Schattenblick →INFOPOOL →TIERE → TIERSCHUTZ

SCHLACHTEN/053: Beobachtung einer Schweineschlachtung (Provieh)


PROVIEH Heft 2 - Juni 2007
Magazin des Vereins gegen tierquälerische Massentierhaltung e.V.

Beobachtung einer Schweineschlachtung

Von Helga Haus-Seuffert, Regionalvertretung München


Am 10. April, gleich nach Ostern, konnte ich den regionalen, nicht allgemein repräsentativen Münchner Schlachthof besuchen. Ich erlebte den Antransport, das Abladen und die Schlachtung von etwa 7.000 Mastschweinen. Leider durfte ich weder fotografieren noch unser Gespräch oder Geräusche aufnehmen.

Als ich um 6:30 Uhr eintraf, herrschte bereits geschäftiges Treiben. Mitarbeiter der rund 170 dort angesiedelten Firmen waren bereits mit Anfahren, Abladen, Kontrollieren und Registrieren beschäftigt. Es standen zwei dreistöckige und einige kleinere Transporter zum Abladen bereit. In einem kleinen Transporter waren sogar nur zwei Schweine. Der Münchner Schlachthof bietet verschiedenen Landwirten bzw. sogenannten "Erzeugern" die Möglichkeit hier ihre Tiere zu schlachten und zur Vermarktung zerlegen zu lassen. Daher richten sich die Schlachtzahlen an den einzelnen Tagen auch einfach nach der Auftragslage. Pro Woche werden hier etwa 5.000 Schweine und Ferkel und 7.800 bis 2.000 Rinder geschlachtet. Die Tiere stammen alle aus der Region. Zumindest haben sie daher keine längeren Transportzeiten als maximal drei Stunden. Die Schweine lagen und standen in den Transportern dicht gedrängt. Es gibt hier genaue Vorschriften, nicht mehr und nicht weniger Schweine pro Quadratmeter auf dem Transporter, damit sie nicht zu gedrängt sind, aber auch nicht umfallen können. Klingt zwar irgendwie logisch, wirkte für mich aber doch schrecklich beengt. Jedenfalls verhielten sich die Schweine vor und während des Abladens insgesamt ruhiger als ich es erwartet hatte. Das Befinden der einzelnen Tiere aber war sehr unterschiedlich. Einige hatten auf dem Transport wohl sogar geschlafen und wachten erst langsam wieder auf, andere dagegen zeigten große Unruhe (Quieken, Aufsteigen auf andere, Kauen an den Stangen des Fahrzeuges, usw.) oder wirkten apathisch.

Von den Transportern wurden die Schweine direkt in die Wartebuchten des Schlachthauses getrieben. Hierzu reichte es, den Schweinen zuzurufen, einen Klops mit der Hand oder allenfalls mit einer Plastikklatsche zu geben. Bei besonders störrischen Rindern käme allerdings auch schon mal eine elektrische Treibhilfe zum Einsatz, um den Männern ihre Arbeit zu erleichtern und sie zu schützen, wie die Tierärztin offen zugab. Allerdings gäbe es auch hier genaue Vorschriften, wie lange so ein leichter Stromschlag dauern darf.

In den Wartebuchten standen und lagen die Schweine ebenfalls dicht gedrängt. Auch in dieser "Wartehalle zum Tod" war die größte Anzahl der Tiere relativ ruhig, natürlich war die Luft immer wieder von Quieken, Grunzen oder gar Schreien erfüllt, aber es war nicht so schlimm, wie ich es erwartet hatte. Deutlich zeigte sich das unterschiedliche Temperament der einzelnen Tiere. Bis zu ihrer Schlachtung haben die Schweine in der Regel eine maximale Verweildauer von zwei Stunden in den Wartebuchten. In dieser Zeit werden sie leicht mit Wasser berieselt, was eine beruhigende Wirkung haben soll. Man legt großen Wert darauf, dass die Tiere bei der Schlachtung so wenig Stress wie möglich erfahren, jedoch nicht aus Tierschutzgründen, sondern weil Stress der Fleischqualität schadet.

Mit einiger Überwindung verließ ich die Halle mit den Wartebuchten und ging nun in die eigentliche Schlachthalle nebenan. Am Münchner Schlachthof werden die Schweine mit der Elektrozange betäubt. Jedes Tier wird einzeln in einen kleinen Stand getrieben, neben dem der Betäuber mit der Elektrozange bereitsteht. Diese wird genau rechts und links hinter den Ohren angesetzt. Stromstärke 1,5 Ampere, vorgeschriebene Betäubungszeit acht Sekunden. Das Ende der Betäubungszeit wird sinnvollerweise akustisch und optisch angezeigt. Tatsächlich fielen die Schweine augenblicklich um. Entscheidend ist nun eine perfekte Zusammenarbeit zwischen Betäuber und Stecher. Letzterer ist der eigentliche Schlachter und hat an genau der richtigen Stelle einen tiefen Kehlschnitt zu setzten. Zwischen Betäubung und diesem Schnitt sollten nicht mehr als 20 Sekunden vergehen! Danach wird das Tier sofort zum Ausbluten kopfüber an einem Bein aufgehängt und fährt so etwa 75 bis 20 Meter an einem Band zum ersten Schritt der Verarbeitung, dem Wasserbad. Nach der Betäubung kommt es häufig zu einem kurzen reflexartigen Zucken des ganzen Körpers. Etwa 30 Sekunden nach Setzen des Schnittes sind die Schweine normalerweise tot. Glücklicherweise erlebte ich tatsächlich kein Tier, das nach dem Schnitt noch irgendeine Reaktion oder Bewegung zeigte. Man versicherte mir, dass am Münchner Schlachthof nicht im Akkord gearbeitet werde und die 19 angestellten Lohnschlachter nie unter Zeitdruck stünden. Ich beobachtete, wie sie sich kurze Unterbrechungen genehmigten und gegenseitig zunickten. So klappte die Zusammenarbeit zwischen Betäuber und Stecher zumindest während meiner Anwesenheit perfekt.

Wobei mir gerade dieses perfekte industrialisierte Töten am Fließband einen Schauer über den Rücken jagte. Die Schlachthalle war vom Dunst dieser Unmengen Blut, das hier strömt, erfüllt. So war ich erleichtert, der amtlichen Tierärztin in ihr kleines Büro folgen zu können. Dort lag in ihrer Box eine entzückende kleine Bullydame und wartete auf ihr Frauchen und einen kleinen Spaziergang in der Frühstückspause. Am liebsten hätte ich die Tierärztin gefragt, worin für sie der Unterschied zwischen ihrem offensichtlich geliebten Hund und diesen Schweinen besteht.


*


Quelle:
PROVIEH Heft 2, Juni 2007, Seite 14-15
Herausgeber: PROVIEH - Verein gegen tierquälerische Massentierhaltung
e.V.
Teichtor 10, 24226 Heikendorf/Kiel
Tel.: 0431/248 28-0, Fax: 0431/248 28-29
E-Mail: info@provieh.de
Internet: www.provieh.de

PROVIEH erscheint viermal jährlich.


veröffentlicht im Schattenblick zum 14. August 2007