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POLITIK/546: Erfolge in Sachen Tierrechte (tierrechte)


tierrechte Nr. 50, Dezember 2009
Menschen für Tierrechte - Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.

Erfolge in Sachen Tierrechte

Von Stephanie Elsner und Marion Selig


Wer sich dafür engagiert, Missstände auf dieser Welt zu bekämpfen, weiß, dass Erfolge mitunter rar gesät sind. So elementar es ist, das große Ganze nicht aus den Augen zu verlieren und Visionen zur Umsetzung der Tierrechte zu entwickeln, so wichtig ist es auch, Veränderungen und Verbesserungen in einzelnen Gebieten zu erreichen und anzuerkennen. "Nur selten in der Geschichte wird das Eine vollständig durch das Andere abgelöst", schreibt der Trend- und Zukunftsforscher Matthias Horx. (*) So haben wir einige Beispiele aus den letzten Monaten aufgeführt, die zeigen, dass es vorangeht - auch wenn die Ausbeutung der Tiere wohl noch lange nicht abgelöst werden kann - und die Mut machen sollen, nicht aufzugeben.


Tierschutz-Verbandsklage im Saarland

Im Saarland wird die Tierschutz-Verbandsklage eingeführt! Nach der Landtagswahl im kleinsten Flächenstaat am 30. August haben sich CDU, FDP und Grüne in einer Koalition zusammengeschlossen und die Einführung der Tierschutz-Verbandsklage im Koalitionsvertrag vereinbart! Der Bundesverband engagiert sich seit Jahren für die Tierschutz-Verbandsklage und hat - unter Mitwirkung des Landesverbandes Menschen für Tierrechte Saar - die Argumente dafür im Vorfeld der Wahlen den Politikern im Saarland mitgeteilt und Gespräche geführt.

Zwar ist der Tierschutz im Grundgesetz, im Tierschutzgesetz und in Verordnungen geregelt. Doch täglich wird gegen die gesetzlichen Bestimmungen verstoßen. Bisher können Verbände bei Verstößen gegen Tierschutzrecht lediglich Anzeigen bei der Staatsanwaltschaft erstatten, die erfahrungsgemäß regelmäßig eingestellt werden. Die Anzeigenerstatter haben keine Möglichkeit, die Entscheidung der Staatsanwaltschaften überprüfen zu lassen. Hingegen können Tiernutzer, wie z. B. industrielle Tiermäster, für ihre Interessen durch alle Instanzen klagen. Diese rechtliche Schieflage wird durch die Tierschutz-Verbandsklage geradegerückt. Anerkannte Tierschutzorganisationen können dann - sozusagen als Anwalt der Tiere - Klage einreichen und ein Gerichtsverfahren erwirken.

Bislang wurde die Tierschutz-Verbandsklage nur von der rot-grünen Koalition in Bremen eingeführt, dieses Recht gibt es ansonsten weder in einem anderen Bundesland noch auf Bundesebene. Dass sich im Saarland jetzt auch CDU und FDP dafür ausgesprochen haben, lässt hoffen, dass das Thema von diesen Parteien auch in den anderen Ländern und im Bund nicht dauerhaft ausgebremst wird.


Tierschutz durch Ernährung

Die Zahl der Vegetarier steigt - aus unterschiedlichen Befragungen geht hervor, dass in Deutschland etwa sechs bis neun Prozent der Menschen vegetarisch oder zumindest teilweise vegetarisch leben. Im Jahr 1980 verzichteten lediglich 0,6 Prozent auf Fleisch und Fleischprodukte. Rein pflanzliche Produkte wie Brotaufstriche, milchfreie Drinks und "Fleischersatzprodukte" sind inzwischen in jedem Supermarkt zu finden, Rezeptportale im Internet bieten leckere Alternativen zu Steak und Co., in Kantinen, Mensen und Krankenhäusern ist ein vegetarisches Auswahlgericht an der Tagesordnung und die EU bietet ein "Schulobstprogramm" an, das die Bundesländer aufgreifen können.

Und seit auch die Klimaschützer nach und nach entdecken, dass die Erzeugung von Produkten vom Tier erheblich zur Klimabelastung beiträgt und eine Menge Energie verschwendet, wird der Ruf nach Verminderung des Konsums solcher Produkte lauter.

Da wir täglich essen und trinken, ist die Ernährung der einfachste und naheliegendste Weg, etwas für die Tiere zu tun - viele gehen diesen Weg bereits und es werden künftig hoffentlich noch viel mehr.


Zirkus ohne Wildtiere - vorbildliche Alleingänge

Zirkusse mit Tieren stehen seit vielen Jahren in der Kritik. In Deutschland hat der Bundesrat bereits 2003 die Bundesregierung aufgefordert, zumindest Wildtiere, insbesondere Affen, Bären und Elefanten, in Zirkussen zu verbieten. Bislang wurde jedoch lediglich ein Zentralregister eingerichtet, das Verbot lässt bis heute auf sich warten. Daher sind etliche Kommunen den Alleingang angetreten und haben Zirkussen mit Wildtieren das Gastieren auf öffentlichen Plätzen untersagt. Die Anzahl der Städte, die Nein zu diesen Unternehmen sagt, nimmt erfreulicherweise zu. Zu den vorbildlich agierenden Städten gehören u. a. Köln, München und Schwerin. Auch für Berlin hat sich ein Bündnis aus Tierschutzorganisationen und dem Berliner Tierschutzbeauftragten gebildet, das ein entsprechendes Verbot voranbringen will.

Und in Aachen bemüht sich der Bundesverband, die Stadt zum Verbot zu bewegen. So ist Romy Liessem aus der Geschäftsstelle an die Aachener Fraktionen herangetreten und hat zudem im Oktober eine Mahnwache am Premierentag des Russischen Staatscircus veranstaltet, an der auch der Tierschutzbeauftragte der FDP Aachen sowie ein Ratsmitglied der UWG (Unabhängige Wählergemeinschaft) persönlich teilgenommen haben. Die UWG brachte danach einen Verbotsantrag in den Stadtrat ein. Das Anliegen stößt jedoch auch parteiübergreifend auf Befürworter, wie z. B. die grüne Bürgermeisterin und die SPD-Fraktion.

Das Thema hat jetzt auch die neue Landesregierung Schleswig-Holsteins aus CDU und FDP bewegt. Sie hat in ihrem Koalitionsvertrag festgeschrieben, dass sie sich für ein Haltungsverbot von Wildtieren in Zirkusbetrieben einsetzen will.

Auch andere Länder - z. T. fern von Europa - sind fortschrittlich: Costa Rica, Indien, Israel und Singapur sowie in Europa z. B. Bulgarien, Dänemark, Finnland, Schweden und Österreich haben ein Wildtierverbot in Zirkussen in Kraft gesetzt. Österreich wurde stark vom Europäischen Zirkusverband attackiert. Im November ist dieser jedoch zum zweiten Mal mit dem Versuch gescheitert, vor der EU-Kommission Österreichs Wildtierverbot anzugreifen. Die EU-Kommission hat somit das Wildtierverbot in unserem Nachbarland erneut als rechtmäßig bestätigt.


Delfinarium Rügen - gute Aussichten

Der Dokumentarfilm "Die Bucht" machte grausame Tatsachen von Delfintreibjagden in Japan bekannt und belegte Verbindungen der weltweiten Delfinarienindustrie mit diesem Gemetzel. In Deutschland rufen der geplante Ausbau des Delfinariums im Tiergarten der Stadt Nürnberg sowie ein neu zu errichtendes Delfinarium auf Rügen schon seit einiger Zeit starke Proteste hervor. Dass das Vorhaben auf Rügen nun nicht mehr zustande kommt, diese Hoffnung verbreitete kürzlich die WDCS (Whale and Dolphin Conservation Society) in Deutschland. Tatsache sei, dass der Investor bislang keinen Antrag gestellt habe und die Gemeinde seit geraumer Zeit mit Investoren anderer Branchen verhandele. So stehe zu erwarten, dass stattdessen nun ein Hotel mit Ferienhäusern auf Rügen gebaut werde.

Auch im Heide-Park im niedersächsischen Soltau gibt es seit 2008 keine Delfine mehr - das Delfinarium wurde geschlossen. Somit verbleiben in Deutschland noch drei Einrichtungen, die Delfine zur Schau stellen: der Allwetterzoo in Münster, der Tiergarten Nürnberg und der Zoo Duisburg.


Keine Privathaltung von Wildtieren mehr in Berlin

Die private, nicht gewerbliche Haltung von Tieren gefährlicher wild lebender Arten ist in Berlin künftig nicht mehr erlaubt.

Die Haltung wild lebender Tiere, wie z. B. Reptilien, exotische Vögel, Spinnen und Skorpione oder Säugetiere wie Affen und Wildkatzen, nimmt seit Jahren zu. Allein der Import geschützter Reptilien ist von etwa 46 000 Tieren im Jahr 2001 auf über 93 000 im Jahr 2006 gestiegen. (**) Fang, Transport, tierwidrige Haltung und Unkenntnis der Halter über die Bedürfnisse der Tiere verursachen erhebliches Leiden und den Tod Tausender Tiere. Davon abgesehen können von einigen Tierarten, wie giftigen Schlangen, auch Gefahren für den Menschen ausgehen.

So ist die Entscheidung des Berliner Senats zum Verbot privater Haltung zumindest von gefährlichen wild lebenden Tieren zu begrüßen. Hessen hat ein ähnliches Verbot bereits vor zwei Jahren in Kraft gesetzt. Tiere, die jetzt schon gehalten werden, dürfen bei ihren Haltern bleiben.


(*) Matthias Horx: Wie wir leben werden, Piper Verlag GmbH, München, Juni 2008

(**)Quelle: Bundesamt für Naturschutz (kontrolliert die Einfuhr der unter Artenschutz stehenden Tiere)


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Quelle:
tierrechte - Nr. 50/Dezember 2009, S. 8-9
Infodienst der Menschen für Tierrechte -
Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.
Roermonder Straße 4a, 52072 Aachen
Telefon: 0241/15 72 14, Fax: 0241/15 56 42
E-Mail: info@tierrechte.de
Internet: www.tierrechte.de

tierrechte erscheint viermal jährlich.
Der Verkaufspreis ist im Mitgliedsbeitrag enthalten.


veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Dezember 2009