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TIERVERSUCH/742: Wissenschaftlicher Dammbruch - China klont Affen (MfT)


Menschen für Tierrechte - Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.
Pressemitteilung vom 24. Januar 2018

Wissenschaftlicher Dammbruch: China klont Affen


Wie heute bekannt wurde, ist es chinesischen Wissenschaftlern kürzlich erstmals gelungen, lebensfähige Primaten zu klonen. Das Ziel solcher Experimente ist, die Zucht standardisierter, genetisch veränderter Tiermodelle zu ermöglichen. Der Bundesverband Menschen für Tierrechte warnt vor den Konsequenzen dieses wissenschaftlichen Dammbruchs. Er könnte zu einer Welle von Affenversuchen führen.

Forscher der Chinesischen Akademie der Wissenschaften berichten, dass vor einigen Wochen zwei lebensfähige Javaneraffen-Babys geboren wurden, die mittels somatischen Zellkerntransfers geklont wurden. Über 20 Jahre nach Klonschaf Dolly sind dies die ersten nichtmenschlichen Primaten, die auf diese Weise lebensfähig auf die Welt kamen. 109 Embryos wurden dafür im Labor gezüchtet, 79 davon wurden Affenweibchen eingesetzt. Aus den daraus entstandenen sechs echten Schwangerschaften überlebten nur zwei Affenbabys mehr als ein paar Tage. Geklonte Affen können die Grundlage für genetisch veränderte Tiermodelle menschlicher Erkrankungen werden. An solchen könnten dann beispielsweise Medikamente getestet werden.

Gefahr einer Welle von Primatenversuchen

"Die Nachrichten aus China sind alarmierend. Wir befürchten, dass dies eine Welle von neuen Primatenversuchen lostreten könnte. Denn damit ist es einfacher geworden, standardisierte genetisch veränderte Tiermodelle zu züchten und für die biomedizinische Grundlagenforschung zu missbrauchen", sagt Carolin Spicher, Fachreferentin zum Thema Tierversuche beim Bundesverband Menschen für Tierrechte. Javaneraffen gehören zu der Primaten-Spezies, die am häufigsten in Versuchen eingesetzt wird. Sie werden vor allem in gesetzlich vorgeschriebenen Giftigkeitsprüfungen von Medikamenten oder Tests zur Qualitätskontrolle von medizinischen Produkten und Geräten verwendet.

Zahl der "Tiermodelle" steigt

Die kürzlich veröffentlichten Zahlen zu Versuchstieren in Deutschland haben gezeigt, dass die Zahl an genetisch veränderten Tiermodellen weiter steigt. Betroffen sind bei uns vor allem Mäuse und Fische. Neue Technologien erleichtern die Entwicklung solcher Modelle und bieten für Wissenschaftler den Anreiz, immer neue Dinge zu erforschen, weil es eben möglich ist. Primaten gelten als besonders empfindsam. Deswegen sind in der EU Versuche an nichtmenschlichen Primaten nur unter schweren Auflagen durchführbar. Die ist vermutlich der Grund, weshalb diese Art von Entwicklungen im außereuropäischen Ausland stattfinden. Das Ziel der EU Tierversuchsrichtlinie 2010/63/EU war eigentlich, einen Ausstieg aus dem Tierversuch - besonders der Verwendung nichtmenschlicher Primaten - zu erreichen (1). Deshalb wird zumindest in Deutschland wahrscheinlich nicht so bald an geklonten Affen geforscht. Wissenschaftler können jedoch ihre Experimente einfach in Länder verlegen, die weniger strenge Auflagen haben.

Die Zukunft liegt in tierfreien, humanrelevanten Methoden "Die Entwicklung immer neuer Tiermodelle ist ein Irrweg. Wir brauchen stattdessen tierfreie, humanrelevante Forschungsmethoden, wie beispielsweise Krankheitsmodelle auf dem Chip. Mit Innovationen wie diesen könnten auch viele Mechanismen bei der Entstehung und Behandlung von neurodegenerativen Erkrankungen des Menschen erforscht werden. Wir erwarten von der nächsten Bundesregierung, dass sie endlich einen Masterplan für eine tierleidfreie Wissenschaft auflegt, statt weiterhin vor allem auf leidvolle Tierversuche zu setzen," fordert Spicher.


Anmerkung:
(1) 2010 haben die EU-Mitgliedstaaten vereinbart, Verfahren mit lebenden Tieren für wissenschaftliche Zwecke und Bildungszwecke vollständig zu ersetzen, sobald dies wissenschaftlich möglich ist (Richtlinie 2010/63/EU, Erwägungsgründe 10, 46, Artikel 47 Absatz 1).


Der Bundesverband Menschen für Tierrechte setzt sich seit seiner Gründung 1982 auf rechtlicher, politischer, wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Ebene für die Anerkennung elementarer Tierrechte ein und kämpft gegen jeglichen Missbrauch von Tieren. Das langfristige Ziel ist eine grundsätzliche Veränderung des Mensch-Tier-Verhältnisses. Dem Dachverband mit Hauptsitz in Erkrath (früher Aachen) sind über 60 Vereine sowie Fördermitglieder angeschlossen. Seine Stärke liegt im Zusammenwirken von Seriosität, Fachwissen und Lobbyarbeit auf höchster politischer Ebene. Dazu verfolgt der Verband einen Masterplan zum Ausstieg aud dem Tierversuch und eine Agrarwende von der tierischen zur pflanzlichen Eiweißproduktion, um das Ende der "Nutztier"-Haltung zu erreichen. Darüber hinaus ernennt der Verband beispielsweise das "Ersatzverfahren des Jahres" sowie das "Versuchstier des Jahres", betreibt die Wissenschaftsplattform InVitro+Jobs für eine konsequente Förderung der tierversuchsfreien Forschung und setzt sich mit dem Projekt SATIS für eine humane Ausbildung ein. Weitere Arbeitsschwerpunkte sind die Etablierung der Tierschutz-Verbandsklage, eine tierlose bio-vegane Landwirtschaft sowie die Aufnahme von Tierrechten in die Lehrpläne von Schulen. Der Verband gibt viermal im Jahr das Magazin tierrechte heraus. Neben einem Themenschwerpunkt informiert die Zeitschrift Journalisten, Wissenschaftler, Politiker, Behörden und Verbandsmitglieder über aktuelle Entwicklungen in der politischen Tierrechtsarbeit. Zudem erscheint zweimal monatlich der Tierrechte Newsletter. Der Bundesverband Menschen für Tierrechte ist seit seiner Gründung als gemeinnützig und besonders förderungswürdig anerkannt.

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Quelle:
Pressemitteilung vom 24. Januar 2018
Menschen für Tierrechte - Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.
Geschäftsstelle: Mühlenstr. 7a, 40699 Erkrath
Telefon: 0211 / 22 08 56 48, Fax. 0211 / 22 08 56 49
E-Mail: info@tierrechte.de
Internet: www.tierrechte.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 26. Januar 2018

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