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MELDUNG/2316: Leichtgewicht - ein tollkühnes Wagnis ... (SB)



Mikey Garcia nimmt Errol Spence aufs Korn

Mikey Garcia hat den IBF-Titel im Leichtgewicht niedergelegt, da er kein Interesse an dem vom Verband angeordneten Kampf gegen den Pflichtherausforderer Richard Commey hat. Statt dessen verfolgt er die Absicht, zwei Limits aufzusteigen und sich im Weltergewicht mit dem IBF-Champion Errol Spence zu messen. Da dieses attraktive Duell vom Sender Showtime im Pay-TV übertragen würde, stünde beiden Akteuren eine ansehnliche Börse in Aussicht, wobei der Sieger den Anspruch bekräftigen könnte, zu den besten Boxern der Branche zu gehören. Garcia bleibt weiter Weltmeister des WBC im Leichtgewicht, so daß ihm in jedem Fall offenstünde, in dieses Limit zurückzukehren und den Titel zu verteidigen. Man kann wohl davon ausgehen, daß er die Entscheidung je nach Ausgang des Kampfs gegen Spence treffen will.

Der in 39 Auftritten ungeschlagene Garcia ist inzwischen 30 Jahre alt und weiß, daß er im Leichtgewicht weder die erhoffte Reputation erlangen noch außergewöhnliche Einkünfte erzielen kann. Um vom breiteren Boxpublikum als namhafter Star wahrgenommen zu werden, muß er im Weltergewicht antreten, wo sich die Prominenz tummelt. Das Problem ist allerdings, daß der in 24 Kämpfen unbesiegte Errol Spence nicht nur als bester Akteur dieser Gewichtsklasse gilt, sondern nach Auffassung vieler Experten den körperlich unterlegenen Garcia regelrecht auseinandernehmen wird. Dessen ungeachtet sind Mikey wie auch sein Bruder und Trainer Robert Garcia davon überzeugt, Spence ausboxen zu können. [1]

Die beiden Lager hatten dem IBF vor einiger Zeit mitgeteilt, daß eine Einigung erzielt worden sei, worauf die bereits anberaumte Versteigerung der Austragungsrechte abgesagt wurde. Wie üblich setzte der Verband den Parteien eine zweiwöchige Frist, um die unterzeichneten Verträge vorzulegen. Während jedoch Commeys Promoter Lou DiBella dieser Aufforderung nachkam, galt das nicht für Garcias Team. Wie Mikey Garcia zur Begründung anführte, habe er den Titel niedergelegt, da die von der IBF gesetzte Frist zu kurz gewesen sei, um den Kampf gegen Commey gründlich auszuhandeln. Grundsätzlich habe er verschiedene Optionen, bevorzuge aber definitiv einen Kampf gegen Errol Spence. [2]

Nachdem Garcia den Gürtel der IBF zurückgegeben hatte, nominierte der Verband den nächstbesten verfügbaren Kandidaten, mit dem 31jährigen Richard Commey aus Ghana um den vakanten Titel zu kämpfen. Laut aktueller Rangliste ist das der an dritter Stelle aufgeführte 25 Jahre alte Russe Isa Tschanijew. Commey, der 27 Auftritte gewonnen und zwei verloren hat, mußte sich 2016 Denis Schafikow und Robert Easter in einem Titelkampf geschlagen geben. Zuletzt hat er mit Hedi Slimani, Alejandro Luna und Yardley Armenta Cruz drei wenig bekannte Gegner besiegt. Der Verband hat den beiden Lagern eine Frist bis 30. November gesetzt, sich über die Modalitäten des Kampfs zu einigen. Sollte bis dahin keine Übereinkunft erzielt werden, käme es zu einer Versteigerung.

Lou DiBella zeigte sich nicht sonderlich überrascht von der Entscheidung Garcias, den Titel niederzulegen. Daß Mikey verschiedene Pläne gewälzt habe, sei kein Geheimnis gewesen. Er werde nun daran arbeiten, den Kampf gegen Tschanijew sobald wie möglich auf die Beine zu stellen. Richard Commey wolle sich mit den besten Rivalen seiner Gewichtsklasse messen, doch da Garcia nun abgesprungen sei, werde er eben den Russen besiegen und neuer IBF-Weltmeister werden.

Im März war Mikey Garcia ins Halbweltergewicht aufgestiegen, um dort den amtierenden IBF-Champion Sergej Lipinets herauszufordern. Wenngleich dieser als schwächster Weltmeister der Gewichtsklasse galt, kostete es den Herausforderer einen überaus harten Kampf, um am Ende einstimmig nach Punkten die Oberhand zu behalten. Die Wertung fiel mit 116:111, 117:110 und 117:110 nach Auffassung diverser Fachleute zu deutlich zugunsten Garcias aus, dessen schwer gezeichnetes Gesicht von zahlreichen Treffern zeugte, die er auf dem Weg zum Erfolg eingesteckt hatte. Als der Verband wenig später eine Titelverteidigung gegen den Pflichtherausforderer Ivan Barantschik anordnete, legte Garcia den Titel im April nieder. Der in 19 Kämpfen ungeschlagene Russe galt als zäher und gefährlicher Kandidat, dem Garcia offenbar lieber aus dem Weg ging.

Statt dessen kehrte er in seine angestammte Gewichtsklasse zurück und nahm dort am 28. Juli in Los Angeles Robert Easter den IBF-Titel ab. Ging man zunächst davon aus, daß er im Leichtgewicht bleiben werde, um sich auch die beiden restlichen Gürtel zu sichern, zeichnet sich nun ab, daß er Errol Spence im Weltergewicht aufs Korn nimmt. Da Garcia keine näheren Einzelheiten preisgab, ist derzeit nicht bekannt, wie weit die Verhandlungen mit Spence gediehen sind. Weil aber beide Akteure bei dem Berater Al Haymon unter Vertrag stehen, sollte die Einigung nicht allzu schwierig sein, so daß es vermutlich im Februar oder März 2019 zu diesem Kampf kommen wird.

Nachdem Garcia bereits Weltmeister in vier verschiedenen Gewichtsklassen geworden ist, will er sich also einen Titel im fünften Limit sichern. Daß er dabei mit dem 28jährigen Errol Spence aus DeSoto in Texas auf Anhieb die härteste Nuß knacken möchte, ist ein denkbar kühnes, aber insofern nachvollziehbares Unterfangen, als es dabei um mehr als den Gürtel und eine hohe Börse geht. Wie sein Promoter Richard Schaefer von Ringstar Sports unterstreicht, haben beide Akteure Interesse an diesem Prestigeduell bekundet. Er habe mit Mikey ausführlich darüber gesprochen, auf dessen Wort man sich verlassen könne. Garcia sei stolz auf die Titel, die er bislang gewonnen habe. Wer jedoch wie er zu den besten Akteuren aller Gewichtsklassen gehöre, suche die größte Herausforderung und die spektakulärsten Kämpfe. Deshalb lege er sich auf Errol Spence fest. Hier träfen zwei namhafte Boxer auf dem Höhepunkt ihres Könnens zu einem der bedeutendsten Duelle aufeinander, die gegenwärtig möglich seien.

Wie Schaefer einräumt, stünden die Gespräche noch längst nicht vor dem Abschluß. Er werde sich mit Garcia und Al Haymon zusammensetzen, um eine Vereinbarung herbeizuführen, die für beide Seiten akzeptabel sei. Vieles sei in den laufenden Verhandlungen noch zu klären, doch Mikey Garcia habe mit dem Verzicht auf den IBF-Titel im Leichtgewicht ein substantielles Zeichen gesetzt, wie ernst es ihm sei. Er wolle Spence und keinen anderen. Also gelte es nun, intensiv an der Realisierung dieses Kampfs zu arbeiten, die man nicht übers Knie brechen könne.


Fußnoten:

[1] www.boxingnews24.com/2018/10/mikey-garcia-vacates-ibf-lightweight-title/

[2] tv5.espn.com/boxing/story/_/id/25130434/mikey-garcia-vacates-ibf-lightweight-title-eye-errol-spence-jr-fight-welterweight

31. Oktober 2018


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