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INITIATIVE/406: Neue Kampagne - "Nein zu Wegwerfkuh und Wegwerfkalb!" (PROVIEH)


PROVIEH MAGAZIN - Ausgabe 2/2015
Magazin des Vereins gegen tierquälerische Massentierhaltung e.V.

Neue Kampagne von PROVIEH

Von Kathrin Kofent und Stefanie Pöpken


PROKUH - "Nein zu Wegwerfkuh und Wegwerfkalb!"

In der heutigen Milchviehhaltung ist das Schicksal von Milchkühen und deren Kälbern oft von Stress und Tragik geprägt: Hochleistungs-Milchkühe, die bei Fütterung mit besonders energiereichem Futter besonders viel Milch geben, werden zu schnell verschlissen und dann vorschnell beim Schlachter "entsorgt". Werden Kühe hochträchtig geschlachtet, müssen die Ungeborenen im Mutterleib ersticken. Kommen Kälber von Milchkühen lebend auf die Welt und sind männlich sind, dann sind sie meistens unerwünscht, weil sich ihre Aufzucht oder ihr Verkauf wirtschaftlich nicht lohnen. In manchen Ländern werden sie deshalb unverzüglich nach der Geburt getötet. In Deutschland ist das nicht erlaubt, aber wie lange noch? Rechtzeitig also müssen ethisch und wirtschaftlich tragbare Lösungen für die Probleme der Milchviehhaltung gesucht und am Markt durchgesetzt werden. Das ist das Ziel unserer neuen Kampagne PROKUH.


Auftaktveranstaltung zur Kampagne PROKUH

Die neue Kampagne startete PROVIEH am 25. April 2015 in Kiel unter der Überschrift "Tag der Kuh". Die Veranstaltung fand im Kinosaal in der "Pumpe" statt und lockte derart viele interessierte Verbraucher, Landwirte und Journalisten an, dass der Platz nicht für alle reichte. Das Programm begann mit dem Dokumentarfilm "Vom Glück der Kühe" des bekannten Produzenten, Autors und Regisseurs Bertram Verhaag. Im Film wurden Landwirte, Züchter und Wissenschaftler gezeigt, die für eine Milchrinderzucht kämpfen, die auf hohe Lebensleistung statt auf Hochleistung zielt. Den Grund für die neue Zuchtrichtung stellte die Journalistin und Autorin Tanja Busse mit ihrem neuen Buch "Die Wegwerfkuh" vor (siehe auch Interview im PROVIEH Magazin 1/2015). Die "Wegwerfkuh" sei eine Hochleistungs-Milchkuh, die als fleißiges "Milchkraftwerk" viel zu früh von Gesundheitsproblem geplagt und dann "weggeworfen" werde.

In der anschließenden Podiumsdiskussion diskutierten Minister Robert Habeck, Tanja Busse, Vizepräsident des Bauernverbandes Schleswig- Holstein Peter Lüschow, Bio-Landwirt und Autor Matthias Stührwoldt sowie Udo Hansen, Vorstandsmitglied von PROVIEH und das Publikum angeregt über Probleme in der heutigen Milchwirtschaft und wie man sie lösen könnte.

Matthias Stührwoldt hält 70 Milchkühe und produziert in Eigenverantwortung für den regionalen Markt. Er bedauert, nicht alle seine Bio-Kälber auf dem eigenen Betrieb großziehen zu können. Volker Kwade (2. Vorsitzender bei PROVIEH) sah einen Lösungsweg für dieses Problem: Landwirte mit genug hofeigenem Grünland könnten die Bullkälber von Milchbauern mästen, und wenn die Zeit zwischen zwei Kalbungen verlängert werde, tue das der Gesundheit einer Kuh und ihren Kälbern gut. Nötig sei allerdings, dass die Bevölkerung der Milch und anderen Lebensmitteln mehr Wertschätzung entgegenbringe. Die Motivation hierfür könne durch den Zusammenschluss von Bio-Höfen gestärkt werden, die gemeinsam für den regionalen Markt produzieren. Minister Habeck wies in eine ähnliche Richtung: Konventionelle Milchbauern könnten viele ihrer Probleme durch mehr Wohl für ihre Tiere lösen. Das koste zwar, erhöhe aber auch die Gewinnspanne für die produzierte Milch. Die Regierung könne diesen Prozess auf dreierlei Weise fördern:

1) Ordnungsrechtlich könne beispielsweise mehr Platz für die Tiere eingefordert werden.

2) Durch finanzielle Anreize könnten zum Beispiel Weidegang und tiergerechte Stallungen, finanziell gefördert werden.

3) Den Verbrauchern müssten klare, leicht verständliche Produkt-Informationen geboten werden, damit sie wissen, dass sie mit einem höheren Milchpreis auch einen Beitrag für mehr Tierwohl leisten.

Aus dem Publikum kam auch der Vorschlag, Überschuss-Probleme der Milchwirtschaft durch stärkere Orientierung auf den Weltmarkt zu lösen. Dieser Vorschlag wurde seitens PROVIEH und zahlreicher Teilnehmer mehrheitlich aus nachvollziehbaren Gründen abgelehnt. Im Anschluss an die offizielle Diskussion tauschten sich die Teilnehmer und Gäste noch lange angeregt aus.

Fazit: PROVIEH hat mit seiner Veranstaltung einen wichtigen Nerv der Zeit getroffen. Wegen der guten Resonanz werden wir die Veranstaltung an weiteren Standorten wiederholen.

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Quelle:
PROVIEH MAGAZIN - Ausgabe 2/2015, Seite 6-8
Herausgeber: PROVIEH - Verein gegen
tierquälerische Massentierhaltung e.V.
Küterstraße 7-9, 24103 Kiel
Telefon: 0431/248 28-0
Telefax: 0431/248 28-29
E-Mail: info@provieh.de
Internet: www.provieh.de
 
PROVIEH erscheint viermal jährlich.
Schutzgebühr: 2 Euro


veröffentlicht im Schattenblick zum 28. August 2015

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