Schattenblick → INFOPOOL → SPORT → BOXEN


MELDUNG/1833: Aufgalopp an der Wolga (SB)



Alexander Powetkin setzt sich gegen Mariusz Wach durch

Der russische Schwergewichtler Alexander Powetkin hat in Kasan an der Wolga durch einen Sieg über den Polen Mariusz Wach den Silbergürtel des WBC erfolgreich verteidigt, den er als Pflichtherausforderer des Weltmeisters Deontay Wilder innehat. Der Kampf wurde in der zwölften Runde auf Anraten des Ringarztes abgebrochen, der eine Rißwunde über dem linken Auge des ansonsten uneingeschränkt mitboxenden Polen als zu gravierend einschätzte. Während für Powetkin damit 30 Siege und eine Niederlage zu Buche stehen, hat Wach 31 Auftritte gewonnen und zwei verloren, wobei sich beide Wladimir Klitschko geschlagen geben mußten.

Powetkin, der sich zur Vorbereitung auf den hochgewachsenen Wilder einen körperlich überlegenen Gegner ausgesucht hatte, löste diese selbstgewählte Aufgabe wie erwartet, wenngleich ohne Bravour. Der 2,02 Meter messende Pole ist 14 Zentimeter größer und etwa 13 Kilo schwerer als der 36jährige Russe, dessen Schläge angesichts der Massivität des ein Jahr jüngeren Kontrahenten weitgehend wirkungslos blieben. Wenngleich Powetkin den statisch agierenden Wach mit seinen schnellen Treffern an Kopf und Körper klar dominierte, vermochte er den Riesen doch in keiner Phase zu erschüttern. [1]

In der vierten Runde trug der Russe einen stark blutenden Cut über dem linken Auge davon, den seine Betreuer jedoch gut eindämmen konnten. Da der Pole in der Offensive wenig zu bieten hatte, konnte Powetkin in aller Ruhe Maß nehmen und sein ansehnliches Repertoire ausspielen. Es zeichnete sich jedoch deutlich ab, wie schlecht er mit Kontrahenten dieser Größe zurechtkommt, was ihm gegen den 2,01 Meter großen Wilder zum Verhängnis werden könnte. Der US-Amerikaner ist wegen seiner Schnelligkeit und enormen Schlagwirkung gefürchtet, weshalb er Powetkin vor ungleich größere Probleme als der unbewegliche Mariusz Wach stellen wird.

Der Pole verfügt über keinen guten Jab, was ihn jedoch nicht daran hinderte, dank seiner physischen Vorteile immer wieder Treffer ins Ziel zu bringen. Hingegen hielt er sich mit der rechten Schlaghand auffallend zurück, als fürchte er Konter oder Konditionsprobleme. Powetkin mußte dennoch stets auf der Hut sein, dem Gegner nicht in die Faust zu laufen. In der zweiten Hälfte des Kampfs fielen die Schläge des Russen schwächer und weniger präzise aus, als habe er sich an dem hoch aufragenden Gegner abgearbeitet. [2]

Um gegen Deontay Wilder zu bestehen, muß der Russe erheblich mehr aufbieten als im Falle Mariusz Wachs, zumal er sich gegenüber seiner Niederlage gegen Wladimir Klitschko vor zwei Jahren nicht entscheidend verbessert präsentieren konnte. Ursprünglich war der Titelkampf gegen den WBC-Champion für Anfang 2016 geplant, doch braucht Powetkins Rißwunde noch einige Zeit, um vollständig auszuheilen. Insofern kommt dem Russen die Entscheidung des Verbands entgegen, dem in 35 Kämpfen ungeschlagenen Wilder die dritte freiwillige Titelverteidigung am 16. Januar zu gestatten. Als mögliche Herausforderer sind derzeit Chris Arreola und Artur Szpilka im Gespräch, wobei der Pole bessere Aussichten haben dürfte.

Hätte Powetkin auf einen zwischenzeitlichen Kampf verzichtet, wäre er Anfang kommenden Jahres an die Reihe gekommen. Er ging jedoch das Risiko des kurzen Abstands zwischen den vorgesehenen Auftritten ein, was im Sinne der Vorbereitung durchaus sinnvoll, jedoch angesichts der Verletzungsgefahr sehr riskant war. Nun muß sich der Russe bis April oder Mai gedulden, ehe er als Außenseiter mit dem Weltmeister in den Ring steigen kann. Der Champion hat nahezu alle Vorteile auf seiner Seite, da er jünger, größer und schneller als Powetkin ist. Zudem mußte Wilder nur bei seinem Titelgewinn gegen Bermane Stiverne über die volle Distanz gehen, während er alle übrigen Auftritte vorzeitig gewonnen hat.

Noch ist natürlich nicht geklärt, wo der Kampf zwischen Wilder und Powetkin stattfinden wird. Sollte es zur Versteigerung der Austragungsrechte kommen, wird wohl wie seinerzeit bei der Herausforderung Klitschkos ein russischer Milliardär in der Bresche springen und ein nicht zu übertreffendes Höchstgebot abgeben. Das kann dem Weltmeister nur recht sein, da er als Titelverteidiger den Löwenanteil der Gesamtbörse einstreicht. Er müßte in diesem Fall dem Herausforderer das Heimrecht überlassen, was jedoch keinen wesentlichen Einfluß auf den Kampfverlauf haben dürfte. Wenngleich Wilders Popularität zu Hause in Alabama beispiellos ist, hat er doch längst unter Beweis gestellt, daß er auch andernorts kurzen Prozeß mit seinen Gegnern machen kann. [3]


Fußnoten:

[1] http://www.boxingnews24.com/2015/11/durodola-stops-kudryashov-live-results/#more-201408

[2] http://www.boxingnews24.com/2015/11/povetkin-stops-wach-but-not-impressive/#more-201425

[3] http://www.boxingnews24.com/2015/11/deontay-wilder-to-face-alexander-povetkin-in-april-or-may-2016/#more-201430

5. November 2015


Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang