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TIERVERSUCH/430: Den Tierschutz im Labor verbessern (ForschungsReport)


ForschungsReport Ernährung · Landwirtschaft · Verbraucherschutz 1/2009
Die Zeitschrift des Senats der Bundesforschungsanstalten

20 Jahre ZEBET im BfR

Den Tierschutz im Labor verbessern


Seit nunmehr 20 Jahren ist ZEBET, die Zentralstelle zur Erfassung und Bewertung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden zum Tierversuch, die Ansprechstelle in Deutschland für alle Fragen, wie Tierversuche so gestaltet werden können, dass die Zahl der eingesetzten Tiere und ihre Belastung im Versuch möglichst niedrig sind. Beantwortet wird hier auch die Frage, ob der Tierversuch mit Hilfe von Ersatzmethoden sogar ganz umgangen werden kann. Darüber hinaus tragen die ZEBET-Wissenschaftler mit eigenen technischen Entwicklungen dazu bei, das Leiden von Versuchstieren im Dienst der Sicherheit des Menschen zu vermindern.


Tierversuche sind auch heute noch bei einer Reihe von wissenschaftlichen Fragestellungen nötig. Zumeist geht es um die Entwicklung neuer Arzneistoffe und medizinischer Therapien und um die Prüfung der Sicherheit solcher Produkte, bevor sie am Menschen angewandt werden. Ein weiteres Feld, auf dem Tierversuche gesetzlich vorgeschrieben sind, ist die Prüfung der gesundheitlichen Auswirkungen von Chemikalien. Auch in der biologischen Grundlagenforschung werden Versuchstiere eingesetzt.

Dieses Streben nach Sicherheit für Patienten und Verbraucher sowie nach wissenschaftlicher Erkenntnis muss den im Grundgesetz verankerten Tierschutzgedanken berücksichtigen (Artikel 20a: "Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere ..."). Im deutschen Tierschutzgesetz wurde festgelegt, dass Tierversuche nur durchgeführt werden dürfen, "wenn der verfolgte Zweck nicht durch andere Methoden oder Verfahren erreicht werden kann." Ganz im Sinne dieses Gesetzes recherchieren Wissenschaftler, bevor sie einen Tierversuch durchführen, ob nicht eine Ersatzmethode existiert, welche die gestellte Frage ebenso gut oder vielleicht sogar besser beantwortet als der Tierversuch. Damit sie dabei auch fündig werden, hat die Bundesregierung im Jahr 1989 die "Zentralstelle zur Erfassung und Bewertung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden zum Tierversuch", kurz ZEBET, ins Leben gerufen. Der Auftrag dieser Institution, die am Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) in Berlin beheimatet ist, besteht darin,

1. Ersatzmethoden zum Tierversuch zu entwickeln bzw. deren Entwicklung durch die Vergabe von Forschungsmitteln zu stimulieren,

2. die Aussagekraft und den Einsatzbereich solcher Ersatzmethoden zu validieren (wissenschaftlich zu überprüfen) und ihre behördliche Anerkennung zu fördern,

3. recherchierenden Wissenschaftlern alle nötigen Informationen über in Frage kommende Ersatz- und Ergänzungsmethoden in einer Datenbank frei zur Verfügung zu stellen.


Im Reagenzglas ein Höchstmaß an Komplexiztät simulieren

Bei der Entwicklung von Ersatzmethoden kommt innovative Spitzentechnologie aus den Bereichen Zell- und Gewebekultur, Immunologie und Molekularbiologie zum Einsatz. Dabei müssen die ZEBET-Mitarbeiter stets einen "wissenschaftlichen Spagat" vollführen: Einerseits müssen die entwickelten in-vitro-Techniken ("im Reagenzglas") so robust und praktikabel sein, dass sie in Labors mit unterschiedlichen Standards erfolgreich eingesetzt werden können. Andererseits müssen sie ein Höchstmaß an Komplexität abbilden - denn nur dann können sie anstelle des Tierversuchs herangezogen werden. In den letzten 20 Jahren ist es den ZEBET-Wissenschaftlern gelungen, eine ganze Reihe von Ersatzmethoden zu entwickeln, die in europäische Richtlinien oder sogar solche der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) übernommen wurden. Auch die neuen Ideen anderer Methoden-Entwickler werden auf ihrem Weg von der Ausgangsprozedur bis hin zur behördlich anerkannten Ersatzmethode von den ZEBET-Wissenschaftlern begleitet und gegebenenfalls optimiert. Dem aufwendigen Prozess der Validierung (wissenschaftliche Überprüfung) folgt die wissenschaftliche Empfehlung und behördliche Anerkennung.


Möglichen Alternativen auf der Spur

Ist eine Ersatzmethode anerkannt, findet sie Eingang in die amtlichen Regelwerke, zum Beispiel die Bestimmungen über zulässige Testmethoden in der EU. Doch bereits im Vorfeld haben Wissenschaftler die Möglichkeit, sich über Methoden zu informieren, die noch im Stadium der Entwicklung oder der Validierung sind.

Dazu dient die online zugängliche Datenbank AnimAlt-ZEBET, in der Wissenschaftler, Mitarbeiter von Genehmigungsbehörden und auch alle anderen Personen kostenfrei Informationen über ein breites Spektrum geeigneter Ersatzmethoden abrufen können. In dieser Datenbank liegt das aktuelle Wissen aus dem Bereich der Entwicklung und Validierung von Alternativmethoden in konzentrierter Form vor.


Nationales Referenzlabor für Alternativmethoden

Die europäische Richtlinie zum Schutz von Versuchstieren (86/609/EWG), die auch dem deutschen Tierschutzgesetz zugrunde liegt, befindet sich zurzeit im Stadium der Revision. Ein wichtiger Neuerungsvorschlag der Europäischen Kommission ist die EU-weite Einrichtung von nationalen Referenzlaboren für Alternativmethoden. Dabei ist ein Aufgabenprofil vorgesehen, das dem der ZEBET entspricht. Dieser Vorschlag der Kommission würdigt damit auf die denkbar anerkennendste Art und Weise den in 20 Jahren erzielten Erfolg der Institution ZEBET.


Dr. Daniel Butzke, Bundesinstitut für Risikobewertung, ZEBET,
Diedersdorfer Weg 1, 12277 Berlin.
Internet: www.bfr.bund.de/cd/1433. E-Mail: zebet@bfr.bund.de


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Das 3R-Prinzip für Ersatzund Ergänzungsmethoden

ZEBET verwendet den Begriff der Ersatz- und Ergänzungsmethoden entsprechend dem Prinzip der "3R" von Russel & Burch (1959). Darunter sind alle wissenschaftlichen Methoden zu verstehen, die mindestens eine der drei Anforderungen erfüllen:

durch die Anwendung der Methode werden Tierversuche ersetzt ("Replacement");
die Zahl der Versuchstiere wird reduziert ("Reduction");
das Leiden und die Schmerzen der Versuchstiere werden vermindert ("Refinement").

Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

Die ZEBET arbeitet daran, Tierversuche zu ersetzen, die Zahl der Versuchstiere zu reduzieren oder das Leiden von Versuchstieren zu vermindern.
Auswertung des Embryonalen Stammzelltests am Mikroskop

Diesen Artikel inclusive aller Abbildungen finden Sie im Internet im PDF-Format unter:
www.forschungsreport.de


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Quelle:
ForschungsReport Ernährung · Landwirtschaft · Verbraucherschutz 1/2009,
Heft 39 - Seite 42-43
Herausgeber:
Senat der Bundesforschungsanstalten im Geschäftsbereich des
Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
Redaktion: Dr. Michael Welling
Geschäftsstelle des Senats der Bundesforschungsanstalten
c/o Johann Heinrich von Thünen-Institut
Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft (FAL)
Bundesallee 50, 38116 Braunschweig
Tel.: 0531/596-1016, Fax: 0531/596-1099
E-Mail: michael.welling@vti.bund.de
Internet: www.forschungsreport.de, www.bmelv-forschung.de

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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. August 2009