Schattenblick →INFOPOOL →SPORT → BOXEN

PROFI/514: Mühelos fertigt Wladimir Klitschko den Franzosen Jean-Marc Mormeck ab (SB)



Chancenloser Herausforderer in der vierten Runde am Ende

In einem höchst einseitigen Kampf hat Wladimir Klitschko seine Titel im Schwergewicht gegen den überforderten Franzosen Jean-Marc Mormeck erfolgreich verteidigt. Vor 50.000 Zuschauern im ausverkauften Düsseldorfer Fußballstadion und im Schnitt 12,26 Millionen beim übertragenden Sender RTL gewann der 35jährige Ukrainer durch K.o. nach 1:12 Minuten der vierten Runde und feierte damit den 50. vorzeitigen Sieg seiner Karriere. Während für den Weltmeister der Verbände IBF und IBO sowie Superchampion der WBO und WBA nunmehr 57 Siege und drei Niederlagen zu Buche stehen, hat der vier Jahre ältere Herausforderer 36 Auftritte gewonnen und fünf verloren.

Wie zu befürchten war, gelang es dem 17 Zentimeter kleineren und 13 Kilo leichteren Herausforderer nicht, Klitschko auch nur ansatzweise gefährlich zu werden. Angesichts seiner wesentlich geringeren Reichweite suchte der Franzose zwangsläufig den Infight, doch hielt ihn Klitschko mit seinem Jab weitgehend auf Abstand. Kam Mormeck seinem Gegner dennoch einmal nahe, lehnte sich dieser sofort auf ihn, wogegen der Herausforderer kein Mittel fand. Bereits im zweiten Durchgang lag der Franzose nach einer rechten Geraden des Weltmeister erstmals auf den Brettern, doch kam er rechtzeitig wieder auf die Beine und rettete sich gegen den nachsetzenden Klitschko über die verbliebene Minute in die Pause.

Auch in der dritten Runde fand Mormeck kaum die passende Distanz, um seinerseits Treffer anzubringen. Im Gewühl traf ihn ein linker Haken des Champions, worauf der Franzose erneut zu Boden ging. Ringrichter Luis Pabon wertete jedoch keinen Niederschlag, da sich Klitschko aufgelehnt und von oben nachgedrückt hatte. Vom Referee wie auch seinem Trainer Emanuel Steward in der Pause ermahnt, den übertriebenen Clinch zu unterlassen, besann sich Wladimir Klitschko im vierten Durchgang wieder auf seine boxerischen Fertigkeiten und schickte den Franzosen mit einer spektakulären Links-Rechts-Links-Kombination ein drittes Mal auf die Matte. Mormeck wirkte schwer angeschlagen und brauchte so viel Zeit zum Aufstehen, daß ihn der Ringrichter aus dem Kampf nahm.

Wie Wladimir Klitschko im anschließenden Interview mit dem Kölner Privatsender Bilanz zog, sei er seit 15 Jahren im Geschäft und habe sein Versprechen gehalten, gegen Mormeck den 50. K.o.-Sieg zu erzielen. Der Franzose habe versucht, ihn müde zu machen, und alles gegeben, um der erste Schwergewichtsweltmeister seines Landes zu werden. Er selbst habe sich jedoch gut auf den Kampf eingestellt und diesen klar dominiert. Sein älterer Bruder Vitali freute sich natürlich über die Leistung Wladimirs und dessen vorzeitigen Sieg. Er dankte allen Zuschauern, die gekommen waren, um seinen Bruder zu unterstützen.

Jean-Marc Mormeck zeigte sich angesichts der frühzeitigen Niederlage zwangsläufig enttäuscht und merkte selbstkritisch an, daß es ihm nicht gelungen sei, aus Klitschkos Linie zu gehen, der ihn immer wieder gestellt habe. Nach dem ersten Niederschlag sei er angeschlagen gewesen und aus dem Rhythmus gekommen, zumal die Treffer bei dem Gewichtsunterschied natürlich mit enormer Wucht einschlügen. Seines Erachtens hätte der Ringrichter häufiger einschreiten und Klitschkos fortgesetztes Auflehnen unterbinden sollen. Nach dem letzten Niederschlag sei er noch voll da gewesen, weshalb der Abbruch im falschen Augenblick erfolgt sei.

Indessen war es mit Rücksicht auf die Gesundheit des klar unterlegenen Herausforderers nur zu begrüßen, daß der Referee das ungleiche Duell nicht über Gebühr weiterlaufen ließ. Wie die Zahlen des Statistikdienstes Compubox belegen, hatte man einen der einseitigsten Titelkämpfe im Schwergewicht seit Jahren erlebt. Der Franzose brachte bei 39 Versuchen nur drei Treffer ins Ziel, was unterstreicht, daß er in der Tat einer der schwächsten Gegner Wladimir Klitschkos war. "Das war eine Hinrichtung ohne sportlichen Wert", urteilte der ehemalige Europameister Luan Krasniqi sarkastisch.

Wenngleich man dem Ukrainer nun vorhält, er suche sich zu leichte Aufgaben aus, drängt sich die Gegenfrage auf, wer noch als angemessener Herausforderer übrigbleibt. Der Russe Alexander Powetkin enttäuschte bei seinem Punktsieg gegen Marco Huck, der Brite Dereck Chisora ist vorerst gesperrt. Chris Arreola, den Vitali Klitschko bereits besiegt hat, will noch einige Aufbaukämpfe bestreiten, ehe er sich an Wladimir Klitschko heranwagt. Dasselbe gilt für den Briten Tyson Fury und Denis Boitsow aus dem Hamburger Universum-Boxstall. Sauerlands Finne Robert Helenius ist seit Dezember verletzt, der US-Amerikaner Seth Mitchell muß sich erst vor heimischem Publikum einen Namen machen.

Jean-Marc Mormeck, der David Haye vor Jahren im Cruisergewicht sogar am Boden hatte, war noch am ehesten vermarktbar. Klitschko, der zuletzt im Juli 2011 im Ring gestanden hatte, benötigte Ringpraxis, um sich für die kommenden Herausforderer zu rüsten. Die Zuschauer in der überdachten Düsseldorfer Arena waren augenscheinlich zufrieden, enthielten sie sich doch aller Mißfallenskundgebungen und feierten statt dessen den seit April 2004 ungeschlagenen Weltmeister. Im Juli könnte eine Pflichtverteidigung beim Verband IBF gegen Tony Thompson über die Bühne gehen. Den 40jährigen US-Amerikaner hat Wladimir Klitschko allerdings schon 2008 vorzeitig besiegt.

4. März 2012