BBU-WASSER-RUNDBRIEF - Nr. 1149, vom 03. Sept. 2019 - 38. Jahrgang
regioWASSER e.V. - Freiburger Arbeitskreis Wasser im Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V. (BBU)
"Lebensbereicherung": K+S bunkert zusätzlich 400.000 cbm Salzlauge
Wenn die Werra Niedrigwasser führt, wird es für den Kalikonzern K+S
eng: Dann muss - wie im Sommer 2018 - schon mal wochenlang die
Produktion stillgelegt werden. Bei zu wenig Wasser reicht das
Verdünnungsvermögen der Werra nicht mehr aus, um die
hochkonzentrierten Salzabwässer des Kaliproduzenten ausreichend zu
verdünnen (s. RUNDBR. 1129/3). Um die Niedrigwasserzeiten ohne
Produktionsstilllegungen zu überstehen, flutet K+S mit seinen
Abwässern schon jetzt stillgelegte Bergwerke und Salzkavernen in
Norddeutschland. Im August 2019 hat K+S die bergrechtliche Erlaubnis
bekommen, einen zusätzlichen Zwischenspeicher in Betrieb zu nehmen.
Der Zwischenspeicher fasst rund 400.000 Kubikmeter und befindet sich
im nördlichen Teil des Grubenbetriebes Hattorf/Wintershall in einer
Tiefe von rund 700 Metern. Dort wurde in einem ehemaligen Abbaubereich
mit einer Fläche von ca. fünf Quadratkilometern ein Reservoir für die
zeitlich befristete Speicherung hoch mineralisierter Prozessabwässer
eingerichtet. Die ausgespeicherte Salzlauge wird dann bei
ausreichender Wasserführung am Standort Wintershall in die Werra
gepumpt. Wozu das alles? Laut Selbstdarstellung leistet der
Kalikonzern einen Beitrag zur "Sicherung der Welternährung" und
"bereichert das tägliche Leben der Konsumenten". Und weiter:
"Wir streben nach Nachhaltigkeit, denn wir bekennen uns zu unserer
Verantwortung gegenüber Menschen, der Umwelt, den Gemeinden und der
Wirtschaft in den Regionen, in denen wir tätig sind. Erfahren Sie mehr
über K+S unter www.k-plus-s.com."
Im Juni 2019 hat die EU-Kommission das gegen Deutschland laufende Vertragsverletzungsverfahren wegen Nichtumsetzung der EG-Wasserrahmenrichtlinie im Wesereinzugsgebiet eingestellt. Die Kommission hat sich insbesondere von Hessen davon überzeugen lassen, dass die Weseranrainerländer alles daran setzen, die Salzfracht in Werra und Weser zu reduzieren - und dass die Umsetzung des "Masterplans zur Salzentfrachtung von Werra und Weser" gleichwohl eben seine Zeit braucht. Die unterirdische Einstappelung von salzigen Abfalllaugen (siehe vorstehende Notiz) ist eine der Maßnahmen, mit der man die EU-Kommission vom guten Willen Hessens überzeugen konnte.
Zudem erlaubt es die Einstappelung unter Tage, dass man auf die ehemals geplante Oberwesersalzleitung jetzt verzichten kann. Um die Werra und die gleichfalls abflussarme obere Weser von der Salzfracht zu entlasten, hatte man geplant, bis 2024 einen "Weser-Bypass" zu legen: Mit der Pipeline sollten die salzigen Abfalllaugen bis zur hessischen Grenze gepumpt werden. Dort sollte die Salzlauge in die dann abflussstärkere Weser mit ihrem besseren Verdünnungsverhältnis eingeleitet werden. Am 15.08.19 hatte die Flussgebietsgemeinschaft Weser bekannt gegeben, dass auf die Salzpipeline zu Gunsten von "kosteneffizienteren", "wirkungsgleichen" und zeitnäher zu realisierenden Maßnahmen verzichtet werden kann. Die Flussgebietsgemeinschaft Weser ist das Koordinationsgremium der Weser- und Werra-Anrainerländer. Weitere Hintergrundinformationen sind auf der Internetseite der Flussgebietsgemeinschaft Weser www.fgg-weser.de verfügbar. Mehr Infos zur Weserversalzung und zu der von uns vorgeschlagenen "abstoßfreien" Kaliproduktion im RUNDBR. 1048 - dort auch die Hinweise auf noch frühere RUNDBR.-Ausgaben zur Werra-Weserversalzung.
Thüringen ist erst gar nicht zur Sitzung der Flussgebietsgemeinschaft
(FGG) Weser angereist! Denn im Erfurter Umweltministerium ist man der
Ansicht, dass die anderen Mitgliedsländer der FGG Weser dem
K+S-Konzern zu blauäugig entgegenkommen. Der Verzicht auf die
Oberweser-Pipeline würde dem K+S-Konzern 200 Mio. Euro ersparen - ohne
dass man sicher sein könne, dass der Konzern tatsächlich wirksame
Maßnahmen der anderen Art verlässlich ergreifen wird. Thüringens
Umweltministerin Anja Siegesmund deutete an, dass sie den Eindruck
habe, dass sich die anderen Weseranrainerländer von K+S über den Tisch
haben ziehen lassen:
"Nur weil die EU-Kommission nach zähem Ringen das
Vertragsverletzungsverfahren ruhen lässt, kann man den Druck auf K+S
nicht verringern. Nachhaltige Lösungen zum Reduzieren der
Salzbelastung in Werra und Weser dürfen nicht weiter verzögert werden.
Denn so bekommen wir bis 2027 kein sauberes Wasser in die Flüsse.
Zudem riskieren wir, dass die EU das Verfahren wieder aufnimmt. Und
dann wird es richtig teuer, nicht für das Unternehmen K+S, sondern für
uns alle", so Umweltministerin Siegesmund am 15.08.19 in Erfurt. Sie
fügte hinzu:
"Die Weseranrainer dürfen K+S nicht aus der Verantwortung entlassen.
Die vom Unternehmen vorgelegte Wasserstrategie greift deutlich zu kurz
und zeigt, dass das Unternehmen auf gelockerte Grenzwerte spekuliert."
Zumindest was den Umgang mit dem K+S-Konzern betrifft, sind sich die beiden grünen Umweltministerinnen in Wiesbaden und in Erfurt weiterhin nicht gerade grün.
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Quelle:
BBU-WASSER-RUNDBRIEF Nr. 1149
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© Freiburger Ak Wasser im BBU
veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Oktober 2019
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