegsbeil begraben hat und tendentiell an die Seite Arums rückt. Die Konkurrenz mit Haymon und dessen innovativem Geschäftsmodell, dem sich immer mehr namhafte Boxer anschließen, macht aus früheren Feinden nicht gerade Freude, aber doch Partner in der Not, womöglich ins Abseits gedrängt zu werden.

Da alle genannten Beteiligten nicht so sehr die Wohltäter des Boxsports sind, als die sie sich gerne geben, sondern vielmehr von ihren Boxern nicht schlecht leben, sind in dieser Kontroverse keine Heiligenscheine zu vergeben. Es handelt sich um einen Konflikt zwischen dem traditionellen Konzept, wie es Top Rank (Bob Arum) und Golden Boy Promotions (Oscar de la Hoya) vertreten, und Al Haymons bislang beispielloser Strategie, das Feld mit Hilfe finanzstarker Investoren Zug um Zug zu besetzen. Er firmiert offiziell als Berater und zieht seine Fäden im Hintergrund, was sowohl mit der klassischen Funktionsteilung von Manager und Promoter als auch deren stets gesuchter Präsenz in der öffentlichen Wahrnehmung bricht. Bislang sind die Meinungen geteilt, ob Haymon ein verkappter Monopolist oder im Gegenteil ein Fortschritt für die Branche sei, weil er die verkrustete Struktur der Verbände aufbricht, den Einfluß der Promoter zurückdrängt und den Sport aus der Nische des Bezahlfernsehens zurück in die kostenfreie landesweite Übertragung holt.

De la Hoyas Golden Boy Promotions haben am 6. Mai Klage gegen Al Haymon und den Finanzier seiner Plattform "Premier Boxing Champions" in Gestalt der Firma Waddell & Reed eingereicht. Die Forderung beläuft sich auf 300 Millionen Dollar Schadenersatz und wird mit dem Vorwurf begründet, die Beklagten hätten wiederholt gegen Anti-Trust-Gesetze sowie den Muhammad Ali Boxing Reform Act verstoßen. Vor wenigen Tagen hat Top Rank eine ähnliche Klage eingereicht, deren Streitwert 100 Millionen Dollar beträgt und die eine einstweilige Verfügung anstrebt, die künftige Kampfabende Haymons untersagt.

Oscar de la Hoya begrüßt in einer aktuellen Stellungnahme den Schritt Bob Arums, nicht nur zugunsten seiner eigenen Boxer, sondern des gesamten Sports die Initiative zu ergreifen. Wie er selbst habe auch Arum den überwiegenden Teil seines Lebens im Boxsport verbracht und teile die Auffassung, daß der Muhammad Ali Boxing Reform Act ein essentielles Gesetzeswerk zum Schutz der Boxer und Verbesserung des Sports sei. Man werde auch die eigene Klage vorantreiben um sicherzustellen, daß dieser wunderbare Sport weiterhin auf wettbewerbsgerechte und faire Weise betrieben werden könne. [1]

Floyd Mayweathers Berater Al Haymon und Manny Pacquiaos Promoter Bob Arum hatten in ihrem langjährigen Streit eine befristete Feuerpause eingelegt, um den Kampf der finanziellen Superlative am 2. Mai über die Bühne zu bringen. Kaum war diese Schlacht geschlagen, als Top Rank auch schon mit einer 50seitigen Klageschrift beim U.S. District Court in Los Angeles die nächste Runde der Auseinandersetzung eingeläutet hat. Im Kern beziehen sich die erhobenen Vorwürfe auf ein Bundesgesetz, welches eine Personalunion von Manager und Promoter untersagt. Ersterer habe eine Vertrauenspflicht gegenüber dem Boxer, dessen Interessen zu vertreten, was für letzteren nicht gelte. Al Haymon nehme für die fast 200 Boxer, die inzwischen mit ihm vertraglich verbunden sind, widerrechtlich beide Funktionen wahr.

Die ebenfalls beklagte Investorengruppe Waddell & Reed mit Sitz in Kansas City hat aus ihrem 40 Milliarden schweren Hedgefonds 400 Millionen Dollar zur Finanzierung der Serie "Premier Boxing Champions" eingebracht. Mit diesen Geldern wurde Sendezeit für die Übertragung von Kämpfen bei ESPN, NBC, CBS, Spike TV und Bounce TV gekauft.

Wie es in der Klageschrift gegen Al Haymon heißt, bemächtige sich dieser mit finanzieller Unterstützung, Komplizenschaft und materieller Unterstützung seitens Waddell & Reed sowie anderer Geldgeber des Boxgeschäfts, um gemeinsam als Manager, Promoter, Sponsor und Händler mit Eintrittskarten für nahezu jeden bedeutenden Boxer in den USA tätig zu werden. Dies verstoße gegen den Muhammad Ali Boxing Reform Act, den Sherman (antitrust) Act sowie diverse weitere bundesstaatliche und Bundesgesetze. Damit werde die Firewall zwischen Manager und Promoter durchbrochen, die zum Zweck einer klaren Trennung dieser beiden Funktionen im Boxgeschäft errichtet worden ist. Haymon habe seine Dominanz als Manager mit dem Ziel ausgebaut, Konkurrenten zu schädigen und auszuschließen. Nach den Worten von Top Ranks Rechtsvertreter Daniel Petrocelli aus der Kanzlei O'Melveny & Myers hat man es mit einer ausgeklügelten Strategie zu tun, das Boxgeschäft unter Kontrolle zu bringen.

Die erhobenen Vorwürfe weisen Haymons Anwälte Kramer Levin Naftalis and Frankel mit der Erklärung zurück, die von Bob Arum und Top Rank eingereichte Klage entbehre jeder Grundlage. Es handle sich um den zynischen Versuch einer alten Garde im Boxsport, mit Hilfe der Gerichte den freien Zugang zum Boxsport und dessen Glaubwürdigkeit zu unterminieren, die man so lange vermißt habe. "Premier Boxing Champions" bringe die Übertragung von bedeutenden Boxkämpfen ins kostenfreie Fernsehen, stelle die Boxer an die erste Stelle und sage den Fans verbindlich zu, diesem Sport wieder jene Stellung zu verleihen, die er auf dem Höhepunkt seiner Popularität eingenommen habe.

Man wirft Haymon im einzelnen vor, er benutze Strohmänner wie namentlich Lou DiBella, Tom Browns TGB Promotions und Leon Margules' Warriors Boxing als Promoter, die auf seine Anweisung tätig werden und so seine direkte Einflußnahme auf die Promotion verschleiern. Haymon kaufe ihre Lizenz als Promoter, treffe alle maßgeblichen Entscheidungen und lasse die Gelder über seine Konten laufen. Während diese Strohmänner formal alle Verträge mit Veranstaltern, Sponsoren, Sendern und anderen Beteiligten abwickelten und sie der zuständigen Boxkommission vorlegten, handle es sich doch nur um eine Fassade. Haymon sitze gewissermaßen auf beiden Seiten des Tisches, wenn er gleichzeitig als Manager und Promoter seiner Boxer tätig werde.

Sein Bestreben, Sendezeit bei zahlreichen Sendern zu erwerben, ziele auf die Schädigung seiner Konkurrenten ab. Dank seiner Investoren könne er kurzfristige Verluste in Millionenhöhe in Kauf nehmen, bis die Konkurrenz aus dem Geschäft gedrängt sei. Sobald er zum Monopolisten aufgestiegen sei, werde er sich durch hohe Preise schadlos halten. Auch habe Haymon Veranstaltungstermine an verschiedenen Orten gebucht, die dann kein anderer in Anspruch nehmen konnte. Hätten sich seine Konkurrenten daraufhin für andere Termine entschieden, habe er seine Buchung storniert. Überdies untersage Al Haymon den bei ihm unter Vertrag stehenden Boxern, bei anderen Promotern in den Ring zu steigen oder sich Gegner auszusuchen, die nicht mit ihm zusammenarbeiten.

Wie Petrocelli erklärte, wolle Top Rank sicherstellen, daß Al Haymon und Waddell nach denselben Regeln wie alle anderen in der Branche spielen. Man darf gespannt sein, auf welche Weise die Gerichte versuchen werden, mit der Entwicklung Schritt zu halten und die Kontroverse zu entschlüsseln. [2]


Fußnoten:

[1] http://espn.go.com/blog/dan-rafael/post/_/id/13322/de-la-hoya-supports-top-rank-lawsuit

[2] http://espn.go.com/boxing/story/_/id/13182599/top-rank-files-lawsuit-al-haymon

4. Juli 2015


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