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PROFI/502: Felix Sturm hat leichtes Spiel mit Ronald Hearns (SB)



Herausforderer aus den USA in allen Belangen unterlegen

Weltmeister Felix Sturm hat den Titel des Superchampions der World Boxing Association (WBA) im Mittelgewicht erfolgreich verteidigt. Der 32jährige Leverkusener besiegte vor 7.000 Zuschauern in der Stuttgarter Porsche-Arena den gleichaltrigen Ronald Hearns aus den USA durch technischen K.o. in der siebten Runde. Der Herausforderer konnte dem legendären Ruf seines berühmten Vaters Thomas "Hitman" Hearns nicht gerecht werden, der einst Weltmeister in fünf Gewichtsklassen geworden war.

Der Leverkusener setzte seinen Gegner frühzeitig unter Druck und traf mit seiner linken Führhand fast nach Belieben. Wenngleich sich Hearns alle Mühe gab und häufig schlug, traf er doch zumeist nur die sichere Deckung des Weltmeisters. Das Bild klarer Dominanz des Titelverteidigers setzte sich Runde für Runde fort, so daß ein vorzeitiges Ende in der Luft lag. Im siebten Durchgang prasselten wiederum Trefferserien auf den Herausforderer ein, der nicht nur die fast ansatzlos geschlagene Führhand, sondern zunehmend auch die Rechte des Champions einstecken mußte. Nach einem weiteren Volltreffer der Schlaghand Sturms brach Ringrichter Raul Caiz den ungleichen Kampf ab, der durch technischen K.o. zugunsten des Leverkuseners gewertet wurde. Für Felix Sturm stehen nach diesem Erfolg 35 gewonnene und zwei verlorene Auftritte sowie ein Unentschieden zu Buche, wobei er 15 Gegner vorzeitig bezwungen hat. Ronald Hearns mußte in seinem 28. Profikampf die zweite Niederlage hinnehmen.

Der US-Amerikaner war zwar in guter körperlicher Verfassung und ging beherzt zu Werke, doch verfügte er weder über eine stabile Deckung noch über die erforderliche Schlagwirkung, um dem Weltmeister gefährlich werden zu können. Zudem hatte er sich bereits in der zweiten Runde einen Finger der linken Hand gebrochen. Sein Vater, der mit sorgenvoller Miene das Geschehen am Ring verfolgte, zeigte sich dennoch nicht enttäuscht und bilanzierte, daß sein Sohn alles gegeben habe.

Hearns, der in der WBA-Rangliste an zwölfter Stelle geführt wurde, konnte Felix Sturm nicht das Wasser reichen. Dies gab den Ruf nach einem Duell des Superchampions mit einem hochkarätigen Gegner neue Nahrung, dem der Weltmeister mit der Ankündigung entsprach, er werde in Kürze einen attraktiven Kampf anbieten. Er brachte den Namen Sebastian Zbik mit den Worten ins Spiel, ein Duell zweier deutscher Weltmeister habe es noch nie gegeben. Damit nahm der Leverkusener die vor wenigen Tagen geäußerte Einschätzung zurück, ein Kräftemessen mit dem Schweriner Konkurrenten aus dem Universum-Boxstall sei reizlos.

Eine Alternative wäre Sebastian Sylvester aus Greifswald, Champion der IBF im Mittelgewicht, der bei Sauerland Event unter Vertrag steht. Allerdings muß der Greifswalder seinen Titel zunächst gegen den australischen Pflichtherausforderer Daniel Geale verteidigen. Als weiterer möglicher Gegner deutscher Provenienz böte sich Robert Stieglitz aus dem Magdeburger SES-Boxstall an, der WBO-Champion im Supermittelgewicht ist. Da Stieglitz ebenfalls einen Vertrag mit dem Privatsender Sat.1 geschlossen hat, würde dies mögliche Verhandlungen mit Sturm wesentlich erleichtern. Im höheren Limit boxt auch Arthur Abraham, weshalb die Spekulation nicht ganz abwegig ist, es könne am Ende doch noch zu dem in der Vergangenheit immer wieder geforderten, aber nie realisierten innerdeutschen Duell der Superlative kommen.

Im Ausland wartet WBA-Weltmeister Gennadi Golowkin auf Felix Sturm, der auf einen Kampf gegen Felix Sturm drängt, um klare Verhältnisse bei diesem Verband zu schaffen. Der unbesiegte Kasache ist ein unbequemer Gegner, da er nicht nur über technische Qualitäten, sondern auch beträchtliche Schlagwirkung verfügt. Wie Golowkins Manager Maximilian Hermann erklärt, habe der Leverkusener schriftliche Anfragen ignoriert, da er offenbar Kontrahenten mit einer niedrigen K.o.-Quote vorziehe, die ihm nicht gefährlich werden können.

Sender Sat.1, der mit Sturm kürzlich eine Zusammenarbeit über drei weitere Kämpfe vereinbart hat, dürfte auf einen spektakuläreren Gegner als Ronald Hearns drängen, um die Quote zu verbessern. Den ersten Auftritt des Leverkuseners in Eigenregie gegen Giovanni Lorenzo aus der Dominikanischen hatten vor fünf Monaten 5,27 Millionen Zuschauer gesehen. Diesmal waren es 4,74 Millionen, womit Boxer und Sender nur dann zufrieden sein können, wenn dieses Ergebnis nicht den Beginn eines rückläufigen Trends markiert. Er bedanke sich bei Ronald Hearns für dessen großen Kampf, sagte Sat.1-Sportchef Sven Froberg, wobei er in Anspielung auf die Pausenwerbung unumwunden einräumte, daß man beim Sender über einen zu kurzen Kampf natürlich nicht froh gewesen wäre.

Sturms Devise, den Fokus der Veranstaltung nicht nur auf die boxerischen Aspekte zu legen, sondern in ein mehr oder minder prominentes Umfeld aus Sport und Showgeschäft einzubetten, unterstützt die Vermarktung. Daß sein Geschäft nicht ohne entsprechende Paukenschläge im Ring auskommt, ist dem Leverkusener zweifellos bewußt. Er hat gut daran getan, sich bei den ersten Schritten in Eigenregie nicht zu übernehmen. Nun kommt es auf eine wohldosierte Steigerung an, die das Publikum dauerhaft einbindet.

Wie der alte und neue Champion nach seinem Auftritt im Interview mit dem "Hamburger Abendblatt" versicherte, sei Ronald Hearns ein schwierigerer Gegner gewesen, als es aus der Perspektive der Zuschauer ausgesehen haben mochte. Der US-Amerikaner sei technisch versiert und habe es zumindest in der Anfangsphase verstanden, unter Einsatz seines Jabs die Distanz zu halten. Um den Widerstand des Herausforderers zu überwinden, sei es erforderlich gewesen, unablässig Druck zu machen, bis Hearns nicht mehr Schritt halten konnte und Treffer der Schlaghand zulassen mußte. Allerdings sei es dem Amerikaner gelungen, in der fünften Runde einen schmerzhaften Körpertreffer anzubringen, den zu verdauen einen guten Boxer ausmache. In der Folge sei er um so mehr auf der Hut gewesen, da man niemals alle Schläge vermeiden könne, so der Leverkusener. Hearns sei ein starker Gegner gewesen, der aus diesem Kampf lernen und einen großen Schritt nach vorn machen werde.

Was seine eigenen Zukunftspläne betreffe, sei er im März 2010 von der WBA zum Superchampion ernannt worden und habe von diesem Zeitpunkt an gerechnet 21 Monate Zeit bis zur ersten Pflichtverteidigung. Davon abgesehen genieße ein Kampf gegen den Weltmeister eines anderen Verbands zur Vereinigung der Titel ohnehin Vorrang. Da man ihm in der Vergangenheit manches in den Mund und in den Medien breitgetreten habe, was nicht seinen Aussagen entsprach, werde er ab sofort keine öffentlichen Ankündigungen mehr machen und über Verträge erst dann reden, wenn sie unterschrieben sind.

Ein Kampf gegen Sebastian Zbik würde seines Erachtens in Deutschland Geschichte schreiben. Er wäre überdies ein Gelegenheit für die Universum Box-Promotion, wieder Fuß zu fassen. Die Frage, ob es eine Genugtuung für ihn wäre, seinen ehemaligen Promoter als Gastgeber in Köln und bei Sat.1 zu empfangen, verneinte Sturm. Er denke nicht in Kategorien von Genugtuung oder Rache, sondern sei der Überzeugung, daß dies einfach ein toller Kampf wäre.

20. Februar 2011