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MELDUNG/1798: Die Abschiedsvorstellung war ein finanzielles Debakel (SB)



Mayweather gegen Berto floppte im Bezahlfernsehen

Sollte der Sieg über Andre Berto am 12. September in Las Vegas tatsächlich Floyd Mayweathers Abschiedsvorstellung gewesen sein, hat er seine Karriere mit einem sportlich und finanziell enttäuschenden Abgesang beendet. Der bestverdienende Sportler weltweit und führende Boxer alle Gewichtsklassen hatte sich einen Gegner ausgesucht, der ihm nicht das Wasser reichen konnte, um auch in seinem 49. Profikampf problemlos ungeschlagen zu bleiben. Die Quote im Bezahlfernsehen war für seine Verhältnisse ein Desaster, wurden doch im günstigsten Fall lediglich 550.000 Buchungen erreicht, wobei einige Quellen sogar von nur 400.000 sprechen. Wenngleich die 4,6 Millionen bei seinem Kampf gegen Manny Pacquiao am 2. Mai ein außergewöhnlicher Spitzenwert waren, fand er ansonsten doch regelmäßig mehr als eine Million Abnehmer.

Der finanzielle Ertrag war der mit Abstand geringste im Rahmen des Vertrags über sechs Kämpfe, den Mayweather 2013 mit Showtime abgeschlossen hatte. So wenige zahlende Zuschauer wollten ihn zuletzt 2005 und 2006 bei seinen Duellen mit Arturo Gatti und Zab Judah sehen. Unter dem Strich dürfte der Kampf gegen Berto für den Sender ein Verlustgeschäft gewesen sein, da Mayweather 36 Millionen und der Herausforderer vier Millionen Dollar als Börse erhielt, wozu sich noch die erheblichen Kosten für das Vorprogramm und die Bewerbung der Veranstaltung gesellen. Rechnet man mit durchschnittlich 70 Dollar pro Buchung und 550.000 Abnehmern, summieren sich die Fernsehgelder auf dem heimischen Markt zu rund 38 Millionen Dollar. Da knapp die Hälfte dieser Einnahmen an die Provider der Kabel- und Satellitenübertragung geht, bleibt der Promotion ein Rest von weniger als 20 Millionen Dollar. Wenngleich noch die Einkünfte aus dem Verkauf der Eintrittskarten, den ausländischen Fernsehrechten und Sponsorengeldern positiv zu Buche schlagen, blieben doch die 13.395 Zuschauer im nicht ausverkauftem MGM Grand ebenfalls weit hinter den Erwartungen zurück.

Stephen Espinoza, Vizepräsident und Geschäftsführer von Showtime Sports, nannte keine konkreten Zahlen, stellte aber auch die 550.000 Buchungen nicht in Abrede. Er versuchte das magere Ergebnis mit der Deutung plausibel zu machen, Mayweather sei das Opfer seines eigenen Erfolgs. Nach den Rekordzahlen beim Kampf gegen Pacquiao könne es zwangsläufig nur bergab gehen. Wenngleich es natürlich nicht der bedeutendste Auftritt gewesen sei, habe man doch vier sehr unterhaltsame Kämpfe präsentiert und die historische Abschiedsvorstellung miterlebt. Alles in allem sei man daher mit der Veranstaltung sehr zufrieden.

Was die schwache Zuschauerzahl betrifft, führte Espinoza den Erklärungsversuch ins Feld, ein erheblicher Teil des Publikums wolle Mayweather endlich einmal verlieren sehen. Während man Manny Pacquiao am ehesten zugetraut habe, das zu schaffen, sei nach der klaren Niederlage des Philippiners die Spannung gewichen. Daher hätten viele Zuschauer Berto von vornherein abgeschrieben und die Übertragung gar nicht erst gebucht. Wie Espinoza jedoch einräumte, hätte ein gefährlicherer Herausforderer wie Amir Khan oder Keith Thurman sicher wesentlich mehr Fans interessiert.

Sieht man von dem jüngsten Fehlschlag ab, war die Zusammenarbeit von Showtime/CBS mit Floyd Mayweather eine Erfolgsgeschichte mit insgesamt mehr als 10 Millionen Buchungen und einem Umsatz von rund 800 Millionen Dollar. Die Kämpfe gegen Saul "Canelo" Alvarez im September 2013 und Manny Pacquiao im Mai 2015 brachen alle finanziellen Rekorde, so daß die Vertragspartner sehr zufrieden mit ihren Erträgen sein können. Natürlich hofft Espinoza, daß Mayweather noch nicht das letzte Wort gesprochen hat, was das Ende seiner Karriere betrifft. Er werde einige Zeit verstreichen lassen und dann sondieren, ob die Entscheidung unwiderruflich war. [1]

Andre Berto, der mit 4 Millionen Dollar die höchste Börse seiner Karriere einstreichen konnte, war im Unterschied zu Floyd Mayweather nicht an den Einkünften aus dem Bezahlfernsehen beteiligt, dessen schwaches Geschäft ihm deshalb auch nicht zum Nachteil gereicht. Aus Sicht des Herausforderers trägt Mayweather die alleinige Schuld an dem schlechten Ergebnis, da dessen vorangegangener Kampf gegen Pacquiao eine maßlose Enttäuschung gewesen sei. Die Zuschauer hätten im Frühjahr viel Geld für eine Veranstaltung bezahlt, die den in sie gesetzten Erwartungen nicht gerecht geworden sei. [2]

Obgleich Berto mit dieser Einschätzung nicht falsch liegt, sollte er doch den eigenen Anteil am schlechten finanziellen Ergebnis seines Kampfs gegen Mayweather nicht unter den Tisch fallen lassen. Er ist längst nicht mehr der gefährliche Boxer, der vor Jahren Weltmeister zweier Verbände im Weltergewicht geworden war. Nachdem er drei seiner letzten sechs Kämpfe verloren hatte, war von vornherein zu befürchten, daß Mayweather relativ leichtes Spiel mit ihm haben würde. Wenn Andre Berto seinem Gegner vorwirft, er sei ständig weggelaufen und nicht stehengeblieben, ist dies nicht zuletzt ein Armutszeugnis, was seine eigenen Fähigkeiten betrifft, einem beweglichen Kontrahenten den Weg abzuschneiden und ihn zu stellen.


Fußnoten:

[1] http://espn.go.com/boxing/story/_/id/13681951/floyd-mayweather-andre-berto-fight-disappoints-pay-per-view-sales

[2] http://www.boxingnews24.com/2015/09/berto-its-mayweathers-fault-ppv-numbers-were-low/#more-199302

19. September 2015


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