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MELDUNG/2173: Zwei Unterhaltungskünstler auf der Zielgeraden (SB)



Floyd Mayweather und Conor McGregor ziehen alle Register

Am 26. August tragen Floyd Mayweather jun. und Conor McGregor in der T-Mobile Arena in Las Vegas einen Kampf aus, der alle Umsatzrekorde brechen soll. Ob das tatsächlich der Fall sein wird, muß sich erst noch herausstellen. Mayweather, der in 49 Auftritten ungeschlagen ist, könnte mit einem weiteren Sieg den legendären Rocky Marciano übertrumpfen und sich allein an die Sitze der ewigen Bestenliste setzen. McGregor, gegenwärtig der populärste Akteur der Mixed Martial Arts, hat noch nie einen regulären Boxkampf bestritten. Dieses Mißverhältnis führte dazu, daß der Ire anfangs von Experten und Buchmachern als krasser Außenseiter eingeschätzt wurde. Das hat sich inzwischen aus verschiedenen Gründen geändert. Die beiden Unterhaltungskünstler haben ihr Talent zur vollen Entfaltung gebracht und die begierig lauschenden Medien mit einer Flut von Informationen und Desinformationen überschüttet, so daß niemand mehr mit Sicherheit sagen kann, was inszenierte Ausbrüche und was belegbare Tatsachen sind, aus denen sich fundierte Folgerungen ableiten ließen.

Wie Mayweather beteuert, setze er in diesem Kampf alles aufs Spiel: Zwanzig Jahre Dominanz, seine makellose Bilanz, eine unangefochtene Vorherrschaft, einfach alles. Das wirft natürlich die Frage auf, welches Risiko er eingeht, wenn er sich einen Boxnovizen aussucht. Wenngleich er zweifellos ein begnadeter Defensivkünstler und Konterboxer ist, beruhte sein anhaltender Erfolg doch zugleich auf der sorgsamen Auswahl der Gegner, die sich keineswegs durch besondere Risikobereitschaft, sondern im Gegenteil durch erlesenes Kalkül auszeichnete. Er ist wohlweislich nicht gegen Gennadi Golowkin angetreten, der sich bereiterklärte, zu diesem Zweck ins Weltergewicht herunterzukommen. Früher ist er Antonio Margarito, Kostia Chou, Paul Williams und Shawn Porter aus dem Weg gegangen, in jüngerer Zeit Keith Thurman und Errol Spence. Saul "Canelo" Alvarez war mit 22 Jahren noch zu jung, als ihn Mayweather besiegte, und Manny Pacquiao bereits 36 und verletzt, als er endlich seine Chance bekam.

Da Mayweather aus einer Boxerfamilie stammt, war für die sportliche Seite stets gesorgt. Er begann bereits mit fünf Jahren zu trainieren, nahm zu Amateurzeiten an Olympischen Spielen teil und wurde im Profilager Weltmeister in fünf verschiedenen Gewichtsklassen. Zugleich befriedete er die teils erbitterte Feindschaft zwischen seinem gleichnamigen Vater und seinem Onkel, die früher ebenfalls erfolgreiche Boxer waren und ihn wechselweise trainiert hatten. Die eigentliche Meisterleistung Floyd Mayweathers bestand darin, seine Vermarktung vollständig in die eigenen Hände zu nehmen und eine Führerschaft zu erlangen, in der er nahezu allein darüber bestimmen konnte, wem er die Gunst gewährte, sich mit ihm messen zu dürfen. Er stieg mit nur zwei Kämpfen pro Jahr zum weltweit bestverdienenden Sportler auf und sorgte zusammen mit Pacquiao für den mit Abstand größten Umsatz von schätzungsweise 500 Millionen Dollar, den die Branche je bei einem einzigen Auftritt erzielt hat.

Da die Eintrittspreise und Gebühren im Pay-TV astronomisch waren, der Kampf gegen den lädierten Philippiner jedoch enttäuschend einseitig und langweilig verlief, hatten Mayweather und in gewissem Maße auch Pacquiao samt ihrem unmittelbaren Umfeld gewonnen, der Rest der Branche und selbst die Sender HBO und Showtime aber tendenziell verloren. Die Zuschauer waren enttäuscht, die Buchungen brachen weg, und es dauerte lange, bis sich das Boxgeschäft von diesem Rückschlag erholt hatte. Eingedenk dieser Erfahrung steht nun zu befürchten, daß Floyd Mayweather denselben Streich, diesmal mit Hilfe Conor McGregors, abermals führen und sich danach geldzählend aus der Affäre ziehen könnte. [1]

Um diesen Argwohn zu beschwichtigen, betont Conor McGregor, wie intensiv er für diesen Kampf trainiere. Und da er einen Ruf als gefürchteter UFC-Kämpfer zu verlieren hat und zugleich für eine Sensation sorgen könnte, die seine Karriere in den Himmel katapultieren würde, muß man davon ausgehen, daß es ihm damit ernst ist. Wie Mayweather ist auch er beileibe kein bloßer Sprücheklopfer und Blender, sondern ein hart arbeitender Kämpfer und Unterhaltungsprofi. Er habe sein Training von maximal fünf Runden beim UFC auf zwölf Runden beim Boxen umgestellt und werde Mayweather unermüdlich treiben, bis dieser erschöpft und sturmreif geschossen sei. Dennoch rechne er nicht mit einem langen Kampf, da er viel härter zuschlagen könne und kurzen Prozeß machen wolle, so der Ire.

McGregor ist 29 Jahre alt und durchgängig aktiv, Mayweather ist bereits 40 und hat seine Karriere vor zwei Jahren beendet. Überdies haben sich die beiden auf die weniger gepolsterten 8-Unzen-Handschuhe geeinigt, was sofort dazu führte, daß der Ire bei den Buchmachern näher an Mayweather heranrückte. Auch die spärlichen Videosequenzen vom Sparring, die McGregors Camp freigegeben hatten, lassen darauf schließen, daß dieser tatsächlich einen Sturmlauf plant und unablässig auf den Gegner einschlagen will, wie er das auch im Oktagon zu tun pflegt. Der US-Amerikaner kämpft hingegen seit Jahren eher in mäßigem Tempo, klammert zwischendurch und boxt oftmals aus den Seilen, um Luft zu schöpfen. Gegen Marcos Maidana, Manny Pacquiao und zuletzt Andre Berto ließ er es ruhig angehen, nahm das Tempo aus dem Kampf und boxte die Gegner nach allen Regeln der Kunst aus. Er wird das wohl auch bei McGregor versuchen, doch stellt sich die Frage, ob der Ire darauf eingeht.

Dieser pflegt beim UFC ohne Rücksicht auf Gegentreffer auf seine Kontrahenten loszugehen, um sie niederzukämpfen. Mayweather hat zwar angekündigt, er werde diesmal offensiv boxen, um den Zuschauern etwas für ihr Geld zu bieten, doch ist kaum anzunehmen, daß er sich daran halten wird. Sein Metier sind Ausweichmanöver auf engstem Raum und schnelle Konterschläge, doch ist ungewiß, ob er dem Druck auf diese Weise Paroli bieten kann. Sein letzter vorzeitiger Sieg liegt schon Jahre zurück, so daß eher nicht zu erwarten ist, daß er den Iren niederschlagen kann. Im schlimmsten Fall erleidet Mayweather, der sich für einen besseren Boxer als Sugar Ray Robinson hält, das Debakel eines in die Jahre gekommenen Stars, der bei seinem Comeback nach längerer Pause Schiffbruch erleidet. [2]

Von solchen Prognosen will Floyd Mayweather sen. nichts wissen, der lapidar erklärt, sein Sohn habe sich genügend vorbereitet, um mit einem solchen Gegner fertigzuwerden. Er habe des öfteren gegen Linkshänder gekämpft und keinerlei Probleme damit. Auch die veröffentlichten Videoausschnitte vom Sparring des Iren mit Paulie Malignaggi, in denen McGregor einen sehr guten Eindruck macht und seinem Partner mit regulären boxerischen Mitteln böse zusetzt, beeindrucken den älteren Mayweather überhaupt nicht. Er habe lediglich zwei Leute gesehen, die beide nicht kämpfen könnten. Conor McGregor sei einfach nicht schnell genug und schlichtweg kein richtiger Boxer. Falls der Ire versuchen sollte, mit regelwidrigen Mitteln zu kämpfen, werde er ihn persönlich im Namen seines Sohnes verklagen. [3]

Ob unsaubere Aktionen des MMA-Kämpfers tatsächlich ein ernsthaftes Thema oder vielmehr ein weiterer Teil der Werbekampagne sind, weiß außer den Beteiligten niemand. Jedenfalls hat der jüngere Mayweather erst vor wenigen Tagen verkündet, daß McGregor 90 Prozent seiner Börse verlieren würde, sollte er sich unlauterer Mittel bedienen. So sei es vereinbart und im Kampfvertrag festgehalten worden. Sofern das zutrifft, wird sich der Ire sicher hüten, den größten Teil seiner Einkünfte durch irreguläre Aktionen aufs Spiel zu setzen. Zudem würde er damit auch einer möglichen Revanche und damit einem weiteren großen Zahltag, der ja nicht ganz ausgeschlossen ist, leichtfertig das Wasser abgraben. Floyd Mayweather jun. hat zwar betont, daß er nur diesen einen allerletzten Kampf bestreiten und sich dann endgültig aus dem aktiven Geschäft verabschieden werde. Da er aber bekanntlich immer das erzählt, was er gerade für opportun hält, und offen für jeden Sinneswandel ist, sollte man solche Aussagen nicht auf die Goldwaage legen.


Fußnoten:

[1] http://www.boxingnews24.com/2017/08/mayweather-says-legacy-line-mcgregor/#more-240777

[2] http://www.boxingnews24.com/2017/08/mayweather-vs-mcgregor-somebodys-0-got-go/

[3] http://www.boxingnews24.com/2017/08/mayweather-sr-says-will-sue-conor-mcgregor-fights-dirty/#more-240755

20. August 2017


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