Errol Spence braucht nur sechs Runden für Leonard Bundu

Der aufstrebende Weltergewichtler Errol Spence hat sich im neuen Amphitheater in Coney Island gegen Leonard Bundu durchgesetzt und damit seine Chance auf den Titelgewinn im Weltergewicht beim Verband IBF gewahrt. In einem Ausscheidungskampf, dessen Sieger nächster Pflichtherausforderer des Weltmeisters Kell Brook aus England geworden ist, behielt der 26jährige in der sechsten Runde die Oberhand gegen den 41 Jahre alten Leonard Bundu. Während Spence damit in 21 Auftritten ungeschlagen ist, stehen für seinen Kontrahenten aus Italien nun 33 Siege, zwei Niederlagen sowie zwei Unentschieden zu Buche.

Wie Errol Spence angekündigt hatte, wolle er den Kampf, der am Sonntagnachmittag vor mehr als 3700 Zuschauern unter freiem Himmel ausgetragen wurde, nicht nur gewinnen, sondern dabei auch eine eindrucksvolle Vorstellung geben. Da sein Auftritt vom Sender NBC unmittelbar nach der Übertragung des Basketball-Finales zwischen der US-amerikanischen und der serbischen Mannschaft bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro ausgestrahlt wurde, verfolgte ihn ein Millionenpublikum, was beim Boxen in den USA höchst ungewöhnlich ist. Auf diese Weise katapultierte sich Spence regelrecht in den Fokus der Aufmerksamkeit eines breiteren Publikums, was ihm auf seinem weiteren Karriereweg zweifellos zustatten kommen wird.

Spence, der für das US-Team an den Olympischen Spielen 2012 in London teilgenommen hatte und 2015 von ESPN.com als Nachwuchstalent des Jahres ausgezeichnet worden war, gewann auf den Zetteln der Punktrichter sämtliche Runden. Allerdings brauchte der Rechtsausleger aus Desoto, einem Vorort der Metropole Dallas, einige Zeit, um voll in Fahrt zu kommen und auf ein vorzeitiges Ende zu drängen. Sein Gegner, der bei den Sommerspielen 2000 in Sydney für Italien angetreten war und als amtierender Europameister in Coney Island kämpfte, ging zwar aggressiv zu Werke, konnte aber nur wenige nennenswerte Treffer landen.

Der Favorit diktierte vor allem mit seinem ausgezeichneten Jab wie auch mit Schlägen zum Körper das Geschehen und brachte in der vierten Runde seinen ersten Wirkungstreffer ins Ziel, bei dem Bundus Mundschutz in hohem Bogen herausflog. Der Italiener mußte auch im folgenden Durchgang wuchtige Schläge verkraften und in der sechsten Runde nach einem Uppercut erstmals zu Boden gehen. Ringrichter Johnny Callas, der in diesem Augenblick hinter ihm stand, mißdeutete die Aktion als Ausrutscher und wertete sie nicht als Niederschlag. Nachdem Bundu wieder auf die Beine gekommen war, konnte der Kampf fortgesetzt werden, doch legte Spence wenig später mit einem erneuten Uppercut, gefolgt von einer Rechten zum Kinn, nach, die den Italiener erneut niederstürzen ließ. Bundu blieb halbwegs unter den Ringseilen liegen und wurde nach 2:06 Minuten des Durchgangs ausgezählt.

Wie der Sieger in einer ersten Stellungnahme erklärte, habe er vor diesem großartigen Publikum vor Ort und den Zuschauern bei NBC einen Niederschlag angestrebt. Wenngleich in der ersten und zweite Runde noch nicht alles rund gelaufen sei, habe er danach seinen Rhythmus gefunden und bis zum Ende gegen Bundu durchgesetzt, der daraufhin chancenlos gewesen sei. Der unterlegene Italiener räumte unumwunden ein, daß Spence die in ihn gesetzten Erwartungen voll und ganz erfülle. Er habe in jeder Runde frisch gewirkt, hervorragend gekämpft und jederzeit die Kontrolle behalten.

Kell Brook tritt am 10. September in London zwei Limits höher im Mittelgewicht gegen Gennadi Golowkin an. Sollte er wie erwartet verlieren, könnte er ins Weltergewicht zurückkehren und seinen Titel gegen Errol Spence verteidigen. Da der Brite derzeit jedoch schwerer als der Kasache ist, rechnet man im Grunde nicht damit, daß er noch einmal in seiner alten Gewichtsklasse antritt. In diesem Fall würde der IBF-Titel vakant und Spence gegen einen anderen Kandidaten aus der Rangliste um den Gürtel kämpfen.

Spence, dessen Börse von 250.000 Dollar die mageren 30.000 Dollar des Italieners bei weitem übertraf, hat nun acht Kämpfe in Folge vorzeitig gewonnen, die letzten beiden in spektakulärer Manier. Vor vier Monaten hatte er den früheren Weltmeister Chris Algieri nach insgesamt drei Niederschlägen schließlich in der fünften Runde besiegt. Auch sein damaliger Auftritt fand in Brooklyn statt und wurde von NBC zur besten Sendezeit kostenlos übertragen. [1]

Mit seiner überzeugenden Vorstellung hat Spence seinen Anspruch bekräftigt, der Elite im Weltergewicht anzugehören. Der amtierende WBA-Weltmeister Keith Thurman hatte vor zwei Jahren zwölf Runden gebraucht, um Bundu nach Punkten zu besiegen, der ihm zwischenzeitlich etliche heftige Treffer versetzen konnte. Demgegenüber blieb Spence unbeschadet und wurde viel schneller mit dem Italiener fertig. Promoter Lou DiBella bezeichnete Errol Spence als kompletten Boxer, der keine Schwächen mehr erkennen lasse. Er habe einen robusten Gegner wie Bundu, der noch nie vorzeitig verloren hatte, geschlagen auf die Bretter geschickt. [2]

In jedem Fall hat Spence gute Aussichten, sich den IBF-Titel zu sichern. Sollte Kell Brook eine verheerende Niederlage gegen Golowkin beziehen, wäre dies ein schwerer Schlag für seine Gesamtverfassung und Selbsteinschätzung. Eine Rückkehr des Briten ins Weltergewicht würde sich auf jeden Fall lange hinziehen, da er sehr viel Gewicht loswerden müßte. Ansonsten ist unter den Top-15 der IBF-Rangliste außer Andre Berto and Lamont Peterson kein Gegner in Sicht, der Spence gefährlich werden könnte. [3] Dieser ist inzwischen so hoch einzuschätzen, daß er jedem Rivalen gewachsen sein dürfte. Man kann wohl davon ausgehen, daß Kell Brook, Keith Thurman, Danny Garcia, Shawn Porter und Timothy Bradley die Übertragung des Kampfs im Amphitheater mit Argusaugen und nicht ohne Unbehagen verfolgt haben oder dies schleunigst nachholen werden, ist ihnen doch in Errol Spence endgültig ein Widersacher erwachsen, der ihnen in absehbarer Zeit den Rang abzulaufen droht.