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PROFI/693: Leichtgewicht - Trophäen ohne Ende ... (SB)



Wassyl Lomatschenko nimmt Jose Pedraza den WBO-Titel ab

Wassyl Lomatschenko hat sich nach dem WBA-Titel im Leichtgewicht nun auch den Gürtel der WBO gesichert. Der 30jährige Ukrainer setzte sich vor 5312 Zuschauern im ausverkauften Hulu Theater des Madison Square Garden einstimmig nach Punkten gegen den ein Jahr jüngeren Puertoricaner Jose Pedraza durch (119:107, 117:109, 117:109). Lomatschenko baute seine Bilanz auf 12 Siege und eine Niederlage aus, während für seinen Gegner nunmehr 25 gewonnene und zwei verlorene Auftritte zu Buche stehen. Der zweifache Olympiasieger aus der Ukraine war bereits Weltmeister im Feder- und Superfedergewicht. In seiner Profikarriere hatte er diverse Rekorde aufgestellt, aber noch nie mehrere Titel einer Gewichtsklasse zusammengeführt, was ihm nun gelungen ist. Er zählt zweifellos zu den Ausnahmeerscheinungen der Branche und den besten Akteuren aller Gewichtsklassen. [1]

Daß erhebliche Teile der Zuschauerschaft den Kampf in New York als recht langweilig empfanden, lag vor allem daran, daß beide Boxer über lange Strecken ihre technischen und taktischen Fertigkeiten ausspielten und selten zum offenen Schlagabtausch übergingen. Zugunsten Lomatschenkos ist anzuführen, daß er nach einer Operation an der Schulter erstmals wieder im Ring stand und somit gute Gründe hatte, mit Bedacht zu Werke zu gehen. Nach einem langsamen Auftakt brachte der in der Rechtsauslage boxende Ukrainer gegen Ende der ersten Runde eine Linke zum Kopf und einen Schlag zum Körper durch. Er ging auch im folgenden Durchgang fleißig zu Werke, was gleichermaßen für Pedraza galt, der jedoch fast nur Löcher in Luft schlug. Als ihn Lomatschenko in der dritten Runde ins Stolpern gebracht hatte, wechselte der Puertoricaner die Auslage, was dem Gegner jedoch keinerlei Probleme bereitete. Als es der Ukrainer dann im fünften Durchgang etwas ruhiger angehen ließ, nutzte der Puertoricaner die Gelegenheit, seine beste Vorstellung in diesem Kampf abzuliefern.

Danach dominierte Lomatschenko wieder das Geschehen und setzte insbesondere in der achten Runde Akzente, indem er aus allen erdenklichen Vektoren schlug, während sein Gegner sichtlich frustriert den Rückwärtsgang einlegte. Dieses Bild setzte sich fort, bis Pedraza im zehnten Durchgang mit Kombinationen durchkam und einen Körpertreffer landen konnte, der dem Ukrainer sichtlich Respekt abnötigte. Wie um zu zeigen, wer Herr des Geschehens war, kam Lomatschenko zur elften Runde sehr schnell aus seiner Ecke, traf Pedraza mit der Linken und deckte ihn mit weiteren Schlägen ein, bis der Puertoricaner nach einem Körpertreffer auf ein Knie gehen mußte. Pedraza kam wieder hoch, doch er klammerte nicht, um sich zu erholen, was dem Ukrainer Gelegenheit gab, abermals über ihn herzufallen, bis ein zweiter Niederschlag für eine kurze Unterbrechung sorgte. Wie durch ein Wunder rettete sich der Puertoricaner in die Pause und überstand auch noch die zwölfte Runde, obgleich ihm Lomatschenko unentwegt zusetzte.

Laut der Statistik von CompuBox hatte der Ukrainer 240 von 738 Schlägen ins Ziel gebracht (33 Prozent), während der Puertoricaner bei 931 Versuchen lediglich 111 Treffer erzielen konnte (12 Prozent). Die Kontrahenten hatten einander ein von der Taktik geprägtes Gefecht geliefert, in dem Lomatschenko ohne Frage die besseren Karten hatte. Das war zu erwarten, wenngleich man sich doch häufigere Offensiven gewünscht hätte. Man kann aber davon ausgehen, daß der Ukrainer, dessen Schulter der Belastungsprobe standhielt, künftig wieder spektakulärer zu Werke gehen wird. [2]

Er hatte sich die Verletzung am 12. Mai ebenfalls im Madison Square Garden zugezogen, als er Jorge Linares in der zehnten Runde besiegte und ihm den WBA-Titel im Leichtgewicht abnahm. Nach überstandener Operation und einer anschließenden Rekonvaleszenz stand einem Auftritt aus ärztlicher Sicht nichts im Wege. Wie Lomatschenko nach seinem aktuellen Kampf bestätigte, sei er vollkommen wiederhergestellt und habe keinerlei Probleme mit der Schulter gehabt. Pedraza sei ein erfahrener Veteran, der seine Sache sehr gut gemacht habe. Er zolle ihm und seinem Team Respekt. Nun freue er sich, die Titel vereinigt und damit sein nächstes Ziel erreicht zu haben. Der Puertoricaner zeigte sich zufrieden mit der eigenen Leistung, habe er doch einem der weltbesten Akteure zwölf Runden lang standgehalten. Darauf könne er stolz sein.

Promoter Bob Arum, bei dem beide Boxer unter Vertrag stehen, sprach von einer sehr guten Darbietung des Ukrainers nach dessen Verletzung und der Zwangspause. Daß er unter diesen Umständen einige Zeit gebraucht habe, um auf Touren zu kommen, sei nur zu verständlich. Wie er schon vor dem Kampf prognostiziert habe, sei Pedraza dank seiner technisch ausgereiften Kampfesweise nicht so leicht zu besiegen. Der Puertoricaner sei klug zu Werke gegangen und habe mutig geboxt. Deshalb habe er ihm hinterher versichert, daß er ungeachtet der Niederlage weitere bedeutende Kämpfe bekommen werde.

Wassyl Lomatschenko wird im nächsten Jahr höchstwahrscheinlich Gelegenheit bekommen, sich einen dritten Gürtel im Leichtgewicht zu sichern. Richard Commey aus Ghana und der Russe Isa Tschanijew kämpfen voraussichtlich am 2. Februar um einen vakanten Titel, worauf der Ukrainer den Sieger herausfordern könnte. Eine weitere Option wäre laut Arum der Mexikaner Miguel Berchelt, der Weltmeister im Superfedergewicht ist und Interesse bekundet hat, eine Gewichtsklasse aufzusteigen und Lomatschenko herauszufordern. Dem steht der Sinn natürlich vor allem nach Mikey Garcia, der ebenfalls einen Titel im Leichtgewicht innehat und seinerseits als einer der besten Akteure des aktuellen Boxsports gehandelt wird. Garcia steigt jedoch ins Weltergewicht auf, wo er sich am 16. März mit dem IBF-Weltmeister Errol Spence messen will. Aus diesem Grund gilt es als sehr unwahrscheinlich, daß Garcia und Lomatschenko in naher Zukunft aufeinandertreffen werden, zumal sie mit verschieden Sendern zusammenarbeiten. Wassyl Lomatschenko gibt sich dennoch optimistisch und schließt nicht aus, daß es 2019 zu diesem Kampf kommen könnte, in dem die Vorherrschaft in der Gewichtsregion geklärt würde und natürlich eine Menge Geld zu verdienen wäre.


Fußnoten:

[1] www.espn.com/boxing/story/_/id/25488476/vasiliy-lomachenko-decisions-jose-pedraza

[2] www.boxingnews24.com/2018/12/vasyl-lomachenko-decisions-jose-pedraza-results/

10. Dezember 2018


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