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PROFI/468: Wladimir Klitschko macht kurzen Prozeß (SB)


Ray Austin bereits zu Anfang der zweiten Runde geschlagen


Die Rede war von der teuersten und zugleich kürzesten Boxnacht seit langem: In der ausverkauften Mannheimer SAP-Arena wollte Wladimir Klitschko kurzen Prozeß mit dem US-Amerikaner Ray Austin machen und seine Börse von 5 Millionen Euro im Schnelldurchgang verdienen. Er rate allen, genau hinzuschauen, da die Vorstellung womöglich ganz schnell vorbei sei, erklärte der IBF-Weltmeister im Schwergewicht. Notgedrungen kündigte auch der Herausforderer aus Cleveland eine kurze Show an, bei der er sich den Gürtel holen und dafür auch noch die mit einer Million Euro bislang höchste Gage seiner Karriere einstreichen werde.

Nur auf den ersten Blick schienen die Kontrahenten einander ebenbürtig zu sein. Während Klitschko bei einer Größe von genau 2 Metern 111,8 kg auf die Waage brachte, wog der nur einen Zentimeter kleinere "Rain Man" mit 112 kg praktisch genauso viel. Bei der Klasse könne der Herausforderer aber nicht mithalten, war sich Cutman Jacob Duran sicher. Zwischen den beiden Boxern lägen Welten.

Während Wladimir Klitschko aus einer Offiziersfamilie der ukrainischen Oberschicht stammt, saß Ray Austin insgesamt fünf Jahre wegen Autodiebstahl und Drogenhandel im Gefängnis und wurde erst mit 27 Jahren Profiboxer. Er war zwar als Nummer eins der IBF-Rangliste Pflichtherausforderer des Weltmeisters, doch gab sein 22. Rang in der unabhängigen Weltrangliste mit Boxern aller vier Verbände schon eher seine tatsächliche Rolle in der Schwergewichtsszene wieder. Beide Boxer hatten drei Niederlagen auf dem Konto, wobei Klitschko mit 47 Siegen und 42 K.o.-Erfolgen weit vor dem US-Amerikaner in Front lag, der 24 Siege, 16 Knockouts und vier Unentschieden vorzuweisen hatte, zuletzt eines gegen Sultan Ibragimow.

Trainiert von dem renommierten Emanuel Steward vermarktet sich der Ukrainer in der gemeinsam mit seinem Bruder Vitali geführten K2 Promotion selbst. Während Austins Trainer Stacy McKinley nicht zur Prominenz der Branche zählt, gilt dies umso mehr für Promoter und Manager der Herausforderers, sind es doch mit Don King und dessen Sohn Carl zwei ausgesprochene Reizfiguren des Boxgeschäfts.

Im April 2006 hatte Wladimir Klitschko mit einem überzeugenden Punktsieg über Chris Byrd zum dritten Mal in seiner elfjährigen Profikarriere einen Schwergewichtstitel erobert. Unter den vier konkurrierenden Champions ist er zu dem Boxer avanciert, der als profiliertester Akteur der Königsklasse gilt. Der in den USA maßgebende Pay-TV-Kanal HBO inszenierte im November 2006 die erste freiwillige Titelverteidigung Klitschkos in New York gegen Calvin Brock als richtungsweisendes Spektakel.

Der Kampf in Mannheim ist rasch erzählt. Nach einer ausgeglichenen ersten Runde, in der sich die Kontrahenten gegenseitig abtasteten, brachte Klitschko früh in der zweiten Runde mit seiner linken Führhand einen schweren Kopftreffer an, der Austin in die Seile taumeln ließ, wo die Linke des Ukrainers den zusammensackenden US-Amerikaner noch zweimal traf. Benommen lag der Herausforderer am Boden, dann versuchte er unsicher, noch einmal auf die Beine zu kommen, doch der Ringrichter brach den Kampf völlig zu Recht ab.

Damit bleibt Wladimir Klitschko IBF-Weltmeister im Schwergewicht, wobei ihm ein gewisses Unbehagen angesichts der allzu kurzen Darbietung ins Gesicht geschrieben stand. Indessen hat sich der 31- jährige Champion Ziele gesetzt, die weit über diesen einen Titel hinausreichen. Er will sich weitere Gürtel im Schwergewicht sichern und am liebsten Seite an Seite mit seinem Bruder Vitali ihren alten Traum wahrmachen, gemeinsam die Szene zu beherrschen. Nicht zuletzt aber möchte Wladimir Klitschko ein Weltmeister sein, zu dem alle bewundernd aufschauen. Doch bis dahin ist es noch ein weitere Weg, den der Ukrainer aller Voraussicht nach nie zuendegehen wird.

Die Gründung der eigenen Promotionfirma K2 war der Absicht geschuldet, im zwielichtigen Geschäft den Verlauf der Dinge besser im eigenen Sinne steuern zu können. Die angestrebte Unabhängigkeit hatte jedoch den Preis der Konfrontation mit den Haien der Branche, die den Neuankömmlingen alle erdenklichen Steine in den Weg legen. Fortwährend hat sich ihr Manager Bernd Bönte bemüht, große Duelle mit anderen Titelträgern anzubahnen, doch die Verhandlungen scheiterten jedesmal, sobald es um die Aufteilung der Börsen und die Übertragungsrechte ging.

11. März 2007