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TIERHALTUNG/712: Kein Murks zum Ende der betäubungslosen Ferkelkastration (TSB)


Pressemitteilung des Deutschen Tierschutzbundes - 25. Oktober 2017

Kein Murks zum Ende der betäubungslosen Ferkelkastration

Die Kastration mit örtlicher Betäubung geht erneut zu Lasten der Tiere


Sechs Tierschutzorganisationen warnen vor einem falschen Weg bei der Wahl der Alternativen zur betäubungslosen Ferkelkastration. Aus Tierschutzgründen lehnen sie die von Landwirtschaftsminister Christian Schmidt und der Fleischwirtschaft gepriesene Kastration mit Lokalanästhesie durch den Landwirt ab. Um das Verbot der betäubungslosen Ferkelkastration, das am 1. Januar 2019 in Kraft tritt, umzusetzen, gibt es bessere Möglichkeiten als den sogenannten »Vierten Weg«. Die örtliche Betäubung ist keine Lösung im Sinne der Tiere. Das Ziel sollte sein, möglichst ohne Eingriffe am Tier auszukommen, so die Sicht der Tierschutzorganisationen Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt, Bundesverband Tierschutz, Bund gegen Missbrauch der Tiere, Deutscher Tierschutzbund, PROVIEH und VIER PFOTEN.

Wenn ein grausames Verfahren wie die betäubungslose Kastration der Ferkel endlich abgeschafft wird, darf dieses nicht durch eine andere schmerzhafte Prozedur ersetzt werden, fordern die Tierschutzorganisationen. Der jetzt angepeilte vierte Weg geht erneut auf Kosten der Tiere. Da muss unbedingt gegengesteuert werden. Zuvor hatten bereits die Bundestierärztekammer, die Tierärzte für verantwortbare Landwirtschaft und die Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz vor der lokalen Anästhesie zur Kastration gewarnt.

Bei der Kastration unter örtlicher Betäubung ohne Tierarzt besteht das Risiko, das Medikament falsch zu injizieren. Eine Fehlinjektion verursacht dem Tier nicht nur erhebliche Schmerzen, sondern kann schlimme, womöglich tödliche Folgen haben. Ohnehin sind Stress und Belastung für die Tiere durch die Fixierung und mehrfachen Injektionen mit den Wirkstoffen Procain oder Lidocain hoch. Auch eine richtig gesetzte Injektion der Lokalanästhetika in Hoden oder Samenstrang ist sehr schmerzhaft, zumal das Medikament Lidocain das Gewebe reizt. Und Procain, der einzige derzeit für Schweine zugelassene Wirkstoff zur lokalen Betäubung, schaltet den Schmerz nicht immer ausreichend aus. Dann bliebe sogar die Kastration selbst ein schmerzhafter Eingriff.

Die Tierschutzorganisationen ziehen Alternativen vor, die keine oder nur geringe Eingriffe beim Tier erfordern wie die Ebermast. Hierfür müssen die Haltungsbedingungen an die Tiere angepasst werden. Das bedeutet: mehr Platz sowie mehr Möglichkeiten für die Schweine, sich zu beschäftigen. Als Alternative zur Kastration bietet sich bei der Ebermast die Gabe des Impfstoffs Improvac an, der die Geschlechtsreife unterdrückt (Immunokastration) und so einen möglichen Ebergeruch des Fleischs verhindert.

Zur betäubungslosen Kastration gibt es noch weitere Alternativen, die seit mehreren Jahren genutzt werden. Auch sie haben Nachteile, die aber bei weitem nicht so schwer wiegen wie die von Schmidt und der Fleischlobby angestrebte Lokalanästhesie: Eine Kastration mit Inhalationsnarkose (Isofluran) und Schmerzausschaltung ermöglicht unter fachkundiger Anwendung einen für die Tiere vergleichsweise stressarmen Eingriff sowie ein schnelles Aufwachen. Für ältere Ferkel ist auch die Injektionsnarkose eine Alternative, sofern sie der Tierarzt vornimmt.


Die ausführliche Position »Alternativen zur betäubungslosen Ferkelkastration« des Bündnisses für Tierschutzpolitik als PDF zum Herunterladen finden Sie unter:
https://albert-schweitzer-stiftung.de/wp-content/uploads/Positionspapier-Ferkelkastration-des-Buendnis-fuer-Tierschutzpolitik.pdf

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Quelle:
Pressemitteilung des Deutschen Tierschutzbundes e.V.
vom 25. Oktober 2017
Herausgeber: Deutscher Tierschutzbund e.V., Bundesgeschäftsstelle
In der Raste 10, D-53129 Bonn
Telefon: +49-(0)228-6049624, Fax: +49-(0)228-6049641
E-Mail: presse@tierschutzbund.de
Internet: www.tierschutzbund.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 26. Oktober 2017

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