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JUSTIZ/221: Justiz für den Tierschutz sensibilisieren (idw)


Johann Heinrich von Thünen-Institut, Bundesforschungsinstitut für Ländliche Räume, Wald und Fischerei - 18.01.2016

Justiz für den Tierschutz sensibilisieren


Immer wieder beklagen Amtstierärzte, dass aus ihrer Sicht eindeutige Verstöße gegen das Tierschutzgesetz von den Justizbehörden nicht als solche angesehen werden und damit eine strafrechtliche Verfolgung unterbleibt. Entsprechende Statistiken, die diese Eindrücke überprüfbar machen, fehlen allerdings. Das Thünen-Institut hat diese Thematik aufgegriffen und untersucht, wo die Probleme liegen und was verbessert werden kann.


Bislang ist nicht bekannt, wie viele der von den Veterinärämtern angezeigten Verstöße von den Staatsanwaltschaften tatsächlich vor Gericht gebracht werden. Auch fehlen Zahlen, wie viele Verfahren eingestellt werden oder mit Freisprüchen enden. Um trotzdem einen Eindruck von der Situation zu gewinnen, hat das Thünen-Institut zwei separate Gruppendiskussionen mit Amtstierärzten bzw. Staatsanwälten aus Hessen, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen durchgeführt.

In den Diskussionen stellte sich heraus, dass sich Verfahren lange hinziehen, viele Verfahren eingestellt werden und im Falle von Verurteilungen häufig ein geringes Strafmaß verhängt wird. Als entscheidende Faktoren für die Ablehnung von Verfahren nannten die Gesprächsteilnehmer geringe Fachkenntnisse der beteiligten Staatsanwälte und Richter, ein geringes Engagement und Interesse am Tierschutz sowie die schlechte personelle Ausstattung der Staatsanwaltschaften und Veterinärämter. Zudem scheiterten viele Verfahren daran, dass den Beschuldigten eine vorsätzliche Handlung nachgewiesen werden müsse.

Um die Situation zu verbessern, sollte nach Ansicht der Diskussionsteilnehmer der Informationsaustausch zwischen Veterinärämtern und Justiz verstärkt werden. Hilfreich könnte auch eine Konzentration der Tierschutz-Straffälle auf einzelne Staatsanwaltschaften und Richter sein, die gezielt Kompetenzen aufbauen könnten, z.B. über die Bedürfnisse und das Schmerzempfinden von Tieren und im Bereich der komplizierten EU-Verordnungen. Ein weiterer Vorschlag zielte auf die Strafbarmachung von Fahrlässigkeitsdelikten ab, um Verstöße gegen das Tierschutzgesetz besser ahnden zu können. Auch eine "Verlegung" der Tierschutzgesetze aus dem Nebenstrafrecht ins Strafgesetzbuch sowie eine Erhöhung des Strafrahmens wurden genannt.

Die vom Thünen-Institut durchgeführten Diskussionen mit Veterinären und Staatsanwälten sind ein erster Schritt um zu analysieren, wo Probleme bei der Umsetzung des Tierschutzrechts liegen. Für ein umfassenderes Bild sind weitergehende Untersuchungen notwendig.


Die Ergebnisse und Schlussfolgerungen aus den Gruppendiskussionen sind als Thünen Working Paper 41 veröffentlicht worden. Die 47-seitige Publikation ist als kostenfreier Download erhältlich unter:
www.ti.bund.de/media/publikationen/thuenen-workingpaper/ThuenenWorkingPaper_41.pdf

Weitere Infos und Forschungsergebnisse zum Thema "Tiergerechte Nutztierhaltung" bietet auch ein Dossier im Web-Angebot des Thünen-Instituts unter:
www.ti.bund.de/de/thema/nutztiershyhaltung-und-aquakultur/wie-tiergerecht-ist-die-nutztierhaltung/



Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution1208

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Johann Heinrich von Thünen-Institut, Bundesforschungsinstitut für
Ländliche Räume, Wald und Fischerei, Dr. Michael Welling, 18.01.2016
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Januar 2016

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