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MELDUNG/2126: Am Ende setzt sich wie immer Bob Arum durch (SB)



Manny Pacquiao willigt in Kampf gegen Jeff Horn ein

Zum Ausklang seiner außergewöhnlichen Karriere geht Manny Pacquiao seltsame Wege, die unübersehbar die eigenwillige Handschrift seines Promoters Bob Arum tragen. Die Geschäftsphilosophie des 84jährigen läuft im Kern darauf hinaus, die uneingeschränkte Kontrolle zu behalten, indem er vorzugsweise Boxer gegeneinander antreten läßt, die bei ihm unter Vertrag stehen. Das gilt auch für den legendären Philippiner, der Weltmeister in acht verschiedenen Gewichtsklassen geworfen ist und derzeit den WBO-Titel im Weltergewicht innehat. In seiner Laufbahn häufen sich Serien von zwei oder drei Duellen mit demselben Gegner, der - wie könnte es anders sein - ebenfalls unter Arums Regie seine Kreise zog oder immer noch zieht.

Anders wäre jedenfalls kaum zu erklären, wieso ein derart berühmter Akteur wie Pacquiao ausgerechnet gegen einen weithin unbekannten Kontrahenten wie Jeff Horn antritt. Der 28jährige Australier ist mit einer Bilanz von 16 Siegen und einem Unentschieden vergleichsweise neu im Geschäft, zumal gemessen an den 58 gewonnenen, sechs verlorenen und zwei unentschieden beendeten Auftritten des zehn Jahre älteren Philippiners. Arum war auf diesen Weltergewichtler im Vorprogramm einer Veranstaltung in Australien aufmerksam und wenig später sein Co-Promoter geworden.

Nach Angaben von Pacquiaos Berater Michael Koncz ist der Vertrag mit dem Management Jeff Horns so gut wie unterschriftsreif. Aller Voraussicht nach werde der Kampf am 2. Juli in dem 52.000 Zuschauer fassenden Suncorps Stadium in Brisbane über die Bühne gehen. Daß der Titelverteidiger und nach wie vor recht populäre Philippiner vor dem heimischen Publikum des als krassen Außenseiter gehandelten Horn antritt, ist ein weiterer merkwürdiger Aspekt dieses Kampfs. Aus Arums Perspektive macht es dennoch Sinn, kann er doch in Brisbane mit einem enormen Interesse der Zuschauerschaft rechnen, während sich dieser Auftritt in den USA kaum vermarkten ließe, da Jeff Horn dort ein völlig unbeschriebenes Blatt ist.

Bob Arum hatte Pacquiao eine inzwischen abgelaufene Frist gesetzt, sich für oder gegen Jeff Horn zu entscheiden. Wollte man von einem Druckmittel des Promoters sprechen, so war dies seine Warnung, daß der Philippiner im Falle einer Ablehnung wohl erst wieder im November in den Ring steigen werde. Für Manny Pacquiao gibt es in diesem Kampf nicht viel zu gewinnen, was er nicht schon längst im Übermaß hätte. Alle Welt rechnet mit seinem klaren Sieg, während bereits ein eher mühsam erkämpfter Erfolg in der öffentlichen Wahrnehmung einer halben Niederlage gleichkäme. Jeff Horn hingegen kann sich bei diesem Auftritt selbst dann verbessern, wenn er knapp verliert, dabei aber eine gute Figur macht. Sollte er wider Erwarten sogar die Oberhand behalten, käme das natürlich einer Sensation gleich, die seine Karriere regelrecht in den Himmel katapultieren würde.

Könnte Arum darauf verzichten, Pacquiao nur gegen einen seiner eigenen Boxer antreten zu lassen, wäre es vermutlich überhaupt kein Problem, einen namhaften Gegner für Juli zu finden. Beispielsweise hat Adrien Broner erst vor wenigen Tagen versichert, er würde sofort gegen den Philippiner kämpfen, sofern die Börse stimmt. Auch der Brite Amir Khan hatte sich zunächst interessiert gezeigt, dann aber offenbar abgewunken, weil ihm die Konditionen nicht zusagten. Dem Vernehmen nach war ein mit insgesamt 38 Millionen Dollar dotierter Kampf in den Vereinigten Arabischen Emiraten im Gespräch.

Als Pacquiao auf die Idee verfallen war, die Fans darüber abstimmen zu lassen, wen sie als seinen nächsten Gegner favorisierten, wurde dies wohl nicht zu Unrecht als eine Abneigung interpretiert, gegen Jeff Horn anzutreten. Der Australier landete denn auch unter den vier zur Auswahl vorgeschlagenen Kandidaten auf dem letzten Platz, während Khan der eindeutige Wunschgegner aus Sicht der Fangemeinde war, soweit sich diese an der Abstimmung in den sozialen Medien beteiligte. Außer den Landsleuten Jeff Horns und Bob Arum schien sich niemand so recht für diese Option begeistern zu können, die höchstwahrscheinlich dazu beitragen wird, den Stern Pacquiaos weiter sinken zu lassen.

Gemessen an früheren Jahren waren die Zahlen bei seinen letzten beiden Auftritten im Pay-TV bescheiden. Wenngleich das damit zusammenhängen könnte, daß der Philippiner allmählich in der Wahrnehmung des Boxpublikums verblaßt, spielt zweifellos die aktuelle Gegnerwahl eine maßgebliche Rolle bei dem schwindenden Interesse des Publikums. Daß ihn Bob Arum zum dritten Mal gegen Tim Bradley antreten ließ, machte schlichtweg keinen Sinn, da der Philippiner bereits in den ersten beiden Duellen eindeutig der bessere Boxer gewesen war. Auch Jesse Vargas, der in jüngerer Zeit klar gegen Bradley verloren hatte, war aus Sicht der Fans schon aus diesem Grund eine eher langweilige Wahl. Bradley und Vargas stehen natürlich bei Bob Arum unter Vertrag, der nun im Falle Jeff Horns zum dritten Mal in Folge dazu beiträgt, daß Pacquiaos Quote im US-amerikanischen Bezahlfernsehen sinkt. [1]

Warum Manny Pacquiao schließlich eingewilligt hat, gegen Jeff Horn anzutreten, ist in letzter Konsequenz unbekannt. Der Philippiner verhält sich loyal gegenüber Bob Arum, was an und für sich zu begrüßen ist. Dessen Strategie mutet insofern nachvollziehbar an, als er andernfalls längst von neuen Platzhirschen der Branche verschlungen oder ins Abseits gedrängt worden wäre. Der ungeachtet seiner Jahre in Verfolgung eigener Interessen noch immer wendige Promoter hält die Burgtore geschlossen und verteidigt sein Refugium, auf daß kein Rivale den Fuß in die Tür setzen kann. Ob Pacquiao klar war, wohin der Hase läuft, als er 2014 seine Karriere doch nicht beendete, sondern bei Top Rank verlängerte, weiß man natürlich nicht. Fast so sicher wie das Amen in der Kirche dürfte aber sein, daß sich der Philippiner, einen Sieg über Jeff Horn vorausgesetzt, im November mit Terence Crawford messen wird. Arum denkt nicht Traum daran, einem Konkurrenten Optionen auf Pacquiao zuzugestehen, was im Falle eines hochkarätigen Herausforderers, der bei einem anderen Promoter unter Vertrag steht, in den Vertragsverhandlungen unvermeidlich wäre. Mit Crawford aus dem eigenen Haus bliebe alles bei alten.


Fußnote:

[1] http://www.boxingnews24.com/2017/03/manny-pacquiao-fight-jeff-horn-july-2/#more-231391

31. März 2017


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