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PROFI/479: Thompson stellte Klitschko vor beträchtliche Probleme (SB)


Wladimir Klitschko setzte sich erst in der elften Runde durch


Zum ersten Mal seit acht Jahren trat Schwergewichtsweltmeister Wladimir Klitschko wieder in seiner Wahlheimat Hamburg zu einem Kampf an. Als Gegner im Duell um seine Titel der Verbände IBF, WBO und IBO stieg Tony Thompson in den Ring. Der 36 Jahre alte Herausforderer aus den USA war mit guten Erinnerungen angereist, hatte er doch im Juli 2007 ebenfalls in der Color Line Arena Luan Krasniqi aus Rottweil durch technischen K.o. in der fünften Runde besiegt und sich damit das Vorrecht gesichert, gegen den WBO-Champion zu boxen.

Klitschko hatte sich den Gürtel der WBO Ende Februar im New Yorker Madison Square Garden geholt. Für seinen damaligen Punktsieg über Sultan Ibragimow bekam er in den USA jedoch schlechte Kritiken. Deshalb bot sich die Rückkehr nach Deutschland an, wo der Ukainer nach wie vor außerordentlich populär ist. Während der Weltmeister mit einer Bilanz von 50 Siegen aus 53 Kämpfen als hoher Favorit in den Kampf ging, galt Thompson trotz seiner 31 Siege in 32 Kämpfen nicht als gefährlicher Knockouter, weshalb die meisten Vorhersagen auf einen souveränen Sieg des Titelverteidigers gegen Mitte des Kampfes hinausliefen.

Mit lautem Applaus begrüßten die 12.000 Zuschauer, darunter jede Menge Prominenz aus Sport und Showgeschäft, den Weltmeister beim Einmarsch. "Ich verspreche euch, ich werde siegen", ließ dieser seine Fans unmittelbar vor dem Kampf per Videobotschaft wissen. Klitschko tat sich jedoch gegen seinen früheren Sparringspartner wesentlich schwerer als erwartet. In der ersten Runde gelangen ihm kaum Treffer, während Thompson immer wieder zu klammern und seinen Gegner in den Rückwärtsgang zu zwingen versuchte. Der Ukrainer hatte sichtlich Probleme mit dieser Taktik und zog sich bei einem Zusammenstoß mit den Köpfen in der zweiten Runde auch noch eine Platzwunde am rechten Auge zu, die ihn jedoch nicht allzu sehr behinderte. Er blieb geduldig, doch fand seine linke Führhand zu selten ihr Ziel und auch von der Rechten machte er viel zu wenig Gebrauch.

"Es wird schwer", hatte Fritz Sdunek vor dem Kampf gewarnt, und er sollte recht behalten. Klitschko hatte Mühe mit der kompakten Deckung seines Kontrahenten, der sich geschickt verteidigte und ihn nicht zur Entfaltung kommen ließ. "Geh näher ran", war immer wieder aus der Ecke des Ukrainers zu hören, der jedoch einen Sicherheitsabstand vorzog. Unterdessen störte Thompson mit Schlägen auf den Hosenbund und den Oberkörper, die Klitschko zwar nicht gefährlich wurden, aber doch immer wieder irritierten.

Der Ukrainer boxte über weite Strecken des Kampfes nicht variabel genug, wenngleich er doch die klareren und härteren Treffer setzte. Thompson stellte die ihm nachgesagten Nehmerqualitäten unter Beweis und ließ sich nicht erschüttern. So boxte Klitschko zwar im Laufe der Zeit einen Punktvorsprung heraus, doch gelang es ihm nicht, den Herausforderer wie angekündigt klar zu dominieren. Erst in der elften Runde ließen die Reflexe des US-Amerikaners nach, der nun kaum noch schlug und viele Treffer einstecken mußte. "Ich bin müde", rief er seinem Trainer zu. Klitschko nutzte diesen Augenblick und schickte seinen Gegner nach 1:38 Minuten der vorletzten Runde mit einer Rechten zu Boden.

"Ich freue mich wahnsinnig, der Kampf hat richtig Spaß gemacht. Es war aber ein hartes Stück Arbeit. Ich habe großen Respekt vor meinem Gegner", erklärte der Champion, der durch diesen technischen K.o. in seinem 54. Profikampf den 51. Sieg feierte. Er habe allerdings nicht erwartet, daß es so schwer werden würde. "Wladimir ist ein großer Champion, er war heute einfach besser", räumte Thompson nach seiner Niederlage unumwunden ein.

Nächster Gegner Wladimir Klitschkos soll Ende des Jahres der 27jährige Russe Alexander Powetkin werden. Der Olympiasieger von 2004 steht beim Berliner Promoter Wilfried Sauerland unter Vertrag und ist Pflichtherausforderer des Verbandes IBF. Er ist in 15 Kämpfen ungeschlagen und absolviert in der kommenden Woche einen Aufbaukampf gegen den US-Amerikaner Taurus Sykes.

Für Wladimir Klitschko sollte der Kampf in Hamburg von vornherein nur eine Durchgangsstation auf dem Weg zu weiteren spektakulären Kämpfen in den USA wie auch in Deutschland sein. Der Traum, den er und sein Bruder Vitali seit Beginn ihrer Karriere vor knapp zwölf Jahren hegen, rückt nach seinem Sieg näher. Gemeinsam wollen sie alle Gürtel der vier maßgeblichen Weltverbände in ihren Besitz bringen.

Vitali Klitschko, der 2005 wegen anhaltender Verletzungen als WBC-Weltmeister zurückgetreten war, wird voraussichtlich am 11. Oktober gegen den gebürtigen Nigerianer Samuel Peter um diesen Titel kämpfen. Um den Gürtel der WBA boxen Nikolai Walujew und John Ruiz, wobei der Sieger gegen Ruslan Tschagajew antreten muß, der wegen einer Verletzung den Titel nicht wie vorgesehen am 5. Juli verteidigen konnte.

13. Juli 2008