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JUSTIZ/189: Verantwortliche des Stierkampfes verurteilt (TIER-ABC)


TIER-ABC - Ausgabe Nr. 1/2008
Nachrichten über Natur, Mensch und Tier

Internationaler Gerichtshof für Tierrechte
Verantwortliche des Stierkampfes verurteilt

Von Thilo Raiskup


Unter Vorsitz von Franz Weber und einer internationalen Jury fand am 23. Juni 2008 vor dem Internationalen Gerichtshof für Tierrechte in Genf eine Verhandlung gegen Stierkampf statt. Dazu waren Delegierte zahlreicher Tierschutzorganisationen aus der Schweiz, Deutschland, England, Belgien, Griechenland, Italien, Serbien, den Niederlanden und aus den drei europäischen Ländern Spanien, Frankreich und Portugal, in denen noch immer Stierkämpfe stattfinden, angereist.

Beim Thema Stierkampf denken viele Menschen nur an Spanien, doch in Europa gibt es dieses tierquälerische Spektakel auch noch in Südfrankreich und Portugal. Auf der Liste der Angeklagten standen deshalb der Präsident und der Premierminister von Frankreich, der Regierungspräsident von Spanien, der ehemalige Präsident von Portugal und der Präsident der Europäischen Kommission. Angeklagt, weil sie laut Caroline Lanty, "die Praxis der Corrida tolerieren und unterstützen, die bei der Mehrheit der Mitbürger als einer zivilisierten Nation unwürdig gilt", und zulassen, dass Verbrechen gegen das Leben der Tiere begangen werden und dass die Quälerei als öffentliche Unterhaltung akzeptiert wird. Es werde die Gesetzgebung verletzt, indem die Organisatoren von Stierkämpfen amnestiert würden. Zudem werde das Geld der Steuerzahler durch die Unterstützung der Stierkampftätigkeiten verschwendet. Weitere Anklagepunkte waren, dass Jugendliche dazu angeregt würden, Akte der Grausamkeit gegen Tiere zu begehen und Stierkampfschulen toleriert und subventioniert werden, in denen man Kindern und Jugendlichen beibringt, kein Mitgefühl und Erbarmen zu haben. Zudem werde das Publikum ermutigt, an der Tötung von Tieren Gefallen zu finden. Neben den Politikern wurden der Nationalverband der Stierkampfschulen, die Staatliche Vereinigung der Kampfstierzüchter, die Nationale Vereinigung der Organisatoren und Förderer von Stierkampfveranstaltungen sowie die Berufsvereinigung der Stierkämpfer angeklagt.

Die Anklage wurde von Vertretern spanischer, französischer und portugiesischer Tierschutzorganisationen detailiert erläutert. Untermauert wurden die Vorwürfe, z.B. "warum der Stier beim Stierkampf leidet", durch einen veterinär-technischen Bericht von einem Tierarzt des Veterinär-medizinischen Kollegiums von Madrid. Eindrucksvoll war auch die Rede von Antonio Moreno, eines "Ex-Aficionado" (Stierkampf-Fan) der erläuterte, wie er von seinen Eltern dazu ermuntert wurde, Stierkampf zu lieben und erst nach vielen Jahren wieder davon loskam.


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Forderungen des Gerichtshofes:

Der Gerichtshof fordert von den Gesetzgebern der beschuldigten Länder, der Meinung der großen Mehrheit ihrer Mitbürgerinnen und Mitbürger Rechnung zu tragen, die den Stierkampf als eine barbarische, einer zivilisierten Nation unwürdige Praxis betrachten.

Er fordert von ihnen, in kürzester Frist alle jene Stierkampfspiele abzuschaffen, die Belästigung, Quälerei und Tötung beinhalten.


Urteil in der Sache der Stierkämpfe

Gegen die führenden Politiker Frankreichs, kommt der Gerichtshof zu der Entscheidung, dass der Präsident und der Premierminister der Republik Frankreich, die Herren Nicolas Sarkozy und François Fillon, schuldig sind,

zu Akten der Grausamkeit gegenüber Tieren Beihilfe zu leisten;
ihrer Aufgabe, für den Schutz der Jugend zu sorgen, nicht nachzukommen, indem sie die Stierkampfpropaganda in den französischen Schulen unterstützen und tolerieren, dass kleine Kinder zu Stierkampfveranstaltungen zugelassen werden,
die Abschaffung des Stierkampfes in Frankreich zu verhindern.

Gegen den Präsidenten der spanischen Regierung und gegen die vier Berufsverbände des spanischen Stierkampfs kommt der Gerichtshof zu der Entscheidung, dass Herr José-Luis Rodriguez Zapatero, Präsident der spanischen Regierung, schuldig ist,

zu Akten der Grausamkeit gegenüber Tieren Beihilfe zu leisten;
das Quälen und Töten von ungefährlichen Kreaturen, die Sensibilität und Bewusstsein besitzen, als Volksvergnügen zu akzeptieren bzw. loben;
blutige und erniedrigende Stierkampfveranstaltungen mit Subventionen zu unterstützen, und zwar auf Kosten der Bedürfnisse eines benachteiligten Teils seiner Mitbürger.

Gegen den ehemaligen Präsidenten und den ehemaligen Premierminister der Portugiesischen Republik kommt der Gerichtshof zu der Entscheidung, dass Herr Jorge Sampaio, ehemaliger Präsident der Portugiesischen Republik, und Herr José Manuel Barroso, ehemaliger Premierminister Portugals und gegenwärtiger Präsident der Europäischen Kommission, schuldig sind,

die Gesetzgebung von 1928 teilweise abgeschafft zu haben, die die Stiere vor der Tötung in den portugiesischen Arenen schützte, sowie ihr Land dadurch im Hinblick auf den Tierschutz um 80 Jahre zurückgeworfen zu haben.

Infos zum Gerichtshof sowie das vollständige Urteil im Internet:
www.tier-abc.de


Bildunterschrift der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

Beim Stierkampf in Spanien verliert immer der Stier. Erst wird das Tier gereizt, mit Banderillas verletzt bis der Torero den Degen in das Tier stößt. Wenn der Stier dadurch nicht stirbt, wird er mit einem Dolch getötet.


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Quelle:
TIER-ABC, Nr. 1/2008, Seite 16-17
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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. September 2008