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TIERVERSUCH/389: Affenversuche - wie lange noch? (tierrechte)


tierrechte 3.08 - Nr. 45, August 2008
Menschen für Tierrechte - Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.

Affenversuche - wie lange noch?

Von Marion Selig


Mit der Kampagne "It's my life - Für ein Verbot von Affenversuchen" setzen sich der Bundesverband und viele seiner Mitgliedsvereine dafür ein, dass Tierversuche mit Primaten verboten werden - als erster Schritt auf dem Weg zum Ausstieg aus der Methode Tierversuch. Nicht nur Tierschützer und Tierrechtler stehen den Experimenten mit Affen ablehnend gegenüber.

So wurden einige neu beantragte Affenversuche von den Behörden nicht genehmigt. Selbst auf politischer Ebene wächst das Bewusstsein für den nächsten Verwandten des Menschen. Doch manch uneinsichtiger Forscher beharrt immer noch auf den ebenso tierquälerischen wie wenig aussagekräftigen Versuchen.


Deutschland

Während in Berlin und in München beantragte Hirnversuche mit Affen bereits 2006 nicht genehmigt wurden - und die Antragsteller ihr Vorhaben zumindest in diesen Städten nicht weiterverfolgen -, will der Hirnforscher Prof. Andreas Kreiter an der Universität in Bremen seine umstrittenen Experimente mit Primaten mit allen Mitteln fortsetzen. Seit 1997 lässt Prof. Kreiter Makaken zur 'Vorbereitung' für seine Experimente dürsten, schnallt sie im sogenannten Primatenstuhl fest und fixiert ihren Kopf, so dass die Tiere ihn nicht bewegen können. Nur die Extremitäten sind frei beweglich. Dann müssen die Affen bestimmte Aufgaben lösen. Zur 'Belohnung' gibt es einige Tropfen Flüssigkeit. Die Tiere kooperieren nur, weil sie durstig sind und trinken wollen. Solche Experimente werden oft über Jahre hinweg mit denselben Tieren durchgeführt.

Genauso lange wie Prof. Kreiter in Bremen mit Affen experimentiert, dauern auch die Proteste dagegen an. Der Bundesverband und viele andere Verbände hatten dagegen mobil gemacht. Im März 2007 sprach sich dann Bremens Landtag, die Bremische Bürgerschaft, einstimmig dafür aus, mit Ablauf der Genehmigungsperiode 2008 aus den invasiven Tierversuchen auszusteigen.

Vor wenigen Wochen hat Prof. Kreiter jedoch einen neuen Antrag auf Genehmigung seiner Versuche mit Makaken im Zentrum für Kognitionswissenschaften der Universität Bremen gestellt. Er fühlt sich offensichtlich nicht an die politische Vorgabe gebunden und beruft sich auf die im Grundgesetz garantierte Forschungsfreiheit. Sollte dieser Antrag abgelehnt werden, will die Uni nach Medienberichten die Genehmigung einklagen und sogar bis vor das Bundesverfassungsgericht ziehen, das dann eine Abwägung zwischen der Forschungsfreiheit und dem Tierschutz - der seit 2002 ebenfalls im Grundgesetz verankert ist - treffen müsste.


Schweiz

Auch in der Schweiz werden Tierversuche mit Affen kontrovers gesehen. Derzeit befasst sich das Schweizerische Bundesgericht, die oberste Recht sprechende Behörde der Schweiz, mit Anträgen auf Affenversuche, die von Wissenschaftlern in Zürich 2006 gestellt worden waren. Das kantonale Veterinäramt hatte die Versuche zunächst genehmigt. Die Genehmigung wurde von der Tierversuchskommission des Kantons Zürich im November 2006 jedoch angefochten. Die Kommission war der Auffassung, die geplanten Experimente seien aufgrund der unverhältnismäßigen Belastungen für die 'Versuchstiere' rechtswidrig, wobei vor allem auch die Tierwürde übermäßig verletzt werde. Die Gesundheitsdirektion stützte diese Auffassung, wogegen die betroffenen Forscher beim Verwaltungsgericht Beschwerde einlegten, die jedoch Anfang Mai 2008 abgelehnt wurde. Auch gegen diese Urteile legten die Forscher Beschwerde ein, so dass nun das Bundesgericht entscheiden muss.


Spanien

Spanien ist möglicherweise das erste europäische Land, das sich dem internationalen 'Great Ape Project' anschließt und den großen Menschenaffen, also Gorillas, Orang-Utans, Schimpansen und Bonobos, besondere Rechte zugesteht. Dazu gehören

das Recht auf Leben; Menschenaffen dürfen nur in Notwehr getötet werden,
der Schutz der individuellen Freiheit; Menschenaffen dürfen ihrer Freiheit nur beraubt werden, wenn sie eindeutig eine Gefahr für andere darstellen,
das Verbot der Folter; Menschenaffen darf nicht böswillig oder für den angeblichen Nutzen anderer wissentlich Schmerz zugefügt werden. Dies bedeutet auch ein Verbot von Tierversuchen an diesen Affenarten.

Im Juni hat das spanische Parlament seine Unterstützung des 'Great Ape Projects' ausgesprochen und Regierungschef José Luis Zapatero aufgefordert, den großen Menschenaffen die entsprechenden Rechte einzuräumen. Für diese Entscheidung hat die Regierung nun einige Monate Zeit.


Europäische Union

Auf EU-Ebene herrscht derzeit Stillstand, was die Novellierung der Tierversuchs-Richtlinie betrifft. In die Neufassung dieser Richtlinie muss nach Ansicht des Bundesverbandes ein Verbot von Affenversuchen aufgenommen werden. Auch die EU-Parlamentarier haben sich mehrheitlich gegen Tierversuche an Primaten ausgesprochen und im vergangenen September gefordert, einen Zeitplan für den Ersatz sämtlicher Versuche an Affen durch Alternativen aufzustellen. EU-weit werden pro Jahr etwa 10.000 Affen in Versuchen missbraucht; viele davon in besonders belastenden Giftigkeitsprüfungen.


In Zukunft tierversuchsfrei?

Es wird sicher noch ein hartes Stück Arbeit sein, tatsächlich zu erreichen, dass Tierversuche an Primaten der Vergangenheit angehören und durch tierversuchsfreie Verfahren ersetzt werden. Doch die Entwicklungen zeigen - der Anfang ist gemacht!


Unterstützung weiterhin notwendig

Bitte unterstützen auch Sie weiterhin die Kampagne des Bundesverbandes "It's my life - Für ein Verbot von Affenversuchen". Informationen und Unterschriftenlisten erhalten Sie durch unsere Geschäftsstelle oder im Internet unter www.affenversuche-stoppen.de


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Quelle:
tierrechte - Nr. 45/August 2008, S. 5
Infodienst der Menschen für Tierrechte -
Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.
Roermonder Straße 4a, 52072 Aachen
Telefon: 0241/15 72 14, Fax: 0241/15 56 42
E-Mail: info@tierrechte.de
Internet: www.tierrechte.de

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Der Verkaufspreis ist im Mitgliedsbeitrag enthalten.


veröffentlicht im Schattenblick zum 27. August 2008