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MELDUNG/2125: Gefeiert wird zu Hause in Irland (SB)



Jason Quigley setzt sich einstimmig gegen Glen Tapia durch

Der in Los Angeles lebende irische Mittelgewichtler Jason Quigley hat seine bislang härteste Bewährungsprobe erfolgreich bestanden. Bei der Premiere des neuen Formats "Golden Boy Boxing on ESPN" in Indio, Kalifornien, setzte er sich in einem turbulenten Kampf über zehn Runden einstimmig nach Punkten (100:90, 99:91, 98:92) gegen Glen Tapia durch. Das klar anmutende Ergebnis legt allerdings einen Verlauf nahe, der so eindeutig denn doch nicht war. Der 25jährige Ire, vor seiner Profikarriere ein herausragender Amateurboxer, ist damit in dreizehn Auftritten ungeschlagen, während für seinen zwei Jahre älteren Gegner aus New Jersey nunmehr 23 Siege und vier Niederlagen zu Buche stehen.

Glen Tapia hatte in seinen beiden vorangegangenen Kämpfen gegen Michel Soro im Mai 2015 und gegen den früheren IBF-Weltmeister im Mittelgewicht, David Lemieux aus Kanada, jeweils Niederlagen in der vierten Runde bezogen. Deshalb galt er als Boxer auf dem absteigenden Ast seiner Karriere. Auch gegen Quigley schien sich zunächst ein ähnlicher Verlauf abzuzeichnen, da Tapia in der letzten Minute der ersten Runde von einer Rechten zum Kinn schwer erschüttert wurde und beim Pausengong auf wackligen Beinen in seine Ecke taumelte. Auch in den beiden folgenden Durchgängen drang der Ire heftig und mit hoher Schlagfrequenz auf seinen Gegner ein, konnte ihn aber nicht zu Fall bringen.

Dann schien Quigley allmählich die Luft auszugehen, zumal ihn offenbar auch Zweifel beschlichen, weil Tapia selbst seine besten Treffer wegsteckte und seinerseits kräftig zurückschlug. In der vierten Runde bildete sich eine Schwellung an der linken Gesichtshälfte des Iren, der zudem unter dem Auge gezeichnet war. Allerdings sah sein Kontrahent in der Folge noch wesentlich schlimmer aus, dessen Gesicht nach einer Verletzung an der Nase und einer Rißwunde neben dem rechten Auge blutverschmiert war. Dessen ungeachtet machte Glen Tapia in der zweiten Hälfte des Kampfs eine immer bessere Figur und konnte etliche wuchtige Schläge ins Ziel bringen, während der Ire auf seine Beweglichkeit und den Jab setzte, dabei aber doch eine Menge einstecken mußte.

Nachdem sich Tapia in der fünften und sechsten Runde gut gehalten und des öfteren getroffen hatte, boxte Quigley von der siebten an konsequenter aus der Distanz. Dennoch konnte er sich den Gegner nur phasenweise vom Leib halten, bis auch Tapia im achten Durchgang sichtlich ermüdete und seltener schlug. Dennoch war die Ermahnung des Ringrichters unangebracht, er werde ihn aus dem Kampf nehmen, sofern er weiterhin so passiv agiere. Quigley hatte zwar in der Schlußphase zumeist die Oberhand, ohne jedoch regelrecht zu dominieren. Als Tapia nach der neunten Runde in seiner Ecke angespornt worden war, er könne nur noch durch einen Niederschlag gewinnen, trieb er Quigley im letzten Durchgang in die Seile und versuchte, das Blatt mit einem Volltreffer zu wenden, was ihm aber nicht mehr gelang.

Der Statistik von CompuBox zufolge hatte Quigley von 826 Schlägen 257 ins Ziel gebracht (31 Prozent), während Tapia bei 712 Versuchen 178 Treffer gelungen waren (25 Prozent). Insgesamt gesehen ging der Sieg des Iren in Ordnung, der einen harten Kampf zu seinen Gunsten entschieden hatte. Die im Vorfeld von ihm selbst und insbesondere seinem Promoter allenthalben zum Ausdruck gebrachte Erwartung, er sei die Zukunft des Mittelgewichts, bedarf nach diesem Auftritt allerdings einer Korrektur.

Quigley, der in diesem Kampf den Titel eines regionalen Verbands gewonnen hatte, teilte hinterher mit, daß er mit der Trophäe im Gepäck zuerst nach Irland reisen wolle, um im Kreise seiner Familie in Donegal zu feiern. Anschließend werde er zurück nach Los Angeles kommen, um dasselbe mit seinem Team nachzuholen. Dieser Erfolg sei erst der Anfang, dem viele weitere Gürtel folgen sollten.

Glen Tapia räumte unumwunden ein, daß dies nicht gerade seine allerbeste Vorstellung gewesen sei. Es sei ihm zwar gelungen, Druck zu machen und etliche gute Treffer ins Ziel zu bringen, doch habe er sich insgesamt schlapp und träge gefühlt und nicht einmal das umgesetzt, was im Trainingslager eingeübt worden sei. [1]

Da Jason Quigley erst dreizehn Kämpfe absolviert hat, ist es noch zu früh, um substantielle Aussagen über sein Können und seine Aussichten im Profigeschäft zu machen. Er wirkte an diesem Abend trotz seines Sieges nicht wie ein Boxer, dem man ohne weiteres einen Aufstieg bis in die höchsten Ränge des Mittelgewichts zutrauen würde. Der Ire schlug nicht besonders schnell und wirkungsvoll zu, wobei er selber recht leicht zu treffen war. Auf jeden Fall muß er sich noch erheblich verbessern, will er den führenden Akteuren dieses Limits nicht zur leichten Beute werden. Bei den Golden Boy Promotions muß man nun gründlich darüber nachdenken, auf welchen Weg Jason Quigley geführt werden soll. Er wäre zweifellos in der Lage, noch einige weniger bedeutende Gürtel einzusammeln. Legt man es aber darauf an, geradewegs einen Kampf um die Weltmeisterschaft anzustreben, dürfte es sehr schwer für den Iren werden.


Fußnoten:

[1] http://www.espn.com/boxing/story/_/id/18989399/jason-quigley-wins-decision-glen-tapia

[2] http://www.boxingnews24.com/2017/03/jason-quigley-vs-glen-tapia-results/#more-230886

25. März 2017


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