Schattenblick → INFOPOOL → SPORT → BOXEN


MELDUNG/1754: Dünne Luft für Favoriten (SB)



Carl Frampton hat seine liebe Mühe mit Alejandro Gonzalez

Der Ire Carl Frampton hat den IBF-Titel im Superbantamgewicht durch einen einstimmigen Punktsieg (115:109, 116:108, 116:108) über Alejandro Gonzalez in El Paso erfolgreich verteidigt und ist damit in 21 Profikämpfen ungeschlagen. Gemessen daran, daß der 22jährige Herausforderer an Nummer dreizehn der IBF-Rangliste notiert war und als relativ leichter Gegner galt, ließ der Weltmeister jedoch eine überzeugende Vorstellung vermissen. Der erheblich größere Gonzalez brachte den Champion gleich in der ersten Runde schwer in Bedrängnis und schickte ihn zweimal auf die Bretter. [1]

Zunächst war es eine Linke zum Kopf, die Frampton stolpern und stürzen ließ. Konnte man in diesem Fall noch geteilter Meinung sein, ob eine beträchtliche Schlagwirkung im Spiel gewesen war, so folgte wenig später ein unbezweifelbarer Niederschlag. Der Ire griff den Herausforderer geduckt an, als ihn dieser mit einer wuchtigen Rechten von oben her fällte, als schlage er mit dem Hammer einen Nagel ein. Daß es sich um keine bloßen Zufallstreffer gehandelt hatte, unterstrich Gonzalez in der neunten Runde, als er den Weltmeister mit einer Rechten zum Kopf einige Sekunden lang regelrecht paralysierte. Frampton, der sich zuvor behende umherbewegt hatte, fror regelrecht an Ort und Stelle ein. Hätte der Herausforderer in diesem Augenblick rückhaltlos nachgesetzt, wäre es um den Titelverteidiger schlecht bestellt gewesen.

Frampton beklagte sich ständig über angebliche Tiefschläge seines Gegners, der dafür in der dritten und elften Runde mit einem Punktabzug bestraft wurde. Viele dieser vermeintlich irregulären Schläge landeten jedoch auf dem Gürtel des Champions, der jedesmal sofort die Arme hob und sich beim Ringrichter beschwerte. Dieser ließ sich dadurch verleiten, den Herausforderer zu sanktionieren, während er umgekehrt Frampton nicht daran hinderte, seinen Gegner immer wieder in den Schwitzkasten zu nehmen.

Wie Carl Frampton in einer anschließenden Stellungnahme einräumte, sei es ihm in der ersten Runde gar nicht gut ergangen. Er habe sich jedoch von den beiden Niederschlägen erholt, mutig weitergekämpft, die meisten Runden gewonnen und den Zuschauern eine aufregende Vorstellung geboten. Leider sei der Ringboden ungewohnt weich gewesen, was seine Beinarbeit eingeschränkt habe. Zudem hätten ihn die ständigen Tiefschläge behindert, doch habe er sich davon nicht aus dem Konzept bringen lassen. Sein Plan, den Herausforderer vorzeitig zu besiegen, sei zu seinem Bedauern nicht aufgegangen. Er werde den Kampfverlauf auswerten und höhere Ziele in Angriff nehmen.

Alejandro Gonzalez beharrte darauf, daß ihm aufgrund seiner effektiveren Kampfesweise der Sieg gebühre. Der Referee habe bei den angeblichen Tiefschlägen überreagiert und seine regulären Angriffe zum Körper des Gegners falsch ausgelegt. Er halte sich an die Regeln und kämpfe sauber, weshalb er sehr enttäuscht über den Verlauf sei. Er halte Frampton für einen guten Boxer, doch sich selbst für den besten Gegner, mit dem der Weltmeister je im Ring gestanden habe. Deshalb verlange er eine Revanche, für die er gern in die Heimatstadt des Champions reisen würde.

Zu einem Rückkampf wird es jedoch kaum kommen, da sich Frampton kein zweites Mal diesem relativ unbekannten, aber offensichtlich gefährlichen Kontrahenten stellen dürfte. Statt dessen wird der Ire wohl versuchen, hochdotierte Kämpfe mit namhaften Gegnern wie Scott Quigg, Abner Mares, Leo Santa Cruz, Gary Russell jun., Nonito Donaire oder Guillermo Rigondeaux zu bekommen. Allerdings war sein Auftritt gegen Alejandro Gonzalez trotz des Erfolgs nicht gerade ein Empfehlungsschreiben. Der amtierende WBA-Weltmeister Scott Quigg machte jedenfalls eine wesentlich bessere Figur, als er am selben Abend Kiko Martinez bereits in der zweiten Runde besiegte.

*

Chris Arreola nur unentschieden gegen Fred Kassi

Dem US-amerikanischen Schwergewichtler Chris Arreola ist es nicht gelungen, sich mit einer überzeugenden Vorstellung für einen Titelkampf gegen WBC-Weltmeister Deontay Wilder zu empfehlen. Der Kalifornier trennte sich in El Paso nach zehn Runden unentschieden von Fred Kassi, den er als vermeintlich leichten Aufbaugegner ausgesucht hatte. Während ein Punktrichter 96:94 für Arreola notiert hatte, summierten sich die Zettel seiner beiden Kollegen jeweils auf 95:95. Während Chris Arreola nunmehr 36 Siege, vier Niederlagen und ein Unentschieden vorzuweisen hat, kann Kassi mit 18 gewonnenen und drei verlorenen Auftritten sowie einem unentschieden gewerteten Kampf aufwarten.

Verglichen mit seiner Niederlage gegen Bermane Stiverne im vergangenen Jahr ließ Arreola keine Verbesserung erkennen. Er boxte zwar fleißiger als sein Gegner, der jedoch die klareren Treffer ins Ziel brachte. Für einen Kandidaten, der bereits zweimal um die Weltmeisterschaft gekämpft hat und dies ein drittes Mal anstrebt, war dies eine enttäuschende Vorstellung.

Fred Kassi haderte hinterher damit, die Sensation so knapp verfehlt zu haben. Er habe doch Runde für Runde die Oberhand gewonnen, den Gegner vorbeischlagen lassen und sich als der bessere Boxer erwiesen. Er sei seit Jahren ein Fan Chris Arreolas und wolle dessen Qualitäten nicht Abrede stellen, so Kassi. Ihm sei es jedoch darum gegangen, aller Welt sein eigenes Können zu demonstrieren.

Chris Arreola sprach von einem harten Kampf und einem angemessenen Ergebnis. Fred Kassi sei gekommen, um zu gewinnen, und habe mit einer klugen Strategie geboxt. Er glaube nicht, sich durch dieses Unentschieden den Weg zum Titelkampf verbaut zu haben. Sollte es dazu kommen, werde er sich noch besser vorbereiten und in erstklassiger Verfassung antreten.

Nun liegt die Entscheidung bei Deontay Wilder und dessen Team, sich für oder gegen Chris Arreola zu entscheiden. Der Kampftermin am 26. September steht fest, und der Kalifornier wurde bereits als wahrscheinlicher Herausforderer genannt. Fred Kassi galt lediglich als Durchgangsstation, auf der sich Arreola in Schwung halten und mit einem klaren Sieg für den Titelkampf werben würde. Das wäre beinahe schiefgegangen, so daß sich die Verantwortlichen beim Sender Showtime nun ernsthaft Gedanken machen müssen, wie präsentabel der an sich sehr populäre Wilder zusammen mit diesem Gegner noch ist und welche Alternativen realisierbar wären.


Fußnote:

[1] http://www.boxingnews24.com/2015/07/frampton-vs-gonzalez-jr-early-results-from-el-paso-tx/#more-196416

21. Juli 2015


Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang