Schattenblick →INFOPOOL →SPORT → BOXEN

PROFI/472: Floyd Mayweather besiegt den Briten Ricky Hatton (SB)


"Kampf des Jahres" in Las Vegas endet in der zehnten Runde


Wer mit dem Kampfnamen "Pretty Boy" in den Ring steigt, muß schon ein guter Boxer sein, da er zwangsläufig jeden Gegner provoziert, ihm das schöne Gesicht zu demolieren. Ob Floyd Mayweather tatsächlich derzeit der beste Boxer aller Gewichtsklassen ist, wie US-amerikanische Experten behaupten, sei dahingestellt, ist doch dieser Superlativ letzten Endes eine reichlich fiktive Lobeshymne. Fest steht indessen, daß es auch dem Briten Ricky Hatton nicht gelungen ist, den 30 Jahre alten Superstar zu bezwingen, wobei man wissen muß, daß der äußerst robuste "Hitman" aus Manchester in 43 Kämpfen ungeschlagen war, als er im MGM Grand Garden von Las Vegas durch die Seile kletterte, um sich in dem schon vorab zum "Kampf des Jahres" hochstilisierten Duell mit Mayweather zu messen.

Am Rückhalt des Publikums lag es sicher nicht, daß sich der Herausforderer durch technischen K.o. in der zehnten Runde geschlagen geben mußte. Unter den 17.000 Zuschauern in der ausverkauften Arena feuerten angeblich nicht weniger als 10.000 Briten ihren Landsmann frenetisch an, und sollten es doch weniger gewesen sein, so übertönte ihr ohrenbetäubender Lärm mit Leichtigkeit die Anhänger des favorisierten Champions. Da die Zahlenangaben je nach Quelle beträchtlich schwanken, kann man nur mutmaßen, daß bis zu 20.000 englische Fans angereist waren, von denen viele mangels Eintrittskarte das Geschehen gegen eine Gebühr von 50 Dollar auf einer der Großleinwände verfolgen konnten, mit denen die Casinos einen zusätzlichen Reibach machten.

Floyd Mayweather ist seit 1998 in fünf Gewichtsklassen Weltmeister geworden, nun in 39 Profikämpfen ungeschlagen und bleibt Champion des WBC im Weltergewicht. Außerdem hat er wieder einmal seine Karriere für beendet erklärt und will künftig als Promoter für Furore sorgen: "Ich habe alles erreicht und bin an einem Punkt angekommen, an dem mich das Boxen langweilt." Zurückgetreten war er eigentlich bereits im Mai nach seinem Sieg über Oscar de la Hoya, doch eine Börse von elf Millionen Dollar (Ricky Hatton kassierte sechs Millionen) lockte ihn in den Ring zurück. Umstimmen könnte ihn vielleicht erneut Oscar de la Hoya, der den Beinamen "Golden Boy" völlig zu Recht trägt, da er alles, was er anfaßt, zu Geld macht. Das weiß natürlich auch Ricky Hatton, der im nächsten Sommer gegen ihn im Londoner Wembley-Stadion antreten möchte. Andererseits ist Mayweather seinem Landsmann noch eine Revanche schuldig, die sich spektakulär und lukrativ in Szene setzen ließe.

Floyd Mayweather, der sich schon mal in der imitierten goldenen Rüstung eines antiken Helden im Streitwagen zum Ring fahren läßt und auch sonst vor keiner Albernheit zurückschreckt, die das amerikanische Publikum so liebt, ist nach allem, was man weiß, kein Boxer, der nur dem Schein nach vor Arroganz platzt, weil das die Zuschauer auf die Palme bringt und das Geschäft ankurbelt. Wie man hört, soll er seine Sparringspartner nicht selten auf übelste Weise beschimpfen und im Privatleben ein höchst unsympathischer Zeitgenosse sein, der schon mehrfach angezeigt wurde, weil er Frauen geschlagen hatte, darunter auch die Mütter seiner insgesamt vier Kinder.

Will man ihn loben, muß man sich folglich auf sein Können im Ring konzentrieren, das man allerdings als überragend bezeichnen kann. Er ist ein Defensivkünstler und Konterboxer, der sich rühmt, auf jedes Problem eine Antwort zu finden. Sehr schnell und beweglich entzieht er sich dem Gegner immer wieder, wobei er es keineswegs beim leichtfüßigen Ausmanövrieren und Punkten bewenden läßt, sondern verheerend zuschlägt, wann immer sich die Gelegenheit bietet.

Wie gefährlich Ricky Hatton in Halbdistanz und Infight ist, war Mayweather nur zu bewußt, und so sah man ihm hinterher die Erleichterung deutlich an, dieses schwere Stück Arbeit erfolgreich über die Bühne gebracht zu haben. Diesmal habe er keine halben Sachen gemacht und von Anfang an voll mitgemischt, gab der strahlende Sieger rückblickend seine Taktik preis, mit der er dem Briten böse zugesetzt und ihm eine stark blutende Rißwunde über dem Auge verpaßt hatte. Die habe ihn aus dem Konzept gebracht, klagte der Brite. Hatton hatte die ersten Runden mit zahlreichen gefährliche Haken für sich entschieden, doch Mayweather kam ab dem vierten Durchgang immer besser mit ihm zurecht und schickte ihn in der zehnten mit einer Linken zu Boden. Der Brite wurde angezählt und kam noch einmal auf die Beine, doch bearbeitete ihn der Titelverteidiger nun mit so heftigen Kombinationen, daß der Ringrichter den Kampf abbrach.

11. Dezember 2007