Schattenblick →INFOPOOL →SPORT → BOXEN

PROFI/521: Arthur Abraham entthront Robert Stieglitz als WBO-Champion (SB)




Berliner nun auch im Supermittelgewicht Weltmeister

Arthur Abraham ist im dritten Anlauf Weltmeister im Supermittelgewicht geworden. Vor 10.000 Zuschauern in der Berliner o2 World besiegte der 32jährige Lokalmatador den amtierenden WBO-Champion Robert Stieglitz einstimmig und verdient nach Punkten (116:112, 116:112, 115:113). Das Ergebnis überrascht insofern, als viele Experten entweder einen vorzeitigen Sieg des Herausforderers oder einen Punktsieg des Titelverteidigers prognostiziert hatten. Während der Berliner seine Bilanz auf 35 Siege und drei Niederlagen verbessern konnte, stehen für seinen Gegner aus Magdeburg nun 42 gewonnene und drei verlorene Auftritte zu Buche.

Im Dezember 2005 war Abraham durch einen Sieg über Kingsley Ikeke IBF-Weltmeister im Mittelgewicht geworden. Im Juni 2009 verteidigte er diesen Titel zum letzten Mal und stieg ungeschlagen ins Supermittelgewicht auf, wo er im Rahmen des Super-Six-Turniers für Furore sorgen wollte. Im ersten Kampf setzte er sich verheißungsvoll durch einen spektakulären Knockout in der zwölften Runde gegen den in die Jahre gekommenen Ex-Weltmeister Jermaine Taylor durch. Danach ging es jedoch steil bergab, da der Berliner gegen Andre Dirrell, Carl Froch und Andre Ward verlor. Er folgten zwei Aufbaukämpfe gegen wenig bekannte Gegner, die ihn in eine günstige Position für einen Titelkampf manövrierten. Nach den Absagen zweier anderer Kandidaten war Abraham Pflichtherausforderer der WBO und hat nun seine Chance gegen Stieglitz genutzt.

Hatte Abraham in der Vergangenheit anfangs zumeist phlegmatisch geboxt und seinem Gegner die Initiative überlassen, so begann er diesmal ungewöhnlich aktiv und sicherte sich mit einigen guten Szenen die Auftaktrunde. Der zweite Durchgang ging an Stieglitz, der mit mehreren Serien den besseren Eindruck hinterließ, und dieses Bild setzte sich auch in der nächsten Runde fort. Dann fing sich der Champion jedoch einen linken Haken und einen rechten Cross ein, worauf er leicht angeschlagen wirkte. Er erholte sich zwar wieder, doch sicherte sich Abraham den fünften Durchgang mit einigen Treffern kurz vor der Pause.

Auch in der Folge fanden die Schläge des Berliners des öfteren ihr Ziel, so daß das Gesicht des Magdeburgers anzuschwellen begann. Abraham riskierte in Runde sieben einen Schlagabtausch, mußte dabei aber zwei Treffer einstecken. Der Berliner gab inzwischen den Ton an, ließ sich auf die Deckung schlagen, um dann weitere Treffer zu landen. Von der zehnten Runde an blutete Stieglitz aus einer Rißwunde über dem rechten Auge, konnte aber den Kampf fortsetzen. Deutlich gezeichnet und offenbar konditionell mitgenommen konnte der Magdeburger in der Schlußphase keine Akzente setzen, während Abraham kein Risiko mehr einging und den Sieg sicher nach Hause boxte.

"Ich will, daß du dich an das hier erinnerst!", rief der neue Weltmeister seinem Trainer triumphierend zu. Später sagte er im Interview mit der ARD, dies sei "ein sehr, sehr emotionaler Moment". Er sei sehr glücklich, da er sein Ziel erreicht habe. Er habe hart trainiert, alles gegeben und schlau geboxt. Dank der besseren Taktik habe er sich durchgesetzt. Robert sei ein guter Mensch, Boxer und Weltmeister. Abschließend bedankte sich Abraham bei seinem Team und allen Fans.

Das habe er sich nicht so vorgestellt, das sei nicht sein Kampf gewesen, zog Stieglitz enttäuscht Bilanz. Er habe taktisch alles falsch gemacht und zu passiv geboxt. Zudem habe er von der siebten Runde an zu wenig gesehen, doch solle das keine Ausrede sein. Alles sei schiefgelaufen. Er hoffe auf jeden Fall auf einen Rückkampf und stehe dafür bereit.

"Wenn er das vergeigt hätte, hätte ich auch keinen Rat mehr gewußt", sagte Ulli Wegner. "Wenn Arthur sein Leistungsvermögen abruft, gehört er zur absoluten Weltspitze. Wir haben wieder einen würdigen Weltmeister." Alles andere wäre eine Katastrophe gewesen, so der Trainer Abrahams. Bei diesem Kampf habe sehr viel auf dem Spiel gestanden. Er ziehe aber auch den Hut davor, wie sich Stieglitz aus der Affäre gezogen habe. Arthur habe die taktische Linie durchgehalten, das sei das Entscheidende gewesen.

Promoter Wilfried Sauerland konstatierte zufrieden, daß Arthur nun zurück sei und man auf viele schöne Kämpfe hoffen dürfe. Er sei sehr glücklich und freue sich für Abraham und seinen Trainer. Zunächst werde man einen Kampf gegen einen anderen Gegner bestreiten, danach könne man durchaus über eine Revanche sprechen.

Man habe tollen Sport und gutes Boxen gesehen, sagte Promoter Ulf Steinforth. Der Kampf habe gehalten, was man angekündigt habe. Abraham habe die Nase vorn gehabt, während es einfach nicht Roberts Tag gewesen sei. Auf einen möglichen Rückkampf angesprochen meinte der SES-Chef: "Ich denke, das würde noch einmal spannend sein." Der Rückkampf sei vertraglich vereinbart, und es wäre unsinnig, sich wieder hinten anzustellen.

Wilfried Sauerland möchte, daß Abraham im nächsten Schritt gegen Felix Sturm antritt, der seinerseits vor wenigen Tagen Interesse bekundet hatte. Allerdings boxt der Kölner eine Gewichtsklasse niedriger, hat einen Vertrag mit einem anderen Fernsehsender und ist mit Sicherheit kein preiswerter Gegner. Ein Kampf gegen Sturm sei ein Problem der Finanzen und der Sender, doch werde man Felix Sturm in Kürze ein Angebot machen, kündigte Sauerland an.

26. August 2012